Pfaffenhofen
Die Fleckvieh-Spezialisten

Der kleine, aber erfolgreiche Zuchtverband mit Sitz in Pfaffenhofen feiert sein 110-jähriges Bestehen

31.05.2016 | Stand 02.12.2020, 19:44 Uhr

Foto: DK

Pfaffenhofen (SZ) 110 Jahre organisierte Rinderzucht im nördlichen Oberbayern und darüber hinaus - das feiert der Zuchtverband Pfaffenhofen am Freitag mit einer großen Jubiläumstierschau. Obwohl er der kleinste bayerische Verband ist, kann er auf Jahrzehnte großen internationalen Erfolgs zurückblicken.

Der Zuchtverband mit Sitz in Pfaffenhofen ist zwar eine der jüngeren bayerischen Herdbuchvereinigungen - trotzdem hat er sich in seiner 110-jährigen Geschichte einen herausragenden Ruf erarbeitet. Das Zuchtgebiet erstreckt sich auf die oberbayerischen Landkreise Dachau, Eichstätt, Freising, München, Neuburg-Schrobenhausen und Pfaffenhofen sowie auf Ingolstadt und München. Weitere Mitgliedsbetriebe finden sich im schwäbischen Landkreis Aichach-Friedberg sowie in den Bundesländern Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz. Insgesamt umfasst der Verband rund 850 landwirtschaftliche Betriebe, deren Bestände sich auf rund 35 000 Rinder summieren.

Als eigenständige Institution wird der Zuchtverband im Jahr 1906 mit dem Jetzendorfer Karl Freiherr von Freyberg an der Spitze gegründet. Die ersten Viehmärkte werden damals unter anderem in der einstigen Hopfenhalle am heutigen Volksfestplatz abgehalten, doch der Schwerpunkt verlagert sich recht bald nach Ingolstadt - auch aus historischen Gründen, wie der heutige Vorsitzende Hans Lettmair (kleines Foto) aus dem Pfaffenhofener Ortsteil Eutenhofen erzählt: "1784 hat die Stadt Ingolstadt vom damaligen Landesherrn das Recht erhalten, Jahrmärkte für Pferde, Hornvieh und Schweine abzuhalten", erzählt er. Ab dem 19. Jahrhundert gilt die Stadt als Hauptumschlagplatz für Rinder, die von Großhändlern bis nach Schlesien, Sachsen und ins Rheinland verkauft werden.

1935 wird in Ingolstadt schließlich eine Versteigerungshalle errichtet - sie fällt im letzten Kriegsjahr allerdings den Bomben der Alliierten zum Opfer. Die neue Donauhalle baut ein eigens gegründeter Zweckverband erst 1958 im Ingolstädter Osten - und mittlerweile sind die Fleckviehzüchter in ihrer dritten Versteigerungshalle zu Hause: in der 2004 eingeweihten Donauhalle bei Zuchering.

Die eigentliche Erfolgsgeschichte des Verbands beginnt Ende der 60er, Anfang der 70er Jahre durch prestigeträchtige Schauerfolge, mit denen der Verband Schlagzeilen macht: Bei großen deutschen Tierschauen gewinnen Bullen und Kühe der Mitgliedsbetriebe immer wieder Preise und Titel.

Der gute Ruf geht um die Welt: "Der Zuchtverband hat ab den 70er Jahren eine Spitzenstellung eingenommen", erinnert sich Lettmair, seines Zeichens selbst Rinderzüchter im Unruhestand. "Der Zuchtverband Pfaffenhofen war auch eine wichtige Anlaufstation für ausländische Delegationen." Auf seinem Hof beispielsweise war in den 80er Jahren sogar der südafrikanische Star-Chirurg und Herztransplantations-Pionier Christiaan Barnard zu Gast, der Kühe für seine beiden Farmen kaufen wollte. Heute gebe es in aller Herren Ländern Rinder, deren Vorfahren aus der Region stammen: "Fleckvieh ist sehr anpassungsfähig und hat als Zweinutzungsrind eine sehr gute Milch- und Fleischleistung", erklärt Lettmair die internationale Nachfrage.

Bis heute gibt es große Erfolge, die der Fleckviehzuchtverband verzeichnen kann. Der Züchter Alois Oblinger aus Kasing bei Eichstätt etwa, aus dessen Stall auch die berühmte Kuh Ella stammte, hat vor zwei Jahren einen Zuchtbullen namens "Incredible" für einen Rekordpreis von 131 000 Euro versteigert. Dass Besamungsbullen solche Preise erzielen, sei dem Fortschritt geschuldet, sagt der Verbandsvorsitzende: "Die Züchtung hat sich total verändert", sagt Lettmair. "Heute gibt es die genomische Selektion - 56 000 Erbanlagen sind schon entschlüsselt." Früher seien etwa vier Jahre ins Land gezogen, bis der Wert eines Zuchtbullen feststand. Man habe abwarten müssen, bis die ersten Nachkommen alt genug waren, dass ihre Fleisch- oder Milchleistung beurteilt werden konnte. Dann erst habe er richtig zum Besamen eingesetzt werden können. "Seit einigen Jahren kann man die Tiere jetzt aber genomisch untersuchen - und gleich einsetzen." Und so rechne sich auch der höhere Preis für Elitebullen wieder.

Trotzdem sind die Prognosen in der Branche durchwachsen: "Die Aussichten sind wegen des schlechten Milchpreises auch für uns Züchter nicht gerade rosig", sagt Lettmair. Aber zumindest habe das Fleckvieh den Vorteil, dass die Tiere ja trotzdem noch gute Fleischpreise erzielen. Umso mehr gelte es, das anstehende Jubiläum am Freitag zu feiern (siehe Kasten). "Feste sind schön und wichtig - man trifft sich mit der ganzen Züchtergemeinschaft."