Neuburg
Gaudioffensive der Formularkrieger

Beim Fasching im Landratsamt feiern die Beamten und nehmen sich selbst auf den Arm

07.02.2016 | Stand 02.12.2020, 20:14 Uhr

Indianer auf der Bühne im Großen Sitzungssaal: Beim Landratsamtsfasching feierten Beamte und Angestellte ausgelassen. Die Garde aus Schrobenhausen war zur Unterhaltung gekommen. - Foto: Belzer

Neuburg / Schrobenhausen (SZ) Wenn Beamte im Großen Sitzungssaal schon vormittags ausgelassen Bier trinken, Weißwürste zuzeln oder Krapfen mampfen, dann nennt man das in Neuburg Landratsamtsfasching. Vor dem Derblecken zeigten sämtliche Landkreis-Garden, was sie akrobatisch drauf haben.

Wenn der Chef nicht da ist, tanzen die Mäuse auf den Tischen - in diesem Fall die Mitarbeiter des Landratsamtes bei ihrem traditionellen Fasching, fast schon traditionell ohne Landrat Roland Weigert, bekanntermaßen ein Faschingsmuffel. Aber irgendwie war er dann doch da, der Weigert - verkörpert durch seinen Mitarbeiter Dieter Angerer von der Ausländerbehörde. Im obligatorischen Janker gekleidet, ständig auf sein Handy schielend, schritt er wie sein Chef wild auf und ab und führte mit Abteilungsleiter Willi Riß (Finanzchef Norbert Hornauer) ein Gespräch über das Rosenzüchten und Bohnenkaffee. Und natürlich kam auch der Umgangston des Chefs zur Sprache, wenn nicht beim Derblecken am rußigen Freitag, wann dann? "Ja, hier herrscht ein harter Kasernenhofton", polterte Angerer alias Weigert. "Aber Mannsbilder halten das aus, ge Spenninger!" Des Landrats Bürochef machte gute Mine zum (bösen) Spiel und lachte kräftig mit.

Und auch sonst kamen die Mitarbeiter des Landratsamts bei den Sketchen ihrer Kollegen kaum aus dem Lachen heraus. Brandaktuell hatten sie - das waren neben Angerer und Hornauer noch Bianca Klott und Rebecca Rein - sich des Asylthemas angenommen und den Weg eines Flüchtlings bei der Ankunft in Neuburg nachgespielt. Den Asylbewerber verkörperte übrigens Pana Bayessem Massimabottom, der seit fast 15 Jahren in Neuburg wohnt, mittlerweile eingebürgert und bei den Landkreisbetrieben beschäftigt ist. Er scheint einer der Lieblinge im Landratsamt zu sein - was der donnernde Applaus bei seinem Auftritt bewies. "Wie alt, how old", wird er bei der Registrierung gefragt. "19, na wenigstens kein unbegleiteter minderjähriger Flüchtling, kurz gesagt kein ,UmF'." Nach Verständigungsproblemen bei der ärztlichen Untersuchung und der Ausgabe des Hygienepakets sind sich die Mitarbeiter dann aber doch einig, dass man das Alter des Flüchtlings besser nach unten in Richtung Minderjährigkeit korrigieren sollte. "Dann schicken wir den zu Futhuk, sollen die doch mit ihm machen, was sie wollen."

Apropos Minderjährigkeit: Noch-Abteilungsleiter Roland Weingut bekam ebenfalls sein Fett weg. Der schaue ja immer noch aus wie ein Milchbubi, und fange bald trotzdem schon seine zweite Stelle bei der Regierung von Oberbayern an. "Und wisst ihr noch, als er zu zu gekommen ist, da sah er noch selbst aus wie ein UmF, und jetzt betreut er sie."

Weingut verlässt in zwei Wochen das Landratsamt, zum Fasching kam er übrigens nach Meinung seiner Kollegen verkleidet. "Ohne Krawatte und ohne Anzug", erklärte Pressesprecher Thomas Assenbrunner, der wiederum als sein Kollege Marcus Csiki aufkreuzte - die beiden Herren hatten sich entsprechend gedruckte Masken besorgt und die Rollen getauscht.

380 Mitarbeiter hat das Landratsamt - wer sich die Sause im Großen Sitzungssaal entgehen lassen wollte, der blieb eben im Büro. Nahezu vollständig anwesend war jedoch die Ausländerbehörde rund um Chefin Emmi Böhm. Sie hatten alle Bauarbeiterhelme- und westen auf und einen großen Karton dabei, auf dem stand "Zum Auszug aufgefordert bis . . ." "Wir müssen schon wieder umziehen", erklärte Böhm. "Aber keiner weiß wann, wie, wohin", ergänzte eine Mitarbeiterin.

Der Preis für das beste Kostüm hätte auch an die Truppe von der Unteren Naturschutzbehörde gehen können - sofern ein solcher vergeben worden wäre. Chef Siegfried Geißler war als Imker verkleidet, seine Mitarbeiterinnen als süße Bienen.

Um Punkt 14 Uhr war dann aber Schluss mit Landratsamtsfasching, denn die Beamten lassen sich zumindest bei einer Sache nicht lumpen: "Bei uns gibt's eine Obergrenze." Sprich: Feierabend.