Neuburg
Sonne und Erdwärme reichen aus

Familie Goschenhofer baut das erste zertifizierte Passivhaus im Landkreis Neuburg-Schrobenhausen

03.05.2016 | Stand 02.12.2020, 19:52 Uhr

Die Türme saugen Luft ein und führen sie erwärmt ins Haus. Petra und Dominik Goschenhofer zeigen ihr Traumhaus (Bild oben). Die Heizanlage ist überschaubar (links), die Mauern (rechts) sind dick. - Fotos: r

Neuburg (r) Wasser und Wohnzimmer sind behaglich warm, obwohl das Haus keine Heizung hat - geht das überhaupt? Energieberaterin Petra Goschenhofer sagt Ja und tritt den Beweis mit dem Bau eines "Passivhauses Plus" an. Es ist das erste zertifizierte im Landkreis.

Die junge Familie hat sich im Neuburger Stadtteil Feldkirchen ein Gebäude hinstellen lassen, das sich an der Sonne orientiert, mit Erdwärme heizt und nebenbei bis zu 8000 Kilowattstunden Strom pro Jahr erzeugen soll. Maximal 5000 KWh wollen die Besitzer verbrauchen.

Nach fünf Jahren Planung und kurzer Bauzeit soll heuer eingezogen werden. "Die Hülle hat lange Bestand", hofft die Energieberaterin, deshalb hat sie massiv gebaut und die Heiztechnik ("in 20 Jahren hinfällig") reduziert. Die Wände haben die Maurer fast einen halben Meter dick aus Ytong-Wärmedämmsteinen aufgesetzt. Die Fenster enthalten drei Scheiben (vier Zentimeter stark), fallen im Süden großflächig aus, im Norden und Osten kleiner. Hier sind die untergeordneten Räume platziert.

Im Winter soll die tiefstehende Sonne oft hereinscheinen, im Sommer das vorstehende Dach (und Jalousien) Überhitzung vermeiden. Auf dem Dach erwärmt die Sonne Wasser in Kollektoren und produziert Strom per Photovoltaik.

Eine Kombination ersetzt die übliche Fußboden-, Wand- oder Elementheizung. Zwei Türme im Garten saugen Luft an, leiten sie tief im Boden (dann erstmals erwärmt) in den Keller. Ein Wärmetauscher (mit heißem Wasser) erhöht die Temperatur der Luft, die in den Zimmern ausströmen kann. Für kalte Winter steht im Wohnraum ein Schwedenofen, der mit Pellets geschürt wird. Einen monströsen Pufferspeicher wollten die Bauherren nicht haben. Ihnen reicht ein 750-Liter-Behälter für Warmwasser im Heizkeller. Im Bad sorgt eine kleine elektrische Fußbodenheizung für 26 Grad, wenn es den Kindern Dominik und Linda zu kühl ist. Ein Batteriespeicher im Keller mit vier Kilowatt reicht nachts für den Kühlschrank aus.

Petra Goschenhofer hat ihren Traum vom Passivhaus in der Uni Freiburg kennengelernt, jetzt setzt sie ihn um: "Wir wollten kein aufgeblähtes Sonnenhaus, sondern die gemischte Nutzung aller Elemente." Er habe Respekt vor Bauherren, die ohne Öl und Gas auskommen und mit der Natur gehen, sagte Florian Pronold, Staatssekretär im Bundesbauministerium, bei einem Besuch in Neuburg. Das Ministerium werde bis 2020 die Standards der Energieeinspar-Verordnung (EnEV) wohl nicht erhöhen, sondern mit Vorgaben der Wärmeverordnung kombinieren. Das Energiehaus KfW 40 ist der höchste Standard in Effizienz und Förderung. Ihr Passivhaus sei "einen Tick besser", urteilt Petra Goschenhofer, und sie hat keine Zweifel, dass das Passivhausinstitut Darmstadt den Bau demnächst zertifizieren werde. Die Baukosten liegen bis zu zwölf Prozent höher, dafür fördert die Kreditanstalt für Wiederaufbau mit einem günstigen Darlehen von 100 000 Euro. Mit einer Einliegerwohnung verdoppelt sich die Summe. Die Energieberaterin will später ihr Passivhaus für Interessenten öffnen - nicht nur am bundesweiten "Tag des Passivhauses" vom 11. bis 13 November.