Mühlried
Vorfreude auf Indien

SZ TRIFFT die Mühlriederin Lea Hellmich, die an einem Freiwilligendienstprojekt für den Frieden teilnimmt

21.08.2017 | Stand 02.12.2020, 17:37 Uhr

Wie sehr Lea Hellmich ihrem elfmonatigen Aufenthalt in Indien entgegenfiebert, steht ihr förmlich ins Gesicht geschrieben. Los geht es am 31. August. - Foto: De Pascale

Mühlried (SZ) Lea Hellmich aus Mühlried sprüht vor Vorfreude. In wenigen Tagen geht es auf gen Indien, wo die 19-Jährige elf Monate in einem Workcamp verbringen wird. Möglich macht das die Organisation Service Civil International, die sich der Freiwilligenarbeit für Frieden verschrieben hat.

"Als Musikerin kann ich mir nicht vorstellen, wie es ist, ohne Gehör zu leben", sagt Lea Hellmich. Denn beim sogenannten "Samuha-Projekt", in dem sie sich in Indien, genauer in Koppal im Süden des Landes, engagieren wird, arbeitet sie in einem Zentrum für Kinder und Jugendliche mit Hörbehinderung. Zuvor stehen jedoch Seminare auf dem Programm, zum Kennenlernen des Landes. "Erst dann geht's ins Projekt", erzählt die 19-Jährige. Auch die entsprechende Gebärdensprache muss sich Lea Hellmich erst noch aneignen. Zwar gebe es davon eine internationale Version - ganz fremd ist ihr das Thema ohnehin nicht: "Vieles an der Gebärdensprache war mir immer schon schlüssig" - andererseits gebe es auch dabei verschiedene Dialekte.

Vor einem halben Jahr hat sich Lea Hellmich bei Service Civil International (siehe Kasten) für den Freiwilligendienst beworben, wurde dann zu einem Wochenende eingeladen, an dem die Bewerber beispielsweise auf ihre Teamfähigkeit gecheckt wurden. In einem Vorbereitungsseminar lernte sie viel über die Kultur Indiens oder über Themen wie Rassismus, Feminismus, Gender. Theoretisches Wissen, das hilft. Aber ist ihr eigentlich genau bewusst, was da auf sie zukommt? Da denkt Lea ziemlich pragmatisch: "Um nicht enttäuscht zu werden, stelle ich mir gar nichts vor." Viel lieber lasse sie alles auf sich zukommen. Was nicht bedeutet, dass sie sich nicht vorbereitet hätte. Unter anderem auch beim Gespräch mit dem indischen Gastronom im Ort. Der hatte in der Tat einen nützlichen Tipp für Lea: Sollten alle Stricke reißen, gebe es in Indien Tempel, in denen jeder einen Schlafplatz bekomme. Noch mehr Ratschläge gibt es von Leas älterer Schwester, die ein Jahr in Südafrika verbrachte - und das nicht bereut. "Ich habe immer noch Heimweh nach Afrika", gesteht Anna Hellmich.

Bedenken, dass die Sehnsucht nach der Familie, den Freunden, sie aus der Bahn werfen könnte, hat Lea Hellmich nicht. Und das, obwohl sie in den elf Monaten kein einziges Mal heimkommen wird. Dass die Familie zu Besuchen in Indien aufschlägt, ist da schon wahrscheinlicher. Und fürs alltägliche Geplauder gibt es ja WhatsApp und Skype. Durchhaltevermögen ist ohnehin eine der Stärken der 19-Jährigen. Ihre schulische Laufbahn zeugt davon: Über Quali und Mittlere Reife an der Mittelschule schafft es Lea an der Neuburger FOS zum Fachabi. Ein gewisses Maß an Seelenstärke wird sie auch in Indien brauchen. Denn wohnen wird Lea da in einer Art Campus. "Da ist alles offen, in der Mitte ist die Küche", erzählt sie. Spül- oder Waschmaschine? Fehlanzeige! Dafür gibt es einen Waschstein - und selbst der sei in diesen Gefilden "voll der Luxus", berichteten Lea Teilnehmer anderer Camps.

Langeweile dürfte da also kaum aufkommen. Wenn doch, kann sich Lea in weitere Projekte einklinken. Vielleicht bietet sich auch die Möglichkeit, Yoga zu machen oder einen Kampfsport zu erlernen. Und an Weihnachten steht ein Roadtrip auf der Agenda. "Außerdem soll es in der Gegend schöne Tempel geben", freut sich Lea. Auch das hat sie bereits in Erfahrung gebracht: Kleiden sollte sie sich in Indien möglichst in Sari. Demnach dürfte eine ihrer ersten Touren Lea in Indien erst mal zum Klamottenkauf führen. Los geht es am 31. August, im Juli kommt Lea wieder zurück. Da wartet bereits ein Ausbildungsplatz am Ingolstädter Klinikum auf die 19-Jährige. Den in der Tasche zu haben, war die einzige Bedingung der Eltern, die ansonsten komplett hinter ihrer Tochter stehen.

Finanziert wird Leas Indien-Aufenthalt hauptsächlich durch das Programm "Weltwärts". Außer 2100 Euro, für die sich Familie Hellmich auf die Suche nach Spendern machen musste. Man wurde fündig: Die Firma Bauer und die Schrobenhausener Raiffeisenbank unterstützen Lea. Und noch jemand hat sich an der Finanzierung beteiligt: Die Klassenkameraden, die Lea um Cent-Stücke anbettelte. Was dabei zusammenkam? "Ein Euro irgendwas", sagt Lea und lacht.