Mühlried
"Knöchern wirkende Kirche" mit Leben füllen

Chöre trafen sich zum vierten altbayerischen Musiktag in der Heilig-Geist-Kirche in Mühlried

20.10.2014 | Stand 02.12.2020, 22:06 Uhr

Schwungvoll oder besinnlich? Ganz egal, mit Inbrunst sangen die Teilnehmer und die Besucher des altbayerischen Kirchenmusiktages in der Mühlrieder Heilig-Geist-Kirche - Fotos: De Pascale

Mühlried (SZ) „Den Glauben feiern mit Gesang“ – einmal mehr wurde dieser Leitgedanke in der Mühlrieder Heilig-Geist-Kirche lebendig. Rund 150 Sängerinnen und Sänger trafen sich am Sonntagabend zum vierten Kirchenmusiktag der Region Altbayern. Ein feierlicher Gottesdienst beendete den Chortag.

Dass das kein alltäglicher Gottesdienst werden würde, war bereits klar, als die Band – Nikolaus Raith (Piano), Frank Brestrich (Bass), Reiner Hauck (Gitarre), Christina Hellmich (Querflöte) und Janosch Jong (Percussion) – loslegte und einem israelischen Volkslied ein schmissiges Intro verpasste. Der Kreis sollte sich am Ende schließen: Ebenso dynamisch beendete die Band den Gottesdienst, wofür sich die Besucher jubelnd bedankten.

Sänger verschiedener Chöre sind zum Kirchenmusiktag gekommen, manche sogar im Einheits-Look, wie etwa der Jugendchor Wagenhofen in blauen T-Shirts. Bewusst wurden für den Kirchenmusiktag in diesem Jahr fast ausschließlich Lieder aus dem neuen Gotteslob ausgewählt – womit zudem ein Beweis geliefert wurde, welch beeindruckendes Liedgut darin zu finden ist. Es gibt die kraftvollen Momente, es gibt die besinnlichen; schwungvolle Lieder wie „Ich lobe meinen Gott“ und zutiefst berührende wie „Du bist so fern, du bist so nah“ – Text, Musik und Satz übrigens von Norbert M. Becker. Gemeinsam mit Dekanatskirchenmusiker Werner Zuber, der die Sänger an der Orgel begleitet, hat Becker den Kirchenmusiktag zum mittlerweile vierten Mal auf die Beine gestellt.

Selbstverständlich ist es die Musik, die beim Kirchenmusiktag im Vordergrund steht. Ein Erlebnis für sich sind jedoch auch die Worte, die Pater Norbert M. Becker, der den Gottesdienst zusammen mit Robert Skrzypek, Dekan Werner Dippel und Ludwig Michale zelebriert, den Menschen mit auf den Weg gibt. „Wenn einer abgeschossen werden soll, dann von Leuten, die einem Honig um den Mund schmieren“, sagt Becker beispielsweise. Wie in einem Krimi sei das: Erst mal kräftig Nebel machen, um dem Opfer den Durchblick zu nehmen. So sei das auch in der eben gehörten Szene aus dem Evangelium gewesen. Was man dabei lernen könne? „Wer Jesus an der Nase herumführen will, der muss schon früher aufstehen.“

Das Anliegen, das Jesus habe: Der Mensch soll Gott geben, was Gott gehört, ein Leben und Handeln nach der Botschaft des Evangeliums. Das habe nichts damit zu tun, sich auf eine geistlich-spirituelle Insel zurückzuziehen. „Gott wird nicht glorreicher durch unsere Gebete“, versichert der Priester der Herz-Jesu-Missionare.

„Musik und Gesang sollen das Leben erden, Neue Geistliche Lieder machen den Glauben echt“, so Becker weiter. Auch, weil sie die Sprach- und Hörgewohnheiten der Zeit aufgriffen, seien Neue Geistliche Lieder so wertvoll. „Gott geben, was Gott gehört“, das sei auch in der heutigen Zeit eine energische Herausforderung, die „oft knöchern wirkende Kirche“ mit Leben zu füllen. Gott wolle keine Insel der Seligen, er wolle vielmehr eine menschliche Welt für alle Menschen. Einmal mehr nimmt Becker seine Zuhörer mit, wie so oft gelingt es ihm, die Menschen auch über die Musik zu erreichen.

Am Nachmittag hatten sich alle Sänger zur einzigen gemeinsamen Probe getroffen. Dafür, dass dabei auch in diesem Jahr wieder alles wie am Schnürchen klappte, hatte Organisator Robert Hellmich gesorgt, Ursula Wäckerle hatte den Teilnehmern im Pfarrzentrum Kaffee serviert. Auch wenn die Zahl der teilnehmenden Sänger in diesem Jahr deutlich unter der der vergangenen Jahre lag – Gründe könnten das allzu schöne Wetter oder das Kirchweihfest sein, wie Dekan Werner Dippel vermutete – zu hören war das nicht. Keine Spur weniger kraftvoll als in den vergangenen Jahren klang das, was die Sänger gemeinsam mit den Besuchern beim abendlichen Gottesdienst boten. Ein kleines Phänomen? Oder einfach der Beweis, dass es eben nicht die Quantität ist, die zählt, sondern viel mehr ganz anderes: die Verbundenheit, das Gefühl der Gemeinschaft, das auch bei diesem Kirchenmusiktag deutlich zu spüren war.