Mühlried
Anderen Menschen Mut machen

SZ TRIFFT den ehemaligen Profikletterer Michael Füchsle aus Mühlried

20.04.2015 | Stand 02.12.2020, 21:24 Uhr

Er klettert wieder: Michael Füchsle trainiert mit eisernem Willen an Felswänden im Altmühltal, um nach einer schweren Krankheit wieder klettern zu können - Foto: privat

Mühlried (SZ) Ende des Monats will Michael Füchsle an einem Boulder-Wettkampf in Tschechien teilnehmen. Vor ein paar Jahren hätte der heute 48-Jährige, der in Mühlried lebt, noch nicht daran geglaubt, dass er überhaupt wieder klettern könnte.

Nach einer lebensbedrohlichen Krankheit, die ihn in den Rollstuhl brachte, hat sich Füchsle an die Kletterwand zurückgekämpft.

Der 48-Jährige war Profikletterer, bevor die Krankheit alles veränderte. Das abrupte Aus kam vor zehn Jahren, als bei ihm ein Darmdurchbruch mit einer Blutvergiftung diagnostiziert wurde. Nach einer Notoperation lag der gebürtige Bobinger im Koma und als er aufwachte, war er am ganzen Körper gelähmt. Ein künstlicher Darmausgang war gelegt worden. Die Ärzte empfahlen seinen Eltern, sich nach einem Platz im Pflegeheim für ihn umzusehen. „Der Rollstuhl schien mein ständiger Begleiter zu werden“, sagt Füchsle heute, wenn er an das Jahr 2005 zurückdenkt.

Mit diesem Schicksal wollte sich Füchsle aber nicht abfinden. Er arbeitete hart und kann gut ein Jahr später den Rollstuhl wieder verlassen. „Ich rechnete nicht damit, dass ich jemals wieder eine Hand an den Fels legen würde“, erinnert er sich. Zumal er in den folgenden Jahren auch immer wieder mit Rückschlägen zu kämpfen hatte. Nach „gefühlten 100 Operationen“ ging es im März vor drei Jahren endlich wieder aufwärts.

Das vergangene Jahr bezeichnet Füchsle als das Beste nach seiner Krankheit. Er hatte keine Schmerzen mehr und es lief immer besser für ihn. Klettern ist nach wie vor sein Lebensinhalt. Im vergangenen Jahr hat er sich beim Kletterhallenverband zum Klettertrainer ausbilden lassen und unterrichtet den Sport nun ehrenamtlich. „Ich bin wieder richtig aktiv drin“, freut sich der ehemalige Profikletterer, der zu 90 Prozent schwerbehindert ist.

So wie früher, als er sechs bis acht Stunden am Tag trainierte, sich an schwierigste Routen wagte und Strecken mit einem Schwierigkeitsgrad bis zu elf minus meisterte, ist es heute nicht mehr. Zum Vergleich: Normales Treppensteigen lässt sich etwa mit einer Eins vergleichen. Etwa ein bis zwei Stunden schaffe er heute, dann sei er erschöpft, erzählt Füchsle von seinen Kletterversuchen.

Sein Ziel ist es nach wie vor „noch eine Schippe draufzulegen“. Seit November trainiert der ehrgeizige Kletterer regelmäßig „Leistenhängen“. Eine Übung, bei der er nur mit den Fingerspitzen zwischen vier und maximal 30 Sekunden an einer Leiste hängt und die Fingerkraft damit stärkt. „Das war bisher wegen meiner Krankheit tabu für mich“, sagt Füchsle. Er habe seine Sehnen und Muskeln im Laufe der Jahre erst wieder so weit aufbauen müssen, dass er nun diese Übung absolvieren kann.

Für den Boulder-Wettkampf in Tschechien hat sich Füchsle kein besonderes Ziel gesetzt. „Was geht, das geht“, sagt er. Mit den 18- bis 25-Jährigen, der Altersgruppe, die vor allem bei solchen Wettkämpfen zu treffen sei, könne er sich sowieso nicht messen. Auch nicht, wenn er gesund wäre. „Ich gehe da hin, weil es mir Spaß macht“, sagt Füchsle. Und noch einen guten Grund hat er, um zu dem Wettkampf zu fahren: Er möchte auch anderen Menschen mit Handicap Mut machen und sie zum Klettern motivieren.