Lichthausen
Der verschollene Schatz im Wohnzimmer

24.11.2017 | Stand 02.12.2020, 17:10 Uhr
Das Abbild des heiligen Lamberts hing fast ein Jahrzehnt im Wohnzimmer von Daniel Schreier aus Lichthausen. Durch einen Zufall ist das Bild nun wieder dort, wo es hingehört: Restaurator Josef Herzinger (v.l.) und Pfarrer Hans Huber lieferten das Bild eigenhändig im Kloster von Seeon ab. −Foto: Josef Herzinger

Schrobenhausen (SZ) "Das ist doch...nein, Moment, wirklich? Kann das sein? Es sieht aus wie...nein. Doch!" - das ging Konrad Roider durch den Kopf, als er eines Abends beim Stöbern auf der Auktionsplattform Ebay vorm Computer saß. Ein seit 350 Jahren verschollenes Bild aus dem Kloster in Seeon im Chiemgau. Verkäufer: Daniel Schreier aus Lichthausen bei Gerolsbach.

Es klingt ja auch ein bisschen unwirklich. Oder wie eine Folge einer Detektivserie à la Fünf Freunde oder Jerry Cotton: "Daniel Schreier und der verschollene Schatz im Wohnzimmer." Diese Geschichte allerdings ist wahr und das Beste: Sie kommt mit Happy End - auch wenn das gut 350 Jahre auf sich warten ließ.

Aber Daniel Schreier hatte schließlich überhaupt keine Ahnung, welch wertvollen Schatz er da im Haus hat. Er hatte das Gemälde vor rund zehn Jahren in einem Antiquitätenladen in München erstanden. "Man sagte mir damals, das Bild stamme aus irgendeinem Münchner Kloster", erinnert sich Schreier. Sinn machte das allemal: Das imposante Gemälde - es misst gut zwei Meter in der Länge - zeigt einen Bischof, in seiner rechten Hand hält er ein Kruzifix. Dass es sich dabei um den heiligen Lambert, den Schutzpatron der gleichnamigen Pfarrei der Gemeinde Seeon im oberbayerischen Landkreis Traunstein im Chiemgau handelt, wusste er da noch nicht - und hängte das gute Stück reinen Gewissens in seinem Wohnzimmer auf. Und da hing es dann, fast ein Jahrzehnt lang.

"Irgendwann hatte ich mich daran dann abgesehen", erzählt Schreier. Der heilige Lambert sollte weichen, am besten für immer, denn wer hat schon Platz, ein Bild dieser Größe aufzubewahren? Also verkaufen. Nur an wen? "Mir war schon klar, dass sich ein Bild von diesem Format eher schwer verkaufen würde", sagt der Lichthausener Kunstfan. Gerade weil das mit dem Versand ja nicht so einfach ist. Mit ein paar Briefmarken und einem Karton ist es da nicht getan. "Ich habe mich also für eine Auktion auf Ebay entschieden. Mit der Voraussetzung, dass der Käufer das Bild selbst abholt. Das schien mir das Einfachste", so der 36-Jährige. Und das war das Glück der kleinen Chiemgauer Gemeinde Seeon.

Dort im Kloster hängen bereits zwei Gemälde des Malers, der auch das Schreier'sche Wohnzimmergemälde angefertigt hatte. Dass noch ein drittes Gemälde existiert, aber schon seit Anfang des 18. Jahrhunderts fehlt, dessen war man sich in der Pfarrei gar nicht bewusst. "Aber selbst wenn ich es gewusst hätte - dass das irgendwann wieder auftaucht, daran hätte sicher keiner mehr geglaubt", sagt Pfarrer Hans Huber aus Seeon schmunzelnd. Deshalb war er zunächst auch skeptisch, als er von seinem Pfarrerkollegen Konrad Roider die E-Mail bekam, in der dieser die Auktion verlinkte und schrieb, er meine, einen verschollenen Schatz auf Ebay entdeckt zu haben. "Aber dann gab es eigentlich keinen Zweifel", erzählt Huber.

Das bestätigt auch Restaurator Josef Herzinger. So enthalte die lateinische Inschrift nicht nur den Namen des Bischofs Lamberts, sondern auch das Wort Seeon. "Außerdem sehen wir am rechten Rand das Wappen von Seeon", erklärt er. Und er weiß noch mehr: "Wahrscheinlich stammt das Bild aus der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts", sagt er. Für ein Bild dieses Alters sei es in besonders gutem Zustand gewesen. "Ein paar Löcher, verfranzte Ecken, aber tadelloser Originalzustand. Wir gehen davon aus, dass es dann während der Zeit der Säkularisation verschwunden ist." Bis eben zu jenem schicksalhaften Tag, an dem Pfarrer Hubers Spezl im Internet darauf stieß.

"Ich habe die Auktion natürlich sofort beendet, damit kein anderer zuschlagen kann", sagt Schreier. Gewinn habe er letztendlich zwar keinen gemacht, aber angesichts der tollen Geschichte sei das für ihn verschmerzbar. "Hauptsache das Bild kommt da hin zurück, wo es hingehört", findet er - genauso wie ein Großteil der rund 1200 Mitglieder der Pfarrei Seeon übrigens. "Da haben viele zusammengelegt, damit wir das Bild zurück kaufen und restaurieren lassen können", erzählt Pfarrer Huber stolz.

Und dann kam er, der Tag an dem Hans Hubers Namensvetter, der Polizeibeamte Hans Huber, sich auf den Weg nach Gerolsbach machte und das so lange vermisste Porträt eigenhändig zurück nach Hause holte. "Das war elektrisierend", erzählt der Polizist. "Eine richtig tolle Geschichte. Auch weil unsere Pfarrei so zusammengehalten hat, damit das Bild wieder her kommt."

Heute hängt es nun wieder dort, wo es vor 350 Jahren gestohlen wurde. "Es gab einen kleinen Festakt, sogar Herr Schreier war da", so Pfarrer Huber. Der hat übrigens das Geld, das er für den heiligen Lambert bekommen hat, in neue Kunst reinvestiert - und wer weiß, vielleicht hat er ja wieder einen Schatz gefunden.