Langenmosen
Internationale Karriere mit festen Wurzeln

SZ TRIFFT Derrick Zechmair, der mittlerweile Deutschland-Chef eines Automotive-Riesen ist

30.12.2016 | Stand 02.12.2020, 18:51 Uhr

Derrick Zechmair ist längst ein international tätiger Manager. Seine Wurzeln - er wuchs in Langenmosen und in Schrobenhausen auf - hat er dabei nie vergessen. - Foto: Valeo

Langenmosen (SZ) Er denkt global und stellt spannende Querverbindungen her - etwa zwischen den Erfahrungen, die er weltweit sammelt und dem beschaulichen Langenmosen, wo er aufwuchs: Seit Juli ist Derrick Zechmair (54) Geschäftsführer des weltweit agierenden Autozulieferers Valeo in Deutschland.

Ein Job, der wie maßgeschneidert wirkt: Innovation und Entwicklung, darauf legt der börsennotierte, französische Automobilzulieferer Valeo enormen Wert. Forschungs- und Entwicklungszentren gehören zum Unternehmen, knapp 88 000 Mitarbeiter sind in 32 Ländern beschäftigt, 5600 davon in Deutschland. Das Gespür für Innovatives, Neues ausprobieren, Ideen entwickeln und in die Tat umsetzen, das zieht sich auch durch Derrick Zechmairs Leben wie ein roter Faden.

Es ist die bemerkenswerte Karriere eines Mannes, der schon sehr früh eine ziemlich genaue Vorstellung davon hat, wohin er im Leben möchte. Aufgeschlossen für Themen, die vor ihm noch keiner anpackte, besitzt Zechmair den Weitblick auf das, was global vor sich geht, verliert dabei jedoch nie das Bodenständige, Geerdete aus dem Visier. Von ungefähr kommt das nicht: "Meine Eltern waren ehrgeizig, wollten im Leben vorwärtskommen", erklärt Derrick Zechmair weshalb die Familie damals, als er geboren wird, in Kanada lebt, wo er auch seine ersten beiden Lebensjahre verbringt. Danach geht's wieder zurück in die Heimat der Eltern, nach Langenmosen.

Die Jugend auf dem Land prägt Zechmair, lehrt ihn zum Beispiel dies: Erfolge wollen vorbereitet sein. "Wenn die Bauern im Herbst eine gute Ernte einfahren wollen, müssen sie zuvor schauen, welche Produkte sie auf welchem Feld ansäen, wann sie säen und alles das Jahr über hegen und pflegen", sagt Zechmair. Frühzeitig Trends erkennen, spüren, welche Produkte Erfolg versprechen, erkennen, wann Investitionen Sinn ergeben - ähnlich ticke auch die Autoindustrie. "Es kann drei, vier Jahre dauern, bis man tatsächlich einen Gewinn erwirtschaftet", sagt Zechmair. "Dass dieser Ablauf notwendig ist, um erfolgreich zu sein, das habe ich in Langenmosen gesehen."

Technikaffin war Zechmair schon immer. Nach der FOS in Ingolstadt studiert er an der Augsburger FH Maschinenbau, gründet bereits als Student ein Ingenieurbüro. Später verkauft er seine Lizenzen, geht zu Temic, dann zu Siemens, anschließend zu Continental - und irgendwann zum ersten Mal in die Staaten. Zu der Zeit ist er bereits verheiratet, die ersten beiden der drei Söhne sind schon auf der Welt.

In Detroit entwickelt Zechmair Airbag-Steuergeräte für die deutsche Automobilindustrie, VW, Daimler, Porsche, Audi. Später wird er weitere Jahre mit der Familie in Detroit verbringen. Ein Nobody sei er gewesen, als er zum ersten Mal in den USA aufschlug, gesteht Zechmair. Das sollte sich ändern. Er arbeitet hart daran, seine Temic-Produkte - Airbag-Steuergeräte hat damals noch niemand auf dem Schirm -, am Markt zu platzieren, bietet Schulungen an, immer mit dem festen Glauben an die Qualität seiner Produkte. "Temic hatte damals eine hochinteressante technische Lösung", erinnert sich Zechmair. Er bleibt dran - bis das Ganze irgendwann auf fruchtbaren Boden fällt und der erste Auftrag von GM in der Tasche ist.

Derrick Zechmair geht bereits auf die 50 zu, da entschließt er sich zu einem weiteren mutigen Schritt: Er wechselt zu Valeo nach Paris. Überzeugen, sich behaupten, sein ausgesprochen glückliches Händchen beim Netzwerken - all jene Charakterzüge machen sich auch hier bezahlt.

Nach drei Jahren ist der Bereich Motorsteuergeräte, den Zechmair neu strukturiert, in den schwarzen Zahlen. Ein Turnaround im Hause Valeo, auf den er heute nicht ohne Stolz zurückblickt. Unter anderem für die drei großen, weltweit erfolgreichen deutschen Autobauer ist Zechmair heute verantwortlich. Vor allem in Richtung Elektromobilität und autonomes Fahren dürfte sich die Automobilbranche künftig noch weiter ausrichten, ist er überzeugt. Auch wenn er derzeit primär in Deutschland unterwegs ist - gibt es in Mexiko, China oder den USA Probleme, "dann bin ich vor Ort und gehe diese Themen an".

Er nimmt dabei vieles mit, das am Rande des Berufslebens passiert. "Wenn man Menschen näher kennenlernt, sich Zeit nimmt mit ihnen, mal gemeinsam ein Bierchen trinkt, dann stelle ich immer wieder fest, dass sie sich sehr ähnlich sind. Sie wollen Karriere machen, eine intakte Beziehung haben, sorgen sich um ihre Kinder", erzählt Zechmair. "Das sind grundlegende Themen, die weltweit sehr ähnlich sind." Was ihm jedoch Sorgen bereitet: "Die Komplexität, in der sich die Bevölkerung weltweit befindet, wird nur bedingt durchdrungen." Was dann herauskomme, sei nicht selten eine starke Tendenz, vereinfachte Lösungen zu favorisieren. "Wir befinden uns in einer Dekade, in der nur bedingt logisch nachvollziehbare Entscheidungen getroffen werden", ist Zechmair überzeugt, zu sehen etwa am Beispiel Brexit. Deshalb sei die Herausforderung all jener, die sich mit komplexer, weltweiter Thematik beschäftigen, "immer wieder zu kommunizieren, warum, wieso und weshalb man etwas macht".

Sich einzubringen, das ist für Derrick Zechmair etwas Grundlegendes. Das beginnt beim Schülersprecher, lange Jahre mischt er bei der Schrobenhausener Wasserwacht mit - wo er übrigens noch heute Mitglied ist. Anno 1983 dann ein Abstecher in eine Richtung, die auf den ersten Blick nicht so recht in seine Biografie passt: Zusammen mit seiner Steffi, die er später heiratet, tingelt Derrick Zechmair als Faschingsprinz durchs Schrobenhausener Land - aber: Er nutzt auch jene Monate, um Erfahrungen zu sammeln. "Eine hochinteressant Zeit", erinnert er sich. "Es hat mir viel Spaß gemacht, zu sehen, wie so etwas funktioniert". Und er ist der Meinung, "dass eine Ortschaft wie Schrobenhausen solche Themen braucht". Wenn er zu Hause in Langenmosen ist - was oft nur zu familiären Anlässen der Fall ist, denn derzeit ist der Lebensmittelpunkt der Familie in Tegernheim bei Regensburg -, dann erkundigt er sich auch heute noch bisweilen, was es denn bei der Schromlachia Neues gibt.

Oder er geht shoppen. Dorthin, wo er vor vielen, vielen Jahren seinen ersten Anzug kaufte. Einige Zeit später stand die Hochzeit an. "Da bin ich wieder zu Franz Demel reinmarschiert." Und er war verblüfft: "Die Gelegenheit, mir einen neuen Anzug zu verkaufen, schlug er aus." Weil er von seinen Produkten überzeugt war. Eine Einstellung, die Zechmair enorm beeindruckte, und die er für sein eigenes Berufsleben mitnahm. Noch heute, 30 Jahre später, kauft Zechmair sämtliche Businesskleidung hier. Das ist ein Thema, das ihm grundsätzlich am Herzen liegt. "In dieser schnelllebigen Zeit, in der wir heute leben, braucht man einen gewissen Stil", ist Zechmair überzeugt. Das wolle er auch seinen Kindern und deren Freunden mitgeben. Dass das bei den jungen Leuten ankommt, davon ist er überzeugt. "Ich glaube, dass es sich die ältere Generation zu leicht macht, indem sie die Jugend kritisiert. Das finde ich unfair."

Schließlich habe es die Jugend derzeit nicht leicht. "Bei mir zu Hause gab es eine Tageszeitung, die Nachrichten im Fernsehen und das war's." Ganz anders die immense Informationsflut heutzutage. "Wie sollen junge Menschen da eine Linie, eine Persönlichkeit entwickeln", fragt Zechmair. Deshalb sei es die Aufgabe der älteren Generation, eine Vorbildfunktion zu übernehmen, ihnen Themen wie Nachhaltigkeit, Etikette, Umgangsformen, eine gewisse Gesprächskultur, und ja, auch eine angemessene Kleiderwahl ans Herz zu legen, sagt Zechmair. Und er findet: "Man sollte sich die Zeit nehmen, jungen Leuten die Welt zu erklären." Sei es mit dem Blick in die Ferne - oder auch auf die beschauliche Heimat.