Langenmosen
Rechts-vor-links-Regelung nur in der Theorie

Langenmosener Räte erkunden ihre Gemeinde auf dem Fahrrad

27.07.2016 | Stand 02.12.2020, 19:30 Uhr

Foto: Bernd Hofmann

Langenmosen (SZ) Da haben sie aber mal Glück gehabt, die Langenmosener Räte: Der große Regenschauer geht schon am Nachmittag über der Gemeinde nieder, am Abend herrscht strahlender Sonnenschein. Einer Gemeinderundfahrt auf dem Fahrrad steht also nichts im Wege.

Ehe Bürgermeisterin Mathilde Ahle, ihre zwölf Gemeinderäte und Schriftführerin Julia Ottillinger abends um halb zehn die Radl vor dem Wirt abstellen, müssen sie sich ihre Brotzeit erst einmal verdienen. Mehr als drei Stunden lang wird geradelt, angeschaut, abgestimmt, debattiert, gelaufen und noch mal geschaut und wieder geradelt. Das geht in die Wadln, weshalb sich auch fast alle Herren des Gremiums zwecks Kühlung für kurze Hosen entschieden haben (und das spätestens bereuen, als es in der ehemaligen Sandgrube durch die Brennnesseln geht und dann auch noch die stechenden Insekten angreifen).

Für den ersten Tagesordnungspunkt dieser mobilen Gemeinderatssitzung braucht noch keiner in den Sattel zu steigen: Gleich hinter der Alten Schule, wo der Treffpunkt war, ist eine neue Fluchttreppe gebaut worden. Darunter hat die Pflasterung gelitten, außerdem will man hier das Problem mit dem eindringenden Wasser in den Griff bekommen. Darüber wird ausführlich gefachsimpelt.

Nächste Station: das Schneidergasserl. Hier muss demnächst die Straße saniert werden, was nach Auskunft eines Bauunternehmens gar nicht so einfach sei, weil die Walzen wegen der Betoneinfassungen neben dem engen Gasserl nicht richtig in die Ecken kommen, erklärt Mathilde Ahle. Weiter geht es zur Einmündung Pfarrstraße/Am Saum. Hier hätten Anlieger gerne eine Vorfahrtsregelung, "es hat schon ein paar Mal beinahe gekracht", schildert die Bürgermeisterin. Dennoch: Kein Änderungsbedarf, befinden die Räte, man könne von Verkehrsteilnehmern schon erwarten, dass sie sich an die Rechts-vor-links-Regel halten. Eine Ansage mit wenig Nachhaltigkeitswert, wie sich schon kurz später zeigen wird.

An der Wendeplatte am Brucksaum stört einen Anlieger ein Baum, der auf öffentlichem Grund steht. Die Mehrheit der Räte steht auf der Seite des Baumes. "Das ist eine Idylle da herin", meint Michael Bader, "schade um den Baum." Doch es gibt auch Vegetation, die alle stört. Sie wächst - vornehmlich vor unbebauten Grundstücken in den Siedlungen - zwischen Straße und Gehsteig. Die Räte sind sich einig: Das Unkraut muss weg. Die Grundstückseigentümer sollen aufgefordert werden, es innerhalb von 14 Tagen zu beseitigen.

Nach einem Blick in die Kläranlage und einem Schlenker zur Von-Mergenthal-Straße - hier sichten Anwohner die Gemeinderäte und weisen sie auf ein zugewachsenes Verkehrsschild hin - geht es Richtung Höhenberg. Zuvor werden einige Kreuzungen passiert. Zum Glück ist niemand sonst unterwegs, denn an die Rechts-vor-links-Regel kann sich offenbar keiner mehr erinnern - oder haben radelnde Räte in Langenmosen generell Vorfahrt?

Wie auch immer: Unfallfrei erreicht der Tross die ehemalige Sandgrube mit dem - wohl ebenfalls ehemaligen - Bikerpark. Hier gibt's vor allem Unkraut und Stechmücken. Weiter geht's zu Fuß, denn nun wird die Rundfahrt zur Indiana-Jones-mäßigen Abenteuertour. Mathilde Ahle schafft es zwar ohne Machete durch das Dickicht, doch die wacklige Holzbrücke, bei der einige Bohlen fehlen, hat das Zeug zur Filmkulisse - ebenso übrigens wie das Baumhaus oben auf dem Höhenberg, das leider zum Teil zerstört worden ist.

Mit dem Radl geht es weiter zur Lindener Straße. Hier bleibt das Wasser stehen, wenn's mal wieder stark geregnet hat. Die Räte denken über Möglichkeiten nach, das künftig zu verhindern - und erschrecken einige Autofahrer, die aus Richtung Linden aus dem Wald kommen und sich unvermittelt einem Pulk rastender Radler gegenübersehen.

Für die Gemeinderäte neigt sich die Open-Air-Sitzung nun langsam dem Ende entgegen. Auf dem Weg zum Wirt steuert Mathilde Ahle noch zwei Baugebiete an, um weiteres Unkraut vor unbebauten Grundstücken zu zeigen, dann stellen müde Räte ihre Radl in den Ständer. So sehr wie heute haben sie sich ihre Brotzeit selten verdient.