Kleinhohenried
Die Sonne hätte Energie für alle

Klimaforscher Hartmut Graßl spricht vor den Kreisräten und Vertretern der Bürgerinitiativen

05.07.2015 | Stand 02.12.2020, 21:06 Uhr

Zu beschließen gab es nichts, zu hören allerdings viel. Die jüngste Kreistagssitzung im Haus im Moos hatte unter anderem die Erderwärmung zum Thema. Passend dazu war es im Obergeschoss der Umweltbildungsstätte brütend heiß - Fotos: Frank

Kleinhohenried (SZ) Mit den gleichermaßen lokalen und globalen Themen Klima und Energie befasste sich der Kreistag im Haus im Moos. Mit dabei waren zahlreiche Vertreter von Bürgerinitiativen, die die Möglichkeit mitzureden dankbar nutzten.

„Das Wetter spielt mit. Das passt ins Bild. Aber es fehlt noch einiges an einer echten Hitzewelle.“ Hartmut Graßl, Klimaforscher und Hochschullehrer (kl. Foto), fand einen launigen Einstieg in seinen Vortrag über Klimawandel, Energiewende und Moore, denn im Obergeschoss der Umweltbildungsstätte Haus im Moos herrschten saunaartige Bedingungen. Der Kreistag war bei dieser offiziellen Sitzung bei weitem nicht vollständig vertreten, dafür reihten sich Trassengegner und Befürworter regenerativer Energieformen in die Runde ein.

Graßl sprach vom polaren Eis und den Grönlandgletschern, die mit Sicherheit abschmelzen werden, wenn der Klimaschutz nicht voran kommt. Der Meeresspiegel werde im Extremfall etwa 60 Meter steigen – allerdings werde das etwa 10 000 Jahre dauern. Zeitlich wesentlich näher war hingegen der G 7-Gipfel auf Schloss Elmau. Dort vereinbarten die G 7-Staaten, die Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2050 um 70 Prozent zu reduzieren. Bis zum Jahr 2100 soll die Weltwirtschaft sogar vollständig dekarbonisiert, das heißt CO2-neutral, arbeiten.

Die Rinderzucht, so Graßl, sei heute die Hauptquelle des Methans. Auch die Düngung leiste dazu einen Beitrag. „Der Bauer, obwohl er es meistens gar nicht weiß, ist einer, der den Treibhauseffekt nach oben treibt.“ Die Erderwärmung bei maximal zwei Grad Celsius zu halten, sein ein anspruchsvolles Ziel. „Das werden wir noch kräftig bremsen müssen, damit das Zwei-Grad-Ziel erreicht werden kann. Ohne Klimaschutz sei mit einer Erwärmung von etwa vier Grad zu rechnen. „Dann wäre aber kein normaler Wald mehr da“, versicherte der Wissenschaftler.

Nachdem der Landkreis Neuburg-Schrobenhausen mit dem Donaumoos ein stattliches Niedermoor beheimatet, ging Graßl auch dessen Bedeutung für den Klimaschutz ein. Durch die Zerstörung der Moore würden nicht nur die Lebensräume vieler Tiere und Pflanzen vernichtet, sondern auch große Mengen klimaschädlicher Gase freigesetzt. Allein aus entwässerten deutschen Mooren entweichen jährlich rund 45 Millionen Tonnen Kohlendioxid. Das seien etwa fünf Prozent der jährlichen Gesamtemissionen in Deutschland und fast 40 Prozent der Emissionen der deutschen Landwirtschaft. Graßl bezog sich mit diesen Zahlen auf Jochen Flasbarth, Staatssekretär im Bundesumweltministerium. Außerdem seien die volkswirtschaftlichen Kosten des Ackerbaus auf entwässerten Moorböden um ein Vielfaches höher als die privaten Gewinne. Der Redner zitierte Bernd Hansjürgens vom Helmtholtz-Zentrum für Umweltforschung. Der war zu dem Schluss gekommen: „Wenn wir zum Beispiel 300 000 Hektar Moorböden in Deutschland wieder vernässen würden, ließen sich volkswirtschaftliche Schäden von 217 Millionen Euro pro Jahr vermeiden.“

Das Donaumoos zumindest in Teilen wieder vernässen, um das Klima zu schützen? Es gibt einige hundert Hektar, die durchaus geeignet wären. Landrat Roland Weigert appellierte in diesem Zusammenhang an die Randgemeinden des Donaumooses, sich dem Zweckverband anzuschließen. Offensichtlich möchte der Landrat das Donaumoos-Entwicklungskonzept wieder aufgreifen. „Dieser Prozess ist völlig eingeschlafen.“ Um ihn wieder in Gang zu bringen, bedarf es einer breiten Basis und vor allem Transparenz und Akzeptanz. „Wahrscheinlich geht das nur über Versilberung“, meinte Hartmut Graßl. Eine Renaturierung der Moore sei natürlich ein guter Beitrag für die biologische Vielfalt, damit etwas für den Klimaschutz zu erreichen, sei hingegen nicht so einfach. „Es wird immer eine Methanemission geben.“