Kleinhohenried
Der Griff zur Fahrkarte nach Berlin

Freie Wähler rechnen sich bei der Bundestagswahl Chancen aus Kandidaten stellen sich vor

01.08.2017 | Stand 02.12.2020, 17:42 Uhr

Eingerahmt von den beiden Kreisvorsitzenden Klaus Brems (l.) und Florian Herold (r.) und flankiert von Landrat Roland Weigert (2.v.l.) präsentierten sich die beiden Bundestagskandidaten der Freien Wähler, Angela Mayr aus Ingolstadt und Robert Weller aus Freising. - Foto: Frank

Kleinhohenried (SZ) Die Freien Wähler im Landkreis Neuburg-Schrobenhausen haben in Kleinhohenried ihre Bundestagskandidaten präsentiert und dabei festgestellt, dass brennende Probleme im Landkreis in letzter Konsequenz auch Bundespolitik sind. Wegen einer Straßenbaustelle war das Haus im Moos nicht ganz einfach zu erreichen, dennoch war der Gastraum der Museumsgaststätte gut gefüllt, als sich die beiden Bundestagskandidaten Angela Mayr (48), Juristin aus Ingolstadt, und der 33-jährige Robert Weller, Polizeibeamter aus Freising, vorstellten.

Zuvor hatte Landrat Roland Weigert gesprochen. Seine Themen: Nationalpark und Kreiskrankenhaus Schrobenhausen. Zu einem möglichen Nationalpark Donau-Auen sagte Weigert: "Ich lehne das Angebot weder ab, noch bete ich es herbei. Aber es ist ein interessantes Angebot, das man genau abwägen muss." Der Landrat wird nicht müde, von einem ergebnisoffenen Prozess zu sprechen und das Vertrauen zu betonen, das er in Horst Seehofer setzt. "Ich bedanke mich bei Ministerpräsident Seehofer, Umweltministerin Scharf sowie dem gesamten Ministerrat für die Möglichkeit, das Naturerbe Donau von Altlandrat Richard Keßler gemeinsam in die Zukunft führen zu können", hatte er schon Mitte Juli erklärt, als es hieß, Rhön und Donau-Auen seien noch im Rennen um den Nationalpark.

Ein drängendes Problem für den Landkreis ist die Krankenhausversorgung. "Wir haben im Jahr 2016 im Kreiskrankenhaus Schrobenhausen ein Defizit von 1,7 Millionen Euro gehabt", erklärte Weigert. "Wir wissen, dass wir unsere Hausaufgaben machen müssen." Doch sind Wohl und Wehe nicht allein vom Landkreis abhängig, wenn es Ziel des Bundes ist, deutschlandweit Hunderte von Häusern zu schließen, und der Hebel dazu der Erlös sei. "Das verursacht bei mir völliges Kopfschütteln", sagte der Landrat, der "für die Bevölkerung das Beste rausholen will". Für ihn kommt ein Tsunami auf den Kreis zu. "Wir können uns nicht dagegen stellen, wir müssen uns ändern." Weigert denkt an die Zusammenarbeit von Landkreis und Stadt Ingolstadt in dieser Sache, "da können wir uns keine 35 Jahre Zeit lassen, wie beim regionalen Gemeinschaftstarif."

Für die Bundestagskandidatin Angela Mayr, die im nördlichen Landkreis, in Eichstätt und Ingolstadt antreten wird, sind die Probleme der kleinen Krankenhäuser "ein klassisches Bundesthema", mit dem man die Kommunen nicht allein lassen dürfe. Die 48-jährige Juristin pocht auf das Konnexitätsprinzip, das heißt, wenn der Bund anschaffe, egal was, dann müsse er auch zahlen. Es sei nicht in Ordnung, wenn durch Bundespolitik die Rücklagen der Bezirke komplett abgeschmolzen seien und die finanzielle Last dann über die Bezirksumlage bei den Kommunen liege. Mayr sprach sich für eine Rentenreform aus. Auch Politiker und Freiberufler müssten in die Rentenkasse einzahlen, damit die Zukunftschance habe. Das Steuerrecht, so Mayr, müsse vereinfacht werden. Beispielsweise gebe es die ursprünglich zur Aufrüstung der kaiserlichen Flotte erhobene Schaumweinsteuer im Gegensatz zur Flotte immer noch. Das sei nicht nachvollziehbar. Die Kandidatin redete mehr Transparenz das Wort. "Der Staat muss gläsern sein, der Bürger nicht."

Ihr Parteikollege Robert Weller aus Freising wird bei den Bundestagswahlen im Süden des Landkreises in sieben Kommunen wählbar sein. Für ihn sind die Freien Wähler bereits eine Volkspartei. Mit 19 Abgeordneten sitzen sie inzwischen im bayerischen Landtag, mit zweien im Europaparlament und hätten eine einheitliche bundesweite Organisation. Im Bundesverband gebe es 280 000 kommunal organisierte Freie Wähler und die Bürgermeister machten kräftig Werbung, um die FW nach Berlin zu bekommen. "Jetzt ist die Zeit für den Bundestag gekommen. Auch dort müssen endlich vernünftiger denkende Leute sitzen", sagte Weller. "Die bürgerliche Mitte ist aus der politischen Landschaft verschwunden. Und das müssen wir korrigieren." Sowohl Weller als auch seine Kollegin Mayr rechnen mit einem Einzug der Freien in den nächsten Bundestag - wenn man sich anstrenge.

Eine, die es in ein Parlament geschafft hat, ist Eva Gottstein aus Eichstätt. Sie berichtete aus dem Landtag, gab Einblicke, wie dort gearbeitet wird und um wie viel schwerer es kleine Fraktionen haben - das beginnt schon bei der reduzierten Redezeit. "Vor absoluten Mehrheiten kann man nur warnen. Das ist ein Teufelszeug", stellte sie fest. Die Freien Wähler dürfte sie aber wohl nicht gemeint haben.