Karlshuld
Vom einfachen Arbeiter zum Firmenbesitzer

Karlshulder Pfadfindergruppe macht einen Ausflug in die Vergangenheit, flieht vor einem Sturm und trifft Israelis und Palästinenser

21.08.2014 | Stand 02.12.2020, 22:19 Uhr

Abwechslung beim Bundeslager der Pfadfinder: Bei einer Wanderung waren Lamas zu beobachten (Foto oben); bei der Eröffnungsfeier wollte jeder möglichst nah an der Bühne sein - Fotos: I. Hammerl

Karlshuld (SZ) „Mit Volldampf in eine neue Zeit“ – unter diesem Motto verbrachten mehr als 4000 Pfadfinder, darunter auch eine Gruppe aus dem Landkreis Neuburg-Schrobenhausen, eine erlebnisreiche Zeit im Bundeslager des Verbandes christlicher Pfadfinderinnen und Pfadfinder (VCP). Für Spannung sorgte nicht nur das Lagerprogramm, sondern auch das Wetter.

Denn aufgrund einer schweren Unwetterwarnung, laut der Sturmböen von 120 Kilometern pro Stunde auf den Zeltplatz treffen sollten, musste der gesamte Zeltplatz geräumt werden. Das Gepäck mussten die Pfadfinder auf dem Zeltplatz lassen, nur mit ihren Isomatten unter dem Arm wurden sie in umliegenden Turnhallen und Schulen untergebracht – für eine Nacht. Am nächsten Morgen kehrten alle guten Mutes zurück, denn sie hatten schon im Vorfeld erfahren, dass sich das Unwetter vor dem Zeltplatz geteilt und ihre Zelte verschont hatte. Grund zur Freude gab es auch, als die für Verkehr und Sicherheit zuständigen Mitarbeiter verkündeten, dass die Duschtemperatur um drei Grad Celsius erhöht worden war, und Süßigkeiten verteilten.

Unter den Teilnehmern an dem deutschlandweiten Lager in der schwäbischen Alb befanden sich auch mehr als 30 Pfadfinder vom Stamm Totila Karlshuld. Während 23 von ihnen am ganz normalen Programm teilnahmen, betrieben die Älteren ein Lagercafé mit Heiß- und Kaltgetränken, Sandwiches und Muffins und sorgten so für Abwechslung im Speiseplan – absolutes Neuland für die Karlshulder Pfadis, das dennoch souverän gemeistert wurde.

Zu Beginn des Lagers gab es während der Eröffnungsveranstaltung ein Rollenspiel, das die Lebensverhältnisse zur Zeit der industriellen Revolution zeigte – zum einen die von einem Geschäftsmann und seiner Tochter Mercedes, zum anderen von einer einfachen Arbeiterfamilie. In ihrem Teillager konnten die Karlshulder dann in einem zweitägigen Spiel die Laufbahn vom einfachen Arbeiter zum Firmenbesitzer nacherleben. Schließlich ging es auf einen Zwei-Tages-Haik, der auch zu der ein oder anderen Sehenswürdigkeit der Region führte, darunter das Pferdegestüt Marbach, die Gedenkstätte der Tötungsanstalt Grafeneck aus der Nazizeit, wo heute wieder wie zuvor ein Behindertenheim untergebracht ist, Wasserfälle und sehenswerte Fachwerkhäuser.

An den nächsten Tagen wurde hart gearbeitet, um alles für den Höhepunkt des Bundeslagers, die Lager-Expo, also Weltausstellung, vorzubereiten. Jedes Teillager stellte die Ergebnisse der vergangenen Woche vor. So konnte man selbst gebaute Modelldampfschiffe bewundern oder eine Flaschenpost, die mittels Druck durch Rohre geschickt wurde.

Der Guinness-Weltrekordversuch, die längste Murmelbahn der Welt zu bauen, durch die eine Kugel aus eigenem Antrieb rollt, musste allerdings aufgrund des schlechten Wetters verschoben werden und konnte erst zwei Tage später erfolgreich absolviert werden. 1900 Meter lang wurde die Bahn – und damit einige hundert Meter länger als die bisherige Rekordbahn.

Am letzten Lagertag spendierte der Stamm seinen Sipplingen noch einen eineinhalb Stunden langen Aufenthalt in der sogenannten Dampfmaschin', in der sie einen beheizten Pool sowie eine Sauna, in der zeitgleich Brot gebacken wurde, vorfanden. Am Abend fand dann noch der Lagerabschluss statt, bei dem wieder der bereits bekannte Geschäftsmann mit seiner Tochter Mercedes auftauchte, zudem ein Wissenschaftler in dessen Diensten. In dem Gespräch der beiden Herren drehte sich alles um den Konflikt zwischen Wissenschaft und Wirtschaft, der letztlich nicht zu lösen ist.

Nach neun aufregenden Tagen mit internationalen Kontakten zu Pfadfindern aus Australien, England, Katalonien und Österreich sowie Israelis und Palästinensern ging es dann wieder heimwärts.