Karlshuld
Eine florierende Gemeinschaft

Die evangelische Christuskirche in Karlshuld feiert ihre 170-jähriges Bestehen

19.10.2017 | Stand 02.12.2020, 17:20 Uhr

Einen Blick in die Chronik warfen viele Kirchenbesucher während des Stehempfangs, der sich an den Festgottesdienst anschloss (l.). Großen Spaß beim Knüpfen des Netzes hatten nicht nur die Kinder, die mit Pfarrer Johannes Späth vor dem Altar das Werk begannen, sondern auch die Kirchenbesucher einschließlich Ehrengäste. - Fotos: Hammerl

Karlshuld (ahl) Eifrig knüpften die Kirchenbesucher ein Netz aus Wollfäden - symbolisch für das Netzwerk der Gemeinschaft im Donaumoos. "Es hat lang gedauert, bis es sich im Moos gut leben ließ", sagte Pfarrer Johannes Späth in seiner Predigt zum 170-jährigen Jubiläum der evangelischen Christuskirche.

Schnell hätten die Menschen gemerkt, dass es sich hier nur überleben ließe, wenn sie zusammenhielten, weshalb sie sich ein funktionierendes Netzwerk aufbauten. Von Zeit zu Zeit sei es brüchig geworden, erinnerte Späth an jene Phase, als der katholische Pfarrer Johann Georg Lutz seine eigene kleine Reformation und Gegenreformation in Karlshuld ausgelöst hatte, als er 1832 aus Protest gegen seine drohende Versetzung zur protestantischen Kirche übertrat und mit ihm fast die Hälfte seiner Gemeindeglieder konvertierten. Ein halbes Jahr später trat Lutz wieder zum katholischen Glauben über, weil sich seine Hoffnung, evangelischer Pfarrer im Donaumoos zu werden, nicht erfüllt hatte. Und wieder folgten ihm viele der Konvertiten. Wie sich das genau zugetragen hatte, konnten Interessierte in der Chronik nachgelesen, die auf zwei Stellwände im Chorraum einzusehen war.

"Aus der armen, kleinen Moosgemeinde ist mittlerweile eine florierende Gemeinschaft geworden", fuhr Späth fort, "jetzt ist es umgekehrt - Städter suchen Zuflucht unter dem funktionierenden Netz auf dem Land". In Karlshuld werde ein feines Netz, das alle zusammenhalte, durch zahlreiche Gruppen und Vereinen gebildet, lobte der Pfarrer und ließ Wollfäden im Kirchenschiff und auf der Empore verteilen, um dieses Netzwerk sichtbar zu machen, dass seit 1847 auch an und in der evangelischen Kirche gesponnen werde. Groß und Klein, vom jüngsten Kirchenbesucher bis zum Bürgermeister und seinen Gemeinderäten, machten sich flugs daran, aus den kurzen Fäden ein großes Netz zu knüpfen, das sogar Empore und Kirchenschiff miteinander verband.

Ein Stehempfang in der Kirche schloss sich dem Festgottesdienst an und gab den zahlreichen Besuchern Gelegenheit, miteinander ins Gespräch zu kommen, die Chronik zu lesen oder sich auf eine von Susanne Brummer vorbereitete Kirchenrallye zu begeben. Zu den Aufgaben gehörte unter anderem, die Fenster des Kirchenraumes und die Querbänke zählen, zu notieren, wen die drei Altarbilder darstellen und wo der Herrenhuter Stern hängt.

Vor dem Altar hatte Mesnerin Gerda Jung alte Kirchenbücher ausgestellt, darunter eine Bibel von 1824, eine Sammlung evangelischer Predigten aus dem Jahr 1837, eine "Kirchenordnung der Evangelischen Oettingischen Kirchen" aus dem Jahr 1773 und das "Bekenntniß der christlichen Wahrheit, wie solche in der Pfarrei Karlshuld auf dem Donaumoos erkannt und geglaubt wird" von Pfarrer Lutz aus dem Jahr 1832.