Karlshuld
"Ausfahrt freihalten" im Schlosshof

Franken-Kaberettist Michl Müller erfreut seine Fans mit einem Rundumschlag

16.07.2017 | Stand 02.12.2020, 17:47 Uhr

Michl Müller, der fränkische "Dreggsagg", begeisterte mit seinem Rundumschlag über Politik und Gesellschaft rund 700 Zuschauer im Neuburger Schlosshof. - Fotos: ahl

Karlshuld (ahl) Er freut sich schon auf Pickerl mit Seehofer-Konterfei, die "Alexander Dobrindt, die Menschgewordene Wegfahrsperre" zu verdanken seien. Michl Müller, der fränkische Dreggsagg ist immer noch mit "Ausfahrt freihalten" unterwegs, kommt aber auch bei denen gut an, die das nun schon drei Jahre alte Programm kennen.

Denn nichts bleibt, wie es war, der Kabarettist aktualisiert ständig und so ist es am Samstagabend im Neuburger Schlosshof eher Kanzlerin Angela Merkel als Ministerpräsident Horst Seehofer, die ihr Fett wegbekommt. Ihre Medikamente seien wohl nicht richtig eingestellt, mittlerweile komme sie daher wie die Augsburger Puppenkiste, spottet er. Dennoch laufe es super für die Kanzlerin. "Wahlkampf muss sie nicht machen, dafür hat sie die zwei Peter - Altmaier und Tauber, der mit dem Charme einer Raufasertapete", fährt Müller fort. Und ihr größter Kritiker, Helmut Kohl, sei tot. "Der hat uns alles eingebrockt hat, Europa, den Euro und die Merkel", sagt er, um sich gleich darauf zu verbessern, Letzteres sei Bundespräsident Roman Herzog zu verdanken, der einen Ruck durchs Land gefordert hatte.

Da hätten die Wähler wohl Rock verstanden. Und jetzt? "Haben wir Merkel, und die trägt Hosenröcke". Dass alle Frauen auf Emmanuel Macron abfahren, versteht er nicht, schließlich "hat der seine Lehrerin geheiratet - wenn ich da an meine Schulzeit denke, das wär das Letzte gewesen....".

Ehe für alle? Findet Müller super, obwohl es "wie eine Drohung klingt - ich wollte Single bleiben". Brexit? Tut ihm nicht weh, "wer mag schon Fisch und Chips oder gar After Eight? Die Pfefferminz-Schoko-Blättchen gehören ebenso wie Techniker, Tupper- oder Dildopartys, militante Rentner, Brieftaubenzüchter und das Café Latte, in dem er mit seinen Freunden Frank und Holger ("man muss zufrieden sein") Stammgast ist, zu den Running-gags seines dreistündigen Großangriffs auf die Lachmuskeln.

Die Gesellschaft, die "Flusskreuzfahrten von Neuburg nach Weichering mit Landgang in Weichering", SUV-Mütter auf dem Spielplatz und Englischunterricht in der Kita braucht, dazu Politiker wie Toni Hofreiter, den "Ersatz-Jesus von Sauerlach", oder das Haubitzenröschen Ursula von der Leyen hat, gibt natürlich jede Menge Ansatzpunkte für Protest, also kündigt Müller immer wieder Protestsongs an. Solche à la Andrea Berg, was dann so klingt: "Ich werde nie ein Schmetterling, bin eine Raupe, ein Engerling".

Dann versucht er sich am Protest-Reggae oder beantwortet die Frage "Weißt du, warum ich bei dir bleibe" mit "Du hast eine Ingwerreibe aus Porzellan". Sein Publikum geht von Anfang an gut mit und verzeiht natürlich, wenn er augenzwinkernd einräumt: "Okay, war wieder kein Protestsong".

Mitklatschen ist angesagt bei seinen Liedern und am Ende belohnt Michl Müller die Fans im Neuburger Schlosshof mit zwei großen Zugaben, darunter einem Potpourri seiner fünf größten Erfolgssongs, vom "Vollwärmeschutz der Liebe" bis zur "Fleischereifachverkäuferin".