Jetzendorf
"Die Welt ist aus den Fugen"

Jetzendorfer Bürgerversammlung dreht sich ums Thema Asylbewerber – Gemeinde sucht noch Unterkünfte

29.10.2014 | Stand 02.12.2020, 22:03 Uhr

Bürgermeister Manfred Betzin hat bei der Bürgerversammlung an die Jetzendorfer appelliert, an einem Strang zu ziehen was die Unterbringung von Asylbewerbern betrifft. Derzeit sucht die Gemeinde noch nach Alternativen zu Wohncontainern - Foto: Hartmuth

Jetzendorf (SZ) Einen Besucherrekord mit rund 200 Bürgern und kräftigen Applaus verbuchte Bürgermeister Manfred Betzin (CSU) bei seiner ersten Bürgerversammlung in Jetzendorf. Im Mittelpunkt stand vor allem das Thema Asylbewerber.

Neben Berichten zur aktuellen Gemeindepolitik verfolgten die Zuhörer im dicht besetzten Saal die Ausführungen von Landrat Martin Wolf (CSU), der über die Asylbewerber-Situation im Landkreis Pfaffenhofen berichtete. „Wir sind eine der fünf Gemeinden im Landkreis, die bisher keine Asylbewerber untergebracht hat“, informierte Betzin. Er habe alle Möglichkeiten durchleuchtet, Unterkünfte im Ort zu finden. Auch das leer stehende Schloss komme nicht in Frage, da derzeit große Umbaumaßnahmen zur Errichtung von Wohnungen anstünden, wie er auf Nachfrage unserer Zeitung erklärte. Deshalb müsse die Gemeinde ein Gelände für Wohncontainer anbieten. Geeignet wäre das Areal beim Bauhof. Da kleinere Unterkünfte besser wären, suche die Gemeinde immer noch nach anderen Möglichkeiten.

Betzin bat die Bürger, um „einen vernünftigen Umgang“ mit dem Thema. Die Gemeinde werde es in jedem Fall transparent behandeln. Sehr erfreulich sei zudem, dass bereits viele Bürger ihre Hilfe angeboten hätten. Für das Verständnis für die schwierige Lage bedankte sich Landrat Wolf. Leider seien nicht alle Gemeinden so kooperativ. „Die Welt ist aus den Fugen – und ein Ende ist nicht absehbar“, so Wolf. Bis zu 230 000 Flüchtlinge würden heuer in Deutschland erwartet – in Bayern etwa 30 000 Menschen. Im Landkreis seien derzeit 400 Asylbewerber untergebracht. 300 würden pro Jahr dazu kommen. Wolf plädierte für eine dezentrale Lösung, bei der die Flüchtlinge auf alle 19 Gemeinden verteilt werden sollen. Derzeit gebe es 35 dezentrale Unterkünfte. Eine Reserve von 60 Plätzen habe er noch, was für die nächsten sechs Wochen ausreiche. Weitere leere Wohnungen oder Häuser würden dringend gebraucht. Der Staat zahle den Vermietern die ortsübliche Miete. Der Landkreis ist auch für den Notfall gerüstet, dass plötzlich 200 bis 300 Flüchtlinge kommen: Zwei Gebäude auf dem Militärgelände bei Oberstimm sollen bis Ende November bezugsfertig sein. Dort könnten 160 Menschen untergebracht werden. In den Mannschaftsunterkünften der ehemaligen Patriotstellung bei Geisenfeld könnten weitere 100 bis 200 Leute wohnen. Laut Wolf müsste man daher noch nicht auf Turnhallen zurückgreifen. „Wir müssen uns alle mit der Frage offen beschäftigen und mit christlichem Gedanken ist dieses Problem auch lösbar“, betonte Wolf. Für Jetzendorf seien 30 Leute verkraftbar, ohne dass das dörfliche Leben beeinträchtigt werde. Das entspräche einem Prozent der Gemeinde mit knapp 3000 Einwohnern. Wann Asylbewerber nach Jetzendorf kommen, sei noch offen.

Aus der Runde der Bürger wurde angeregt, dass zuerst kirchliche Einrichtungen wie Pfarrhöfe als Unterkünfte überprüft werden sollten. Laut Wolf gibt es „eine enge Partnerschaft mit allen Kirchen“. Die Diözese habe schon 700 Plätze bereitgestellt, berichtete Dekan Konrad Eder. Und auch die Caritas sei stark eingebunden in die Betreuung der Asylbewerber.

Sorgen um den Sportbetrieb in der Turnhalle machte sich Günther Fleischhauer, falls kein Stellplatz für Wohncontainer in Jetzendorf zur Verfügung gestellt würde. Bisher seien nur landkreiseigene Turnhallen betroffen, erwiderte Wolf. „Wir müssen hier alle an einem Strang ziehen“, stimmte Betzin unter dem Beifall der Bürger alle auf eine gemeinsame Lösung ein.