Hohenwart
"Ich muss hier raus"

Lis Hofmann hält es im Container in Hohenwart nicht mehr aus

03.08.2015 | Stand 02.12.2020, 20:57 Uhr

Wollen nicht mehr im Container wohnen: Lis Hofmann und ihr 15-jähriger Sohn würden lieber in einem Altbau leben als in dem Container neben der Hohenwarter Kläranlage - Foto: De Pascale

Hohenwart (udp/jsp) Dass es keine Optimallösung ist, darin sind sich alle Beteiligten einig: Um nicht auf der Straße leben zu müssen, wohnt Lis Hofmann seit fast einem Jahr in zwei Wohncontainern, die ihr die Gemeinde Hohenwart zur Verfügung stellt. Gerade jetzt in den Sommermonaten sei das ein unhaltbarer Zustand, findet nicht nur sie.

Es ist wie so oft ein Teufelskreis: Lis Hofmann trennt sich von ihrem Ehepartner, leidet unter psychischen Problemen, bekommt Medikamente und ist vom Amtsarzt krankgeschrieben, es kommt zur Räumungsklage. Die Gemeinde quartiert die Hartz-IV-Empfängerin gemeinsam mit ihrem 15-jährigen Sohn in Container ein, wenige Meter von der Kläranlage entfernt, weshalb die Bewohner – gerade jetzt in den Sommermonaten – über Geruchsbelästigungen klagen. Auch finden sie wegen der Hitze – gestern zeigte das Thermometer 31,5 Grad an – kaum Schlaf. 29 Quadratmeter stehen den beiden und ihren Tieren – die 52-Jährige hat zwei Hunde und mittlerweile vier Katzen, davon ist ihr eine gerade erst zugelaufen – zur Verfügung. Aus Platzmangel müsse sie sich ein Bett mit ihrem Sohn teilen, ärgert sich Hofmann.

„Ich muss hier raus, sonst drehe ich noch durch“, sagt die gelernte Verkäuferin, die vor 15 Jahren nach Hohenwart kam. Sie brauche unbedingt eine Wohnung, sagt sie.

Ein unmöglicher Zustand, findet auch Jürgen Franke, der gerade den Verein „Hartz IV Betroffene Bayern“ gründet. „Anstatt 30 000 Euro für die Container auszugeben, hätte die Gemeinde eine freie Wohnung anmieten können.“ Doch dazu fehle es seines Erachtens nach am Willen. Mit Hohenwarts Bürgermeister Manfred Russer geht Franke hart ins Gericht: Dass Russer nicht wusste, dass der Sohn auch mit in den Container ziehe, sei „schlichtweg eine Lüge“. Denn das stehe bereits im ersten Nutzungsvertrag, so Franke. „Entweder, er weiß, was er unterschreibt, ansonsten ist er als Bürgermeister fehl am Platz.“

Er meine sich zu erinnern, dass zunächst nur die Rede davon war, dass Hofmann alleine einziehe, verteidigt sich Russer. Dennoch: Der Schlafraum sei ja für zwei Personen geeignet. „Laut Aussage unserer Verwaltung haben wir das mit dem Sozialamt Pfaffenhofen geprüft“, so Russer. Allerdings sei das zweite Bett mit allen möglichen Dingen belegt. Überhaupt sei im Container nicht aufgeräumt. Das sei ihm bei einer Besichtigung des Containers – „Frau Hofmann hat mir gestattet, den Container zu betreten“ –, aufgefallen, berichtet Russer. Dass die Gemeinde Hofmann in einem Container unterbringen müsse, „mag aus sozialen Gesichtspunkten nicht das Beste sein“, gibt Russer zu. Dennoch: „Wenn man ein klein bisschen Ordnung hält, dann ist das durchaus eine vorübergehende passable Möglichkeit zu wohnen.“ Gerade auch Russers Besuch erzürnt Franke: Dem Bürgermeister sei es bei der gemeinsamen Ortsbesichtigung nur darum gegangen, wie es in dem Container aussieht, „dass die Frau weder Telefon-, noch Fernseh- und Rundfunkanschluss hat, das hat ihn überhaupt nicht interessiert.“

In Hohenwart gebe es ein Haus der Gemeinde, das mit Sozialfällen voll belegt sei, erklärt Russer, weshalb er derzeit keine andere Lösung für Lis Hofmann und ihren Sohn sieht. „Weitere Möglichkeiten haben wir im Moment einfach nicht.“ Trotzdem sei das Ziel, alle Obdachlosen in Wohnungen unterzubringen. Dazu brauche die Gemeinde jedoch Zeit, unter anderem für die dazu nötigen Umstrukturierungen. Auch Förderprogramme wolle er prüfen, versichert Russer.

Für Lis Hofmann und ihren Sohn wird sich in den nächsten zwei Jahren wohl kaum eine andere Lösung ergeben, als weiterhin in den Containern bei der Kläranlage zu wohnen. Im Gegenteil: Eventuell müsse die Gemeinde Hohenwart den Containerstandort sogar noch erweitern, erklärt Russer, denn in der dritten Augustwoche kündige sich der Gemeinde ein zusätzlicher Obdachlosenfall an. Die Vorbereitungen zur Erweiterung des Standorts seien bereits getroffen worden, so Russer – und dafür immerhin zwischen 30 000 und 40 000 Euro ausgegeben worden.