Hohenwart
Ein Hosianna auf Hohenwart

"Ich stehe hier wie der Engel Aloisius": Russer wird bei der Bürgerversammlung zum Alleinunterhalter

26.02.2015 | Stand 02.12.2020, 21:36 Uhr

Wo jetzt noch Spargelfolien in der Sonne glänzen, sollen demnächst Häuser gebaut werden können. Die Gemeinde Hohenwart will mit dem Bebauungsplan Kerschberg II hinter dem Friedhof und unter dem Klosterberg 60 Grundstücke ausweisen - Fotos: De Pascale

Hohenwart (SZ) Eine für alle: Erstmals fand in Hohenwart eine einzige Bürgerversammlung für sämtliche Gemeindeteile statt. Nur etwa 70 Zuhörer interessierten sich am Mittwochabend dafür, was Bürgermeister Manfred Russer ihnen zu sagen hatte. Und Fragen gab es auch nicht viele.

Ob ein Mikrofon nötig sei, wollte Russer eingangs herausfinden: „Verstehen Sie mich – oder besser: Hören Sie mich? Ob Sie mich verstehen, wird sich noch herausstellen . . .“ Die Versammlung sei übrigens „ein Novum“, so Russer, denn erstmals habe man sich dazu entschlossen, lediglich eine zentrale Veranstaltung für sämtliche Gemeindeteile anzubieten. Am Ende der Versammlung sollte Russer feststellen, dass auch tatsächlich aus allen Gemeindeteilen Bürger gekommen waren. Rückendeckung gab es für den Bürgermeister von vielen Gemeinderäten, sogar ein paar ehemalige entdeckte er in den Reihen der Zuhörerschaft.

Sie alle bekamen erst mal einen rund zweistündigen Vortrag zu hören, in dem Russer ausführlich über Themen wie Finanzen, Personalentwicklung, Soziales oder Energiewende referierte. Letztere sei in Hohenwart „mehr oder weniger vollzogen“, so Russer – auch, weil man sich bereits sehr früh, im Jahr 2010, mit der Windkraftplanung auf den Weg gemacht habe.

Bezüglich der Bevölkerungsentwicklung (Stand 30. Juni 2014: 4495 Einwohner) merkte Russer an, dass der demografische Wandel auch vor Hohenwart nicht haltmache, dass also auch hier die Zahl der jüngeren Bürger rückläufig sei, während die der älteren kontinuierlich steige. Begegnen wolle er dem durch die Ausweisung neuer Baugebiete, um junge Leute in Hohenwart halten beziehungsweise neue Familien zum Ansiedeln bewegen zu können, erklärte Russer. Mitte 2016 werde man mit den Erschließungsarbeiten für Kerschberg II – geplant sind 60 Parzellen – beginnen, hofft Russer. „Meine Zielsetzung ist, dass wir bis Ende März alles unter Dach und Fach haben, um in die Planungsphase einsteigen zu können.“ Für diejenigen, die Baugrundstücke beantragt haben, werde es voraussichtlich Ende April, Anfang Mai eine Informationsveranstaltung geben. „Bei dem Baugebiet wird die Marktgemeinde Eigentümer der gesamten Fläche werden und sie auch vermarkten“, verkündete Russer.

Finanziell habe die Gemeinde derzeit zwar nicht allzu viel Spielraum, „dennoch sind wir in der Lage, zu investieren“, sagte Russer, auch der rund 3,5 Millionen Euro starken Rücklage wegen. Der Schuldenstand pro Einwohner betrage 175 Euro – „da sind wir im sehr, sehr grünen Bereich“. Dennoch stünden Investitionen an, die diese Zahl in absehbarer Zeit verändern würden. Und auch das könnte sich negativ für die Gemeinde auswirken: Sollte die von Brunnen beantragte Schulsprengeländerung umgesetzt werden, sei die Zweizügigkeit in der Hohenwarter Grundschule gefährdet, befürchtet Russer. Bezüglich des Schulgebäudes gehe es allmählich in die Entscheidungsphase: Neubau oder Sanierung. Beides sei in etwa gleich teuer, so Russer. „Selbst wenn ein Neubau ein bis zwei Millionen Euro mehr kostet, wäre mir der lieber“, vor allem, weil man dann die Möglichkeit habe, energetische Gesichtspunkte besser berücksichtigen und das Gebäude barrierefrei gestalten zu können sowie eine Dreifachturnhalle zu bekommen.

Auch von den derzeit 27 in Hohenwart lebenden Asylbewerbern erzählte Russer. Einige seien bereits in Beschäftigungsverhältnissen, für andere liefen derzeit Verhandlungen über Ausbildungsplätze. „Einige der Asylbewerber sprechen mittlerweile gut Deutsch“, so Russer. „Mentalitätsmäßig sehe ich keinen Unterschied zu uns. Wir konnten sie gut integrieren.“

Und Russer arbeitete noch viele weitere Punkte ab: Insgesamt 15 Jugendliche habe die Freiwillige Feuerwehr akquirieren können, die Frage sei nun, ob diese die Mannschaft der 303 Aktiven auch langfristig unterstützen werden. Etwa 60 Vereine gebe es im Gemeindebereich, so Russer weiter. Musikalisch habe man mit Jugendmarktkapelle, Marktkapelle, Musebuam oder Männergesangverein gleich mehrere Highlights in den Reihen. Bezüglich der Bauhof-Auslagerung zeichne sich „nach zähen Verhandlungen“ eine Standortlösung ab, der Recyclinghof allerdings werde am jetzigen Ort bleiben.

Im Bereich Kindergärten und -krippen strebe man eventuell eine Kooperation mit anderen Gemeinden an. Und der anfangs belächelte Wohnmobilstellplatz erfreue sich zunehmender Beliebtheit. Auch der Rufbus werde genutzt. Nach derzeitigem Stand werde das Projekt auch nach der Pilotphase beibehalten, sogar eine Route nach Pfaffenhofen sowie ein Bürgerbus, der Menschen aus den Ortsteilen nach Hohenwart bringt, seien angedacht. Beim Thema Verkehrsüberwachung sei erkennbar, dass die Zahl der Überschreitungen rückläufig sei, „das war ja auch die Zielsetzung bei der Einführung der kommunalen Verkehrsüberwachung“, sagte der Bürgermeister. Hohenwart verfüge übrigens über „ein positives Pendlersaldo“, berichtete er weiter, will heißen: Mit 1366 Personen gebe es mehr Einpendler als Auspendler (1322).

Gegen Ende seiner Ausführungen unternahm der Hohenwarter Bürgermeister noch einen kleinen Ausblick in die Zukunft: So stehen im Rathaus personelle Änderungen bevor. Gleich mehrere Mitarbeiter werden in nächster Zeit in Ruhestand gehen. Humorig, wie er die Veranstaltung begonnen hatte, beendete sie Russer auch: „Ich stehe hier oben ja wie der Engel Aloisius“, kommentierte er seinen Platz auf der Empore im Metzgerbräu – um sich dann auch gleich hinabzubegeben zu seinem Publikum.