Hohenwart
Das wird nicht billig

Manfred Russer gab bei seinem 60. Geburtstag teure Versprechen ab

16.04.2015 | Stand 02.12.2020, 21:25 Uhr

 

Hohenwart (SZ) Eigentlich hatte er sich ja davonstehlen wollen: Manfred Russer feierte seinen 60. Geburtstag mit seiner Frau irgendwo in Italien. Wo genau, das scheint ein Staatsgeheimnis zu sein, nichts Genaues weiß jedenfalls niemand. Sizilien, sagen die einen. Eine Kreuzfahrt, sagen die anderen. Einen offiziellen Empfang gab es jetzt doch noch. Der könnte Nachwirkungen haben, die für den Hohenwarter Bürgermeister nicht billig werden.

Bei einem 60er sei es einfach nicht möglich auszuweichen, sagte ihm Pfaffenhofens Landrat Martin Wolf, der gestern ebenso wie sein Neuburg-Schrobenhausener Kollege Roland Weigert der nachträglichen Geburtstagsfeier den Vorzug vor dem Spargelanstich in München gab.

Man konnte Russer ansehen, dass er sich durchaus gerne in sein Schicksal fügte. Zwei Stunden lang zollten ihm Weggefährten, Kollegen, Mitarbeiter für seine bisherige Lebensleistung Respekt. Russer sei ein ausgewiesener Verwaltungs- und Finanzfachmann, der zugleich nah bei den Menschen sei, lobte Wolf. Er suche das Verbindende, nicht das Trennende. Dabei sei Russer nicht Everybody’s Darling. Wolf: „Wer durchsetzungsstark ist, kann das nicht sein.“ Dass er in Hohenwart bei Wahlen keine Gegenkandidaten habe, sei ein untrügliches Zeichen, dass er seine Arbeit sehr gut mache. „In Hohenwart wird der Bürgermeister nicht gewählt, sondern inthronisiert“, ergänzte Schweitenkirchens Bürgermeister Albert Vogler.

Es war ein rauschender Donnerstagvormittag. Locker 150 Gäste, darunter Fahnenabordnungen der Vereine, Eberhard Ade mit Musikerkollegen, und natürlich eine Gruppe von Kindergartenkindern, die ein Geburtstagslied einstudiert hatten. Russers Idee, allen ein Eis zu zahlen, fanden sie ziemlich gut.

Dann kamen Schulkinder. „Wisst’s was, der Grundschule zahl ich auch ein Eis“, sagte Russer nach der Darbietung gerührt. Die Formulierung ließ jedenfalls eine Hintertür offen. Ein Eis für die Schule? Oder ein Eis für jeden Schüler? Oder ein Eis für jeden Sänger? Man kennt das ja, von Politikern, dass sie gerne mal Raum für Interpretationen lassen. Als Kämmerer Felix Kluck zu einem Grußwort anhob, lud der jedenfalls die gesamte Belegschaft gleich selbst zu Eis für alle auf Russers Kosten ein. Entwaffnend.

Wie immer bei solchen Anlässen erfährt man einiges über den Jubilar. Seit Juni 1995 ist Russer Bürgermeister. Über das Amt hinaus engagierte er sich immer auch in vielen Vereinen, beim TSV hatte er schon so ziemlich jede Position inne, die es gibt, wie Vorsitzender Johann Burghardt berichtete. Nicht nur bei der Gründung der Marktkapelle und des Regens-Wagner-Fördervereins hatte er die Finger im Spiel, wie Vizebürgermeister Thomas Reis einflocht. Und seinen Diredare-Stammtisch schätze er ebenso wie das Theaterspiel und Wandern.

Der Reigen der Grußworte ging weiter und weiter. Regens-Wagner-Chef Willi Käser. Gemeindekämmerer Erich Petz. Der frühere Gemeindepfarrer Reinhold Gumbiller. Landrat Weigert schließlich. Ein Grenzgänger sei Russer, sagte er, wegen der landkreisübergreifenden Kooperation in der LAG Donaumoos – und weil er ja aus dem Donaumoos sei, der Hohenwarter Bürgermeister.

Ehe es Weißwurst gab, ergriff Manfred Russer selbst noch das Wort. Er dankte allen aufs Herzlichste, er dankte der Regens-Wagner-Provinzialoberin Schwester Michaela Speckner, die extra angereist war: „Wir haben einiges zusammen bewegt“, sagte Russer, da nickte sie heftig. „Ich hatte Glück“, resümierte Russer in einem Moment des Innehaltens, er erinnerte an seine Kindheit mit vier Geschwistern in einfachen Verhältnissen. In dieser Stunde dachte er an einen Mann, der diesen runden Geburtstag nicht mehr erlebte: sein Amtsvorgänger Ludwig Ade. „Wer weiß“, sagte er, „ob ich ohne ihn heute Bürgermeister wäre“. Ansonsten wolle er sich an die Regel halten, die Thomas Reis vorgegeben habe: „Jetzt mach mer noch 30 Jahre, danach tun wir, was wir wollen.“ Ach ja, und das mit dem Eis, das wird noch zu klären sein.