Hohenwart
Nur noch ein Job fehlt zum Glück in der neuen Heimat

Schlechte Busanbindung schränkt für in Hohenwart lebende Afghanen die Möglichkeiten ein

02.02.2017 | Stand 02.12.2020, 18:42 Uhr

Hohenwart (SZ) Sie alle haben ein Ziel: Eine feste Stelle oder einen Ausbildungsplatz hier in Deutschland finden. Die Suche danach gestaltet sich schwierig, trotzdem kommt eine Sache für die fünf Afghanen, die in Hohenwart leben, überhaupt nicht infrage: Aufgeben!

Die fünf jungen Männer haben sich bisher mit viel Durchhaltevermögen und Ehrgeiz durchgekämpft, um sich in Deutschland zu integrieren. Vier von ihnen haben das Berufliche Fortbildungszentrum der Bayerischen Wirtschaft (BFZ) in Ingolstadt besucht und an Bayern-Turbo teilgenommen. Bayern-Turbo, das ist ein Projekt für besonders gut vorqualifizierte jugendliche Flüchtlinge und Asylbewerber mit hoher Bleibewahrscheinlichkeit. Das Programm beinhaltet Sprachförderung, Kompetenzfeststellung, Berufsorientierung, Ausbildungsvorbereitung, Qualifizierung, Praktika und Begleitung.

Naseer ist einer der fünf Afghanen, die auf Arbeitssuche sind: "Das Bayern-Turbo-Programm war wie ein Integrationskurs. Wir haben sehr viel über die Deutsche Geschichte gelernt und über die Kultur", erzählt der 24-Jährige. Zudem wurden die Afghanen darauf vorbereitet, wie in Deutschland eine Ausbildung abläuft und generell der Alltag gemeistert wird.

Koordinatorin des Asylhelferkreises in Hohenwart ist Silvia Stark. Sie kümmert sich intensiv um die Afghanen, motiviert sie immer wieder, weiterzumachen und nicht den Kopf in den Sand zu stecken. Die Afghanen möchten endlich arbeiten und eigenes Geld verdienen. Die vier, die bis Januar das BFZ in Ingolstadt besucht haben, würden am liebsten von Februar bis August einer Tätigkeit nachgehen und dann ab September eine Ausbildung anfangen. Das Schlimmste wäre für sie, keine Arbeit zu finden: "Ich möchte nicht zu Hause sitzen ohne eine Arbeit", sagt auch Naseer. Sie alle möchten am liebsten sofort anfangen.

Ein großes Problem gibt es allerdings in Hohenwart, das weiß auch Silvia Stark: die schlechte Busverbindung. Einige Jobangebote kommen nicht infrage, weil der Bus von Hohenwart nach Schrobenhausen erst um 6.30 Uhr fährt. Stellen, die in Hohenwart oder mit dem Fahrrad erreichbar sind, wären daher ideal - oder eben Angebote, die mit dem Busfahrplan nach Pfaffenhofen oder Schrobenhausen vereinbar sind. Die Afghanen haben hart daran gearbeitet, sich in ihrer neuen Heimat zu integrieren, nun fehlt ihnen nur noch der letzte Schritt, um in Deutschland komplett angekommen zu sein: eine Arbeit.

Ein weiteres Anliegen hat Silvia Stark noch: Die Familie Agha lebt seit drei Jahren in Deutschland. Mutter Wafa, Vater Pashtun, die sieben Jahre alte Naila, die fünfjährige Muntaha und der zwei Jahre alte Mohammad sind anerkannte Flüchtlinge. Der Vater ist seit zwei Jahren Gärtner in Hohenwart, sie alle sprechen mittlerweile gut Deutsch und haben sich integriert. Da nun noch die Oma Fahima Mohsini mit in die Zweizimmerwohnung gezogen ist, wird es dort zu sechst auf Dauer etwas eng. Silvia Stark ist daher auf der Suche nach einer größeren Wohnung oder einem Haus für die Familie.

Wer mit einem Job für die fünf jungen Afghanen oder einer Wohnung für Familie Agha helfen kann, wird gebeten, sich direkt an Silvia Stark zu wenden, unter der Telefonnummer (08443) 15 57 oder per E-Mail an silvia.stark1@gmx.de.
 

Sie suchen eine Arbeit


Hamid (22) – „Ich möchte Menschen helfen“, sagt Hamid. Er könnte sich gut vorstellen, im sozialen Bereich zu arbeiten oder eine Ausbildung zu absolvieren, zum Beispiel als Sanitäter oder Rettungsassistent. Der junge Afghane hat ein abgeschlossenes Studium in den Fächern Mathematik und Pharmazie. Zwei Jahre lang hat er in Kabul an einer Schule als Mathematiklehrer gearbeitet. Er hat das BFZ in Ingolstadt besucht und Deutsch gelernt. Nun ist er bereit, wieder ins Berufsleben zu starten.

Naseer (24) – Der junge Afghane möchte endlich zeigen, was in ihm steckt. Naseer hat in Afghanistan sein Abitur gemacht und zwei Jahre lang Rechtswissenschaft studiert, bis er sein Studium abbrechen musste. Für Fremdsprachen hat der junge Mann ein Talent, er spricht vier verschiedene Sprachen, darunter Englisch fließend, Persisch und Pashto. Nachdem Naseer das BFZ in Ingolstadt besucht und dreimal die Woche einen Deutschkurs belegt hat, spricht er richtig gut Deutsch. Sich auf Deutsch zu unterhalten, ist für ihn kein Problem. Wenn seine Kollegen etwas nicht verstehen, übernimmt Naseer kurzerhand die Übersetzung. Nun wünscht sich der Afghane, endlich eine Arbeit zu finden. Am liebsten würde er ab September eine Ausbildung zum Bürokaufmann absolvieren oder in die Richtung Büromanagement gehen. Er hat Grundkenntnisse in Word, PowerPoint, Excel und Adobe Photoshop und kann im Zehnfingersystem schreiben – am Computer ist Naseer also fit. Der Afghane ist aber auch offen für Neues, zum Beispiel kann er sich gut vorstellen, im Bereich Lagerlogistik zu arbeiten oder in der Orthopädie. Vor Kurzem hat er ein Praktikum in einem Sanitätshaus absolviert, das ihm gefallen hat.

Raihan (20) – Der junge Afghane (beim Fototermin der SZ war er verhindert) ist ehrgeizig und möchte unbedingt arbeiten. Deshalb hat er auch die Berufsschule für Flüchtlinge in Pfaffenhofen und das BFZ in Ingolstadt besucht. Außerdem hat Raihan bereits diverse Praktika in Deutschland absolviert. Er war Praktikant bei Edeka, bei Pickl Automobile und bei der Norma in Hohenwart. Raihan könnte sich gut vorstellen, eine Ausbildung zum Verkäufer oder Kfz-Mechaniker zu machen. In Afghanistan hat er bei seinen Eltern in der Landwirtschaft gearbeitet. Er spricht gut Deutsch. In seiner Freizeit macht er Sport und liest Bücher. Raihan würde sich über ein Jobangebot oder einen Ausbildungsplatz sehr freuen – den nötigen Biss bringt er auf jeden Fall mit.

Jahangir (26) – Wenn Jahangir nicht fliehen hätte müssen, wäre er jetzt wahrscheinlich Jurist. In Kabul hat er sein Abitur gemacht, Rechts- und Politikwissenschaften studiert und sich auf die Fächer Diplomatik und Management spezialisiert. Er hat das BFZ in Ingolstadt und dreimal die Woche einen Sprachkurs besucht. Daher ist sein Deutsch mittlerweile richtig gut. Jahangir spricht außerdem Pashto, Persisch und Englisch. Der junge Mann würde gerne im sozialen Bereich arbeiten oder eine Ausbildung machen. Auch eine Tätigkeit im Büro kann er sich vorstellen, zum Beispiel als Industriekaufmann oder im Bereich Büromanagement. Jahangir, der in seiner Freizeit gerne schwimmen geht, macht die Arbeit am Computer Spaß; Grundkenntnisse hat er in Word und Excel.

Romal (29) – Er kann anpacken! Romal hat in Afghanistan acht Jahre als Spengler gearbeitet. Daher würde er auch in Zukunft gerne ein Handwerk ausüben. In diesem Bereich ist Romal offen für alles. In seiner Freizeit backt der Afghane gerne Kuchen und treibt Sport. Romal ist körperlich fit und würde sich, wie er sagt, über jegliche Jobangebote freuen – Hauptsache, er kann arbeiten!