Halsbach
Wenn der Mensch wieder lauscht

SZ TRIFFT die Musikerin Cora Krötz, die ein Wir 4-Konzert vorbereitet

06.07.2015 | Stand 02.12.2020, 21:06 Uhr

Sechs Stimmen aus vier Kehlen: Wenn das Vokal-Ensemble Wir 4 die katholische Pfarrkirche St. Wenzeslaus in Oberlauterbach mit ihrem neuen und einzigartigen Stil in ungeahnte Klangwelten entführt, dann verspricht das ein ganz und gar außergewöhnliches Erlebnis fürs Ohr zu werden - Foto: Ralf Kaiser

Halsbach (SZ) Einzigartig, außergewöhnlich, ein durch und durch sinnliches Erlebnis fürs Ohr: Das alles sind Attribute, die das, was das Vokalquartett Wir 4 gemeinsam macht, umschreiben könnten.

Doch Wir 4 ist viel mehr. Cora Krötz, Musikerin, Klangkünstlerin und Musikpädagogin, hat vor vier Jahren gemeinsam mit ihrem Musikerkollegen und ehemaligen Professor für Gehörbildung und Dirigieren am Orff-Institut in Salzburg, Reinhold Wirsching, das Vokalquartett aus der Taufe gehoben. Neben Krötz und Wirsching sind die Altistin Fibich-Wiesneht sowie Bassist und Obertonsänger Matthias Privler an Bord.

Immer noch ist die Faszination ungebrochen für das, was die vier Musiker miteinander erreicht haben und das, was es noch an Neuland in der Welt zwischen A-cappella und Oberton zu entdecken gilt. Jeden Monat treffen sich die vier zu einem Probenwochenende. „Das ist für alle vier wie eine Fachfortbildung – absolut künstlerisch-musikalisch befruchtend“, umschreibt Krötz den intensiven Austausch und die gegenseitige Inspiration. „Es kann schon mal vorkommen, dass zwei Stunden an einem einzigen Takt gearbeitet wird.“

Die Stücke sind der Formation quasi auf den Leib geschneidert. Das Gros der Arrangements stammt von Krötz selbst. Wie das Stück „Chasing Cars“ von Snow Patrol, bekannt aus dem Soundtrack des Films „Ziemlich beste Freunde“. Die auskomponierte Kombination aus A-cappella-Gesang, Hang und Obertongesang macht’s. „Das geht unter die Haut“, findet Krötz. Was sie und ihre Kollegen selbst nach so vielen Jahren von dem erleben, was Obertongesang bewirken kann, sei „Gänsehautfeeling pur“.

Irgendwo aus dem Nichts sei der hohe Ton zu vernehmen, der wie eine hohe Flöte aus dem Off zu hören ist. „Es kommt schon mal vor, dass sich Zuhörer suchend im Raum umsehen, wo denn nun dieses Instrument zu finden ist“, beschreibt die Künstlerin ihre Beobachtung. „Das Ohr ist happy, wenn es eine so feine Musik kredenzt bekommt“, bringt Krötz die wohltuende Wirkung auf den Punkt. Wir 4 verzichtet bewusst auf Effekte, Mikros und sonstigen technischen Schnickschnack. „Wir 4 ist pur, direkt und unverstärkt.“

Der komplette Verzicht auf technische Unterstützung führe die vierköpfige Truppe immer wieder an Veranstaltungsorte mit besonderer Akustik. Sei es in den Hallen des Skulpturenmuseums in Landshut oder in Kirchen mit ihren hohen Räumen und ihrer tragenden Akustik. Erst vor kurzem drehte Wir 4 im klangvollen wie aparten Konzertsaal der Maria-Ward-Realschule ihr youtube-Video.

„Man spürt den Klang direkt. Das ist purer Sound, der durch den Raum hindurch direkt das Ohr findet“, beschreibt Krötz den Weg jedes einzelnen Tons. Auch wenn der einzelne Ton noch so leise sein mag, das Ohr gewöhnt sich daran. „Das Ohr macht auf, wenn die Musik nicht überpowert ist. Es entspannt sich. Der Mensch fängt wieder an hinzulauschen“, so Krötz. „Das geht in unserer Gesellschaft total ab. Ich bin nicht der Massenveranstaltungstyp. Was ich mag, ist der direkte Kontakt zu den Menschen. Da will ich schon gar kein Mikro in der Hand haben. Ich will direkt singen – ohne Verstärkung, einfach so“, sagt Krötz und lacht.

Seinen Premierenauftritt hatte Wir 4 vor drei Jahren in Schrobenhausens vollbesetzter Christuskirche. Jetzt führt es das Quartett mit seinem neuen Programm zwischen lyrisch-meditativen Stücken sowie Pop- und Weltmusik in die Nähe des Ortes seiner Anfänge zurück. Diesmal ist es die Pfarrkirche St. Wenzeslaus. „Die Kirche ist einfach toll“, sagt Krötz. Die Akustik beschreibt die Musikerin als „unglaublich tragend und vom Hall her gemäßigt“ – eben einfach ideal für das, was Wir 4 vorhat: Das Hörspektrum von vier Kehlen auf sechs Stimmen zu erweitern und das Publikum auf eine faszinierende Reise in die Welt der Obertöne mitzunehmen.