Gerolsbach
Gehäkelte Botschaft

SZ TRIFFT Jutta Bernklau, die aus Plastiktüten tolle Taschen macht

27.11.2014 | Stand 02.12.2020, 21:56 Uhr

Erklärt, wie es funktioniert: Jutta Bernklau gibt ihr Wissen über die Verarbeitung von Plastiktüten zu kreativen Taschen gerne weiter - Foto: Staimer

Gerolsbach (SZ) Die Plastiktüte: Gemeinhin ein Gebrauchsgegenstand, der, einmal benutzt, bei vielen direkt in die Wertstofftonne wandert. Manchmal lagern die Transportbehältnisse für eine eventuelle Zweitnutzung irgendwo, bis sie zu wahren Tütenbergen angewachsen sind.

Bei Jutta Bernklau ist das anders. Die Wahl-Gerolsbacherin häkelt aus dem Wegwerfartikel Taschen. „Comebacktüten“ nennt sie ihre kreative Recyclingmethode (kl. Bild).

Jutta Bernklau ist Überzeugungstäterin. Als Vertreterin der Jute-statt-Plastik-Generation hat sie ihre ganz persönliche Lösung für den Plastiktütenberg gefunden. Und dabei verarbeitet sie mittlerweile nicht nur Tüten, sondern auch Umverpackungen beispielsweise für Toilettenpapier, Damenbinden oder Haushaltsrollen. Bereits als Teenager kam die heute 49-Jährige in ihrem Heimatort Burgkunstadt erstmals mit dem Tütenhäkeln in Kontakt. Die Besitzerin eines Wollladens zeigte ihr, wie es geht. Seither hat sie die Häkelleidenschaft gepackt.

Das war vor gut 30 Jahren. Heute ist sie es, die ihr Wissen weitergibt. Sei es bei Jugendfreizeiten oder in einem ihrer vhs-Kurse: Die gebürtige Fränkin zeigt den Dreh um die Wieder- und Weiterverwendung der Plastiktüte. Zugegebenermaßen sind ein paar Tricks hilfreich, um vom Massenprodukt Plastiktüte zur individuellen Tasche zu gelangen. Schritt eins ist dabei das Schneiden des sogenannten „Plarns“ – schlicht für Plastikgarn, dem Ausgangsmaterial für die Handarbeit im Häkellook. Die Technik hat Jutta Bernklau über die Jahre optimiert. Die selbst hergestellten Knäuel werden dann mit einer dicken Häkelnadel ganz nach Lust und Laune wahlweise mit Luft-, ganzen, Kett- oder Krebsmaschen weiterverarbeitet. Doch Achtung: „Das Gefühl, Tüten zu verhäkeln, ist ganz anders als mit Wolle zu arbeiten“ und „nicht jedes Plastik häkelt sich gleich“, gibt die Fachfrau mit auf den Weg.

Der Umweltgedanke ist Jutta Bernklau sehr wichtig. In einem Ordner hat sie allerhand Artikel aus Wissenschaftsmagazinen gesammelt. Darunter eine bizarre Unterwasseraufnahme mit schwimmenden Quallen und Plastiktüten. „Wir sehen den Unterschied, Schildkröten eben nicht“, weiß Bernklau. Für den Meeresbewohner ende die Verwechslung seiner Futterquelle oft tödlich. Im Selbstversuch habe sie bereits versucht, auf Plastikverpackungen zu verzichten. Ihre Erkenntnis: „Ganz ohne Plastiktüte geht es leider nicht.“ Aber fast.

„Die Ideen entstehen aus dem Bedarf“, sagt Bernklau. Offenkundig gehen sie der zweifachen Mutter nicht aus. Hier eine überdimensionale Badetasche mit Henkeln aus ausrangierten Kleiderbügeln, da der Korb für Schmutzwäsche oder ein Behältnis zum Aufbewahren von Shampoo und Duschgel für den funktionalen Einsatz im Schwimmbad und Sport. Mal setzt die Verschlusskappe einer Plastikflasche als Knopf umfunktioniert einen farbenfrohen Akzent, mal bekommt eine schicke Handtasche ein gehäkeltes Innenfach. Jedes Objekt ist immer ein Unikat.

Momentan arbeitet Jutta Bernklau an einer Europa-Tasche mit den Flaggen der EU-Staaten. Das Plarn in den passenden Farben liegt schon bereit – und damit einiges an Arbeit. „Was die Tüte eben hergibt“, sagt die Botschafterin der Comebacktaschen und schickt ein verschmitztes Lachen hinterher.