Gerolsbach
Eine ernst zu nehmende Gefahr während der Löscharbeiten

Fachmann Thomas Hüller informierte Feuerwehrleute über den Umgang mit Photovoltaik- und Biogasanlagen

19.10.2014 | Stand 02.12.2020, 22:06 Uhr

Wenn ein Stall mit Photovoltaikmodulen auf dem Dach brennt – so wie hier im vergangenen Jahr in Strobenried –, ist für die Feuerwehrleute besondere Vorsicht geboten. Arch - foto: Hofmann

Gerolsbach (SZ) Die Energiewende stellt auch die Feuerwehrleute vor neue Herausforderungen: Wie verhält man sich, wenn auf dem Dach des brennenden Stalls eine Photovoltaikanlage ist?

Und wie gefährlich ist es, wenn die Flammen einer Biogasanlage zu nahe kommen Besonders die Versicherer weisen immer wieder auf zusätzliche Gefahren durch Photovoltaik- und Biogasanlagen hin. In den vergangenen Jahren stieg die Zahl landwirtschaftlicher, gewerblicher oder privater Gebäude oder auch von Freiflächen, die zur Stromerzeugung genutzt werden, immer mehr an. Auf welche Besonderheiten Feuerwehrleute im Ernstfall zu achten haben, erklärte am Freitagabend Thomas Hüller, Brandinspektor der Berufsfeuerwehr München und Zugführer der Freiwilligen Feuerwehr Dachau, in Gerolsbach mehr als 150 Feuerwehrleuten. Alle 37 Feuerwehren aus dem südlichen Landkreis Pfaffenhofen waren eingeladen worden. Der Zuspruch war – vermutlich nicht zuletzt wegen des erst vor Kurzem geleisteten Großeinsatzes beim Brand einer mit Photovoltaik bestückten Scheune am Prielhof des Kloster Scheyerns – enorm, sodass die Teilnahme kontingentiert werden musste.

Über dieses Interesse freute sich natürlich Bürgermeister Martin Seitz, der die Gäste und vor allem den Referenten begrüßte und sich bei Josef Finkenzeller und seinen Helfern für die Organisation bedankte. Der Kommandant der Freiwilligen Feuerwehr Schachach hatte den Kontakt zu Thomas Hüller hergestellt, mit dem er beruflich in München zusammenarbeitet.

In seinem Vortrag informierte Hüller über die tatsächlichen Gefahren der im Zuge des Energiewandels immer häufiger werdenden Anlagen und gab den Anwesenden einige Lösungsansätze mit an die Hand. „Eine Musterlösung gibt es allerdings nicht“, betonte er. Photovoltaikanlagen und Biogasanlagen seien im vergangenen Jahrzehnt durch das Gesetz für erneuerbare Energien (EEG), das eine Einspeisevergütung für den erzeugten Strom garantiert, wie Pilze aus dem Boden geschossen. „Auf die Probleme, die im Brandfall auf die Feuerwehrleute zukommen, hat der Gesetzgeber leider nicht gedacht“, bedauerte er.

Brandeinsätze bei Photovoltaikanlagen stellten durchaus ein größeres Risiko dar, da beim Löschen die Gefahr, einen elektrischen Schlag zu bekommen, immer latent sei. Und auch nachts herrsche dort elektrische Spannung, da selbst Straßenbeleuchtung und Mondlicht zur Energiegewinnung verwendet werden könnten. Zusätzlich erschwert werde die Brandbekämpfung auch durch die meist vollständige Bedeckung des Dachstuhls mit Modulen. Diese wirkten, wie Hüller erklärte, wie ein Deckel und machten einen Einstieg durchs Dach unmöglich. Jedoch ließen sich diese Gefahren mit einigen einfachen Vorsichtsmaßnahmen – wie genügend Abstand mit dem Sprühstrahl – gut in den Griff bekommen. Des Weiteren müsse man mit Einstürzen und dem Abrutschen einer Anlage rechnen und deshalb zusätzliche Sicherungsmaßnahmen ergreifen.

Etwas komplexer seien die Gefahren bei Einsätzen im Zusammenhang mit Biogasanlagen. Dort werde durch Fermentation von Biomasse, meist Energiepflanzen oder tierische Exkremente, unter anderem Methangas erzeugt. Das werde meist in einem Blockheizkraftwerk zur Strom- und Wärmeerzeugung genutzt. Dazu werde das Gas in Folienhauben über dem Gärbehälter zwischengespeichert. Hier seien die Feuerwehrleute also Gefahren durch die Explosion des Gases, durch Gasaustritt und elektrische Spannung ausgesetzt, warnte Hüller. Besonders Schwefelwasserstoff sei hoch toxisch und könne schon beim Einatmen von zwei bis drei Zügen tödlich wirken. Da die kleineren Feuerwehren meist nicht mit den passenden Atemschutz- und Messgeräten ausgestattet seien, sei hier mit höchster Vorsicht zu verfahren.

Im Ernstfall sei es für die Feuerwehrleute sehr wichtig, vorab Informationen über installierte Photovoltaik- oder Biogasanlagen zu erhalten. So könnten sie sich gezielt auf einen solchen Einsatz vorbereiten. Schließlich ließen sich sowohl Photovoltaikanlagen als auch Biogasanlagen nicht so einfach ausschalten. Sie seien, sagte Thomas Hüller, während der gesamten Löscharbeiten ernst zu nehmende Gefahren.