Gachenbach
Der Kilometersammler

SZ TRIFFT den Gachenbacher Roman Finkenzeller, der leidenschaftlicher Segelflieger ist und 2017 durchstarten will

12.12.2016 | Stand 02.12.2020, 18:55 Uhr

Das Leben aus der Vogelperspektive: So hoch oben mit nichts als sich selbst und seinem Flugzeug kann Roman Finkenzeller abschalten und alles hinter sich lassen. - Fotos: privat

Gachenbach (SZ) Der Winter passt Roman Finkenzeller aus Gachenbach eigentlich so gar nicht in den Kram. Zu wenig Sonne, zu wenig Thermik, zu viel Dunkelheit und dann noch die Kälte - quasi die natürlichen Feinde eines jeden passionierten Segelfliegers. Und Roman Finkenzeller ist so einer, und was für einer.

 Der 25-Jährige lebt für die Fliegerei. "Sie ist für mich seit neun Jahren alles", sagt er. Ein Freund habe ihn damals zum Flugplatz in Augsburg mitgenommen, von da an war es um ihn geschehen. Eigentlich studiert er Bauingenieurswesen in Augsburg, seine Freizeit aber gehört ganz seinem Hobby und "meiner alten Schüssel", wie Finkenzeller seinen 40 Jahre alten Standard Cirrus WL nennt. Den Segelflieger hat er sich vor drei Jahren angeschafft. Stolze 16 000 Euro hat der trotz seines fortgeschrittenen Alters gekostet. Viel Geld, das weiß auch der Gachenbacher. Vor allem weil er sich die Summe unter anderem in seinem Auslandsjahr in Australien selbst erarbeitet hat. "Aber der Flieger ist jeden Cent wert", findet Finkenzeller. "Besser wäre das Geld nicht investiert gewesen."

Und da hat er vermutlich sogar recht. Denn man muss wissen, dass Fliegen kein billiges Hobby ist. Obwohl das Segelfliegen noch weitaus billiger ist als die motorisierte Variante, kommt auch hier mit der rund zweijährigen Ausbildung, der Vereinsmitgliedschaft und Leihgebühr für den Flieger - sofern einem kein Flugzeug gehört - schnell ein nettes Sümmchen von 2000 bis 3000 Euro zusammen. Und das ist längst nicht alles. "Jeder Start mit der Winde, die einen nach oben zieht, kostet sieben Euro, dazu kommen pro Stunde zwölf Euro Leihgebühr für den Flieger. Das läppert sich", sagt Finkenzeller. Vor allem eben dann, wenn man so viel Zeit in der Luft verbringt wie er.

Ein einziger Flug kann leicht mehrere Stunden dauern - im Grunde kann es ambitionierten Segelfliegern wie Finkenzeller gar nicht lange genug dauern. "Ziel ist es, mit nur einem Start so viele Kilometer wie möglich zu fliegen", erklärt Finkenzeller. "Solche Flüge sind die absolute Freiheit. Man kann alles hinter sich lassen und gleitet in völliger Ruhe vor sich hin." Da die Gebühr für den Flieger im Hinterkopf zu haben, wäre kontraproduktiv. Sein längster Flug am Stück habe zehn Stunden und 20 Minuten gedauert. "Da bin ich 700 Kilometer geflogen", sagt er. "Das macht für mich den Reiz am Segelfliegen aus: Ohne Motor so weit zu kommen." Da müsse er ganz auf seine eigenen Fähigkeiten vertrauen und blitzschnelle Entscheidungen treffen. Wer falsch entscheidet, landet im günstigsten Fall im Acker und ist im schlimmsten Fall tot.

Das klingt freilich dramatisch. Aber es stimmt, einen Absturz überleben nur wenige. "Deshalb kostet es auch enorme Überwindung, das erste Mal diese Schwelle zu übertreten, wo man weiß: Jetzt kommst du durch das alleinige Abgleiten der Höhe nicht mehr zum Flugplatz zurück - ohne neuen Auftrieb musst du außen landen", sagt Finkenzeller. Rund 1,5 Jahre habe er gebraucht, um zu diesem Punkt zu kommen.

Das ein oder andere Mal brenzlig wurde es trotzdem für ihn. "Einmal musste ich sogar bei Stuttgart in einem Acker landen und mein Vater ist fünf Stunden gefahren, um mich abzuholen", erzählt er und gibt zu: "Da wollte ich einfach zu viel und habe mich selbst überschätzt."

Aufgehört hat Finkenzeller mit dem Viel-Wollen trotzdem nicht, nur eben nicht zu viel. In diesem Jahr ist er beispielsweise bei der Deutschen Meisterschaft im Segelfliegen in der Clubklasse angetreten und hat dort den 12. von 30 Plätzen gemacht und im kommenden Jahr will er seinen eigenen Streckenrekord von 700 Kilometern noch einmal um 200 Kilometer steigern. Und er will in den Bergen von Frankreich fliegen. Und in Kroatien. Was er zuerst macht? "Keine Ahnung, mal sehen", sagt er schmunzelnd. Er hat ja auch noch etwas Zeit zum Nachdenken, weil Winter, Kälte, Dunkelheit . . . Sie wissen schon.