Diepoltshofen
Der ganze Garten eine Eisenbahnlandschaft

03.05.2010 | Stand 03.12.2020, 4:03 Uhr

Die schnellste kleine Lok gehört Adrian. Auch der Sechsjährige teilt das Hobby seines Vaters.

Diepoltshofen (SZ) Gerold Schreiber hat sich einen Traum verwirklicht. In seinem Garten in Diepoltshofen hat der 43-Jährige innerhalb der vergangenen drei Jahren auf 304 Quadratmetern eine Modellbahnanlage errichtet – nach seinen Recherchen im Internet ist es europaweit die größte Außenanlage.

Zuerst fallen dem Betrachter im Garten vor allen Dingen die bewachsenen Erdhügel auf. Erst auf den zweiten Blick sieht man Tunnel, Gleise und vielleicht sogar vereinzelte Häuser. Schreiber hat seine Modelleisenbahn einfach in die Landschaft hinein gebaut. So sieht es zumindest aus. In Wahrheit steckt natürlich viel Arbeit dahinter, damit sich die Züge so elegant zwischen den Felsen, über Brücken und durch Tunnel hindurch schlängeln können.

Es ist pure Begeisterung, die der 43-Jährige versprüht, wenn er von seiner Anlage erzählt. Diesen Hang habe er selber angelegt, zeigt er. Der Tunnel, den er in dem Hang versteckt hat, ist so lang, dass die Lok samt allen Waggons komplett darin verschwindet. "Wenn da was passiert, dann muss ich die ganze Platte, auf der die Gleise angebracht sind", rausziehen", sagt Schreiber. Fünf Tunnel sind es insgesamt, die er auf der inzwischen 145 Meter langen Fahrstrecke angelegt hat. Mehr als 500 Meter Kabel hat er im Boden verlegt. Vor etwa zwei Jahren waren es knapp 90 Meter Schienen, die sich durch den Garten schlängelten. Inzwischen ist eine Ausweichstrecke dazu gekommen und die Strecke um einen weiteren Hügel verlängert worden.

"Das ist der absolute Höhepunkt", schwärmt der 43-Jährige und zeigt auf ein Gefälle nach einem Tunnel. Vom tiefsten bis zum höchsten Punkt der Anlage bewältigen die Loks einen Höhenunterschied von zwei Metern. "Da müssen die Steigungen natürlich lang sein." Wenn der Zug dann vom höchsten Punkt wieder ins Tal rollt, beschleunigt er entsprechend. Umgerechnet auf einen normal großen Zug wären es so um die 200 Stundenkilometer, hat Schreiber ausgerechnet.

Die Faszination für Züge begleitet den gebürtigen Rheinländer schon seit seiner Kindheit. Eigentlich hatte er sogar vorgehabt, auch beruflich etwas mit Zügen zu machen. "Dafür war dann aber das Zeugnis nicht gut genug." Stattdessen lernte er Feinmechaniker, was ihm heute bei seinem Hobby sehr zugute kommt. Fast alle seine Züge und Wagen hat er defekt über das Internet gekauft und sie dann selbst repariert. Einiges ergatterte er auch auf Tauschbörsen. "Meine Frau weiß immer, was sie mir schenken soll", meint er augenzwinkernd.

Die Begeisterung für die Bahn teilt er auch mit seinen Kindern. Der sechsjährige Adrian zeigt stolz seine graue Lok. Unter den kleinen Loks sei das die schnellste, sagt er. Die zehnjährige Lea hat natürlich auch ihre eigene Lok. Bevor sie die auf die Schienen setzt, muss sie den Papa aber erst um Erlaubnis fragen. Gerade weil die ganze Strecke im Freien aufgebaut ist, muss sie erst gründlich "gewartet" werden, bevor der erste Zug seine Runden drehen kann.

Mindestens eine Stunde lang sei er damit beschäftigt, Blütenblätter oder Staub von den Gleisen zu entfernen, sagt der 43-Jährige. Weil die Gleise ungeschützt Wind und Wetter ausgesetzt sind und Staubteilchen zwischen die Weichen kommen, kann er die auch nicht elektrisch bedienen, sondern muss sie von Hand umstellen. Als bei einem Unwetter ein Ast von einem Baum abbrach, musste er zehn Schienenstücke ersetzen. Die hat er übrigens mit einem Lack dauerhaft gegen Regen und damit gegen das Verrosten geschützt.

Seine Anlage ist nicht nur bei befreundeten Modelleisenbahnfans beliebt. "Die kommen gerne, um ihren Zügen mal Auslauf zu geben", sagt Schreiber lachend. Auch Katzen pilgern gerne auf den Gleisen entlang. Einmal habe sich sogar ein Igel in einem der Tunnel versteckt, erzählt Schreiber, der manchmal ganze Nachmittage an der Anlage verbringt, um einfach zuzusehen, wie seine Züge durch die Landschaft kurven.