Schrobenhausen
Drei genetische Zwillinge gefunden

Für die an Leukämie erkrankte Tamara Marko ist die Rettung zum Greifen nah

19.01.2018 | Stand 02.12.2020, 16:56 Uhr
Es geht ihr gut - im Moment: Die 20-jährige Tamara Marko (oben Mitte) ist derzeit zu Hause bei ihrer Mutter Yvonne (r.) und ihrer Schwester Tina (l.). Eine schwere Zeit steht Tamara noch bevor, bis sie am 29. Januar ihre lebensrettende Stammzellenspende bekommen kann. Für diese Spende haben sich 70 freiwillige Helfer bei einer Typisierungsaktion Anfang November eingesetzt (unten). −Foto: Spindler/privat

Schrobenhausen (SZ) Es könnte ihr zweiter Geburtstag werden: In zehn Tagen soll die 20-jährige Schrobenhausenerin Tamara Marko eine lebensrettende Stammzellenspende erhalten. Für die seit Jahren an Leukämie erkrankte junge Frau wurden mittlerweile drei potenzielle Spender gefunden.

"Momentan geht es mir sehr gut", sagt Tamara Marko und lächelt dabei. Auf dem Rücken trägt sie einen kleinen schwarzen Rucksack. Den muss sie jetzt Tag und Nacht bei sich haben. Aus dem Rucksack führt ein unscheinbarer Kunststoffschlauch unter ihre Kleidung. Ein Zeichen, dass Tamara immer noch krank ist. Die todbringende Leukämie hat das Leben der 20-jährigen Schrobenhausenerin seit drei Jahren fest im Griff, auch wenn es ihr derzeit nicht anzusehen ist.

Der Rucksack dient der Immuntherapie, die Tamara jetzt über sich ergehen lassen muss. 24 Stunden lang - immer, wenn es gebraucht wird - pumpt das Gerät im Rucksack ein Medikament in Tamaras Körper. Alles besser als die letzten Chemotherapien, die ihre Tochter bekommen hat, sagt Mutter Yvonne Marko. Sie erinnert sich an die vergangenen Wochen. Schlechte Blutwerte begleiteten demnach Tamara, mehrere Aufenthalte auf der Intensivstation eines Münchener Krankenhauses erlebte sie. Mit bis zu 42 Grad Fieber, so Tamaras Schwester Tina Marko, musste die junge Frau in die Klinik eingeliefert werden. Der körperliche Zustand von Tamara sei sogar so schlecht gewesen, dass sie Herzkammerflimmern knapp überlebte. "Vom 28. August bis jetzt war Tamara 24 Tage zu Hause", sagt Mutter Yvonne und hat Tränen in den Augen während sie das erzählt.

"Wir sind positiv", sagt Tina Marko. Denn es gibt einen Hoffnungsschimmer. Für die Markos ist es mehr als ein Schimmer. Inzwischen sind über die Deutsche Knochenmarkspenderdatei (DKMS) drei Männer in Deutschland gefunden worden, die als Spender für Tamara Marko infrage kommen. Auf diese sogenannten genetischen Zwillinge treffen zehn von zehn Parametern, die für die Eignung als Stammzellenspender maßgeblich sind, zu, wie Yvonne Marko sagt. Als die Markos davon erfahren haben, war die Freude riesengroß. Tina Marko: "Wir haben erst mal angestoßen, wir mit Sekt und Tami mit O-Saft."

Ob die drei Spender nun bei der großen Typisierungsaktion im November in Schrobenhausen (wir berichteten) dabei waren, ist nicht bekannt. "Das können wir nicht sagen", so Laura Riedlinger, die für die DKMS Tamara Marko betreut. Denn ständig liefen in der Bundesrepublik Typisierungsaktionen. Darüber hinaus könne es auch sein, dass einige Typisierte sich für Auslandsaufenthalte, wegen eigener Krankheit oder Schwangerschaft für einige Zeit aus der Kartei abmelden würden. Wer sich dann wieder als Spender zur Verfügung stelle, komme auch wieder in die Suchläufe. Drei potenzielle Spender seien ein guter Durchschnitt, so Riedlinger weiter. Mit Blick auf Tamara sagt Riedlinger: "Es freut mich riesig, dass ein Spender da ist."

Und der Tag der Transplantation naht für Tamara. Am 29. Januar soll die Stammzellenspende an Tamara Marko übertragen werden. "Das wird der Tag null", sagt Yvonne Marko. Für sie und ihre Tochter Tamara werde es wie eine Neugeburt sein, ist sich Yvonne Marko sicher.

Bis dahin steht Tamara noch einiges bevor. Am Montag muss sie wieder in die Klinik nach München. Dort zieht sie in eine ganz besondere Quarantänestation ein - alles keimfrei, kein fließendes Wasser, spezielles Essen wird durch eine Klappe geschoben. Körperbäder mit scharfen Desinfektionslösungen warten auf die junge Frau, erzählen Yvonne und Tina Marko. Tamara soll sich keine Infektionen einfangen. Und dann kommen drei Tage Chemotherapie, mit der die letzten Körperzellen abgetötet werden, damit die neuen Stammzellen ihre hoffentlich Gesundheit bringende Arbeit verrichten können. Diese drei Tage werden es nochmals so richtig in sich haben, darüber sind sich alle drei Frauen im Klaren. Ganz allein muss Tamara das nicht durchstehen. Mutter Yvonne wird in der Nähe sein und bekommt vom Verein Elterninitiative Intern 3 eine Wohnung in der Nachbarschaft der Klinik gestellt. "Und dann geht es Tamara hoffentlich jeden Tag wieder besser", sagt Tina Marko.

Sie ist immer noch überwältigt von dem Zuspruch, den die Familie bei der Typisierungsaktion Anfang November erfahren hatte. Alleine 70 Helfer zusammenzutrommeln war schon eine Leistung. Dass sich dann noch 1411 Menschen typisieren ließen, kann Tina Marko bis heute noch nicht fassen: "Das war ein sehr emotionaler Tag." "Es ist der Wahnsinn", kann es auch Yvonne Marko zweieinhalb Monate nach der Aktion noch nicht fassen und greift zum Tempotaschentuch. "Es ist eine tolle Erfahrung, wenn einem so viele Menschen helfen wollen", sagt auch Tamara Marko. Dabei denken die drei auch an die vielen Spender, die nach Angaben von Riedlinger mehr als 53 000 Euro auf das Spendenkonto der DKMS eingezahlt haben. Damit seien alle Typisierungskosten an dem Novembersamstag finanziert. Und ein Rest sei auch noch übrig, mit dem die DKMS wohl weitere rund 100 Typisierungen unterstützen könne, so Riedlinger. Tamara, Tina und Yvonne Marko sagen allen Unterstützern einen herzlichen Dank.

Nun blicken Tina und Yvonne gemeinsam mit Tamara Marko in die nähere Zukunft. Das Ziel ist klar, wie Tina Marko sagt: "Tamara soll Ostern wieder zu Hause feiern."