Schrobenhausen
"Ich will wählen, weiß, aber nicht, wen"

Ein Treffen mit Erstwählern aus dem Schrobenhausener Land

18.08.2017 | Stand 02.12.2020, 17:38 Uhr
Wer regiert hier nach dem 24. September? Wer kommt rein, wer nicht? Erstwähler tun sich mit dem Thema nicht leicht. −Foto: Britta Pedersen /dpa

Schrobenhausen (SZ) Die Bundestagswahl rückt näher, für Erstwähler ist das eine besondere Herausforderung. Wir haben jetzt einige junge Erwachsene aus dem Schrobenhausener Land getroffen und mit ihnen über die Wahl geredet.

Es gibt Schokokekse. Und Tee. Wenn es um Politik geht, schadet das ja nicht. Wer nicht mittendrin ist, im Thema, der kann Politik schon als sehr trocken empfinden. Veronika Werber sagt: „Ich will wählen, aber nicht ohne mit den politischen Ansichten der Partei übereinzustimmen.“ Womit wir schon mittendrin wären, in der Problematik: Wie bekommt man als junger Mensch mit, wer wofür steht?

Was Veronika Werber anspricht, denken andere Erstwähler auch: Sie wollen sich beteiligen, aber um ihre Stimme abgeben und mitmischen zu können, kennen sie sich viel zu wenig aus. Welche Themen sind wichtig? Wofür steht welche Partei? Wer hat schon die Muße die ellenlangen Wahlprogramme der ganzen Parteien durchzulesen?

In der Schule waren die verschiedenen Parteien auch kein großes Thema, auch wenn das Schulfach Sozialkunde durchaus existiert. Gelernt hat man natürlich schon was, zum Beispiel wie so eine Wahl überhaupt abläuft – aber auf die Parteien ist so gut wie gar nicht eingegangen worden.

Zeitung lesen oder im Internet Recherchieren könnte man ja eigentlich, aber besonders die jungen Erwachsenen nehmen sich dafür eher selten Zeit. Ihre Informationen bekommen sie über soziale Netzwerke, über Erzählungen oder das Radio. „Jetzt sehe ich langsam auch ein paar Wahlplakate am Straßenrand“, sagt Jeannine Berger, ebenfalls Erstwählerin aus dem Schrobenhausener Land. Das war es aber auch.

Wir reden über wichtige Standpunkte, und trinken noch mehr Tee. „Mir ist das Schonen der Umwelt wichtig“, meint Jeannine Berger, „und eine langfristige Lösung der Flüchtlingsfrage, Bildung. Aber auch eine vorausschauende Rentenpolitik.“ Die jungen Frauen wollen eine politische Vertretung, die sich für die Gleichstellung von Mann und Frau im Beruf einsetzt und sich um soziale Berufe und deren Bezahlung kümmert. „In seinem Leben braucht fast jeder Mensch eine Krankenschwester oder einen Erzieher und trotzdem verdienen sie kaum Geld“, sagt Jeannine und alle nicken zustimmend.

Auch das ist schnell klar: Weil es der deutschen Bevölkerung im Moment gutgeht, ist die Kanzlerin den Erstwählerinnen in dieser Runde kein Dorn im Auge. Und sie vermittelt ihnen das Gefühl, dass sie sich bei kommenden Konflikten vielleicht besser durchsetzen kann als ein neugewähltes Gesicht. Auf die Erstwählern, die bisher nur wenig Grund hatten, sich mit Politik auseinanderzusetzen, wirkt sie wie jemand, der sich nicht einfach rumschubsen lässt und alles im Griff hat.

Dass man sich aber nicht zurücklehnen und darauf vertrauen darf, dass „die da oben“ das schon machen, hat der Brexit ganz deutlich gezeigt. Es hat auch deutsche Erstwähler zum Nachdenken gebracht, als bekannt wurde, dass sich eine ganze Generation an der Abstimmung so gut wie nicht beteiligt hat. Auch unsere Schrobenhausener Erstwähler wissen: Wer nicht wählen geht, darf sich im Nachhinein nicht beschweren – also sollte sich jeder die Zeit für die zwei Kreuze nehmen, die einen großen Unterschied machen können.

Der letzte Tee wird verteilt und Saskia Franke fällt noch dies ein: „Wichtig ist halt, dass man sich selbst informiert und nicht einfach irgendjemanden wählt, weil Freunde das auch tun.“ Gruppendynamik funktioniert hier also nicht.

Wenn man nur wüsste, wer die richtige Wahl ist. Wahlkampf, das Kennenlernen von Menschen aus der Politik, könnte da schon helfen, finden unsere Erstwählerinnen, auch da sind sie geschlossen einer Meinung. Denn wenn der 24. September da ist, und es nicht gelungen ist, in der Meinungsbildung weiterzukommen, dann kann es am Ende doch passieren, dass so mancher Wahlzettel leer bleibt.

Den Wahl-O-Mat kennen auch die Schrobenhausener Erstwählerinnen, der nach dem Beantworten verschiedener Fragen eine angeblich passende Partei ausspuckt. Aber ob man sich darauf blind verlassen soll, ohne genauere Informationen zu haben? Da haben auch unsere Erstwählerinnen so ihre Zweifel.

PARTEIEN ANGEFRAGT

Mit einem kurzen Fragebogen haben wir uns an die Vorstände der Ortsverbände und -vereine von Parteien im Schrobenhausener Land gewandt. Es geht im Wesentlichen darum, wie sie Erstwählern in der Region Orientierungshilfe bieten wollen und wie sie Menschen für die bundespolitischen Themen interessieren wollen. In den nächsten Tagen werden wir darüber berichten, wer sich wie dazu geäußert hat. | SZ