Arnhofen
"Sie war a feine Frau"

Ottilie Rigl aus Arnhofen, Großnichte der Schützenliesl, erinnert sich an die Besuche ihrer Tante in Grimolzhausen

04.05.2016 | Stand 02.12.2020, 19:51 Uhr

So malte Friedrich August Kaulbach Coletta Möritz. Das Originalbild ist übrigens stolze fünf Meter hoch. - Foto: W. Glas/privat

Arnhofen (gw) Ihre Erinnerungen hütet Ottilie Rigl in einem großen Schrank: elegante Damen-Stiefeletten, eine etwas lädierte Geldkassette, eine goldene Riegelhaube, sogar eine "Pumpl", also eine weiße, knielange Leinenunterhose, wie sie die Frauen bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts unter den ausschweifenden Röcken trugen.

All diese Dinge gehörten einst der "Schützenliesl". Sie sind derzeit in der Landesausstellung "Bier in Bayern" in Aldersbach zu sehen (die Pumpl natürlich nicht). Die Exponate geben Einblick in das Leben der Coletta Möritz, der bekanntesten Münchener Kellnerin und Wirtin ihrer Zeit.

Wie die raren Utensilien nach Arnhofen kamen? Es sind Geschenke. Ottilie Rigl ist die Großnichte von Coletta Möritz. Sie hat die Gastronomin als junges Mädchen noch kennenlernen dürfen. "Sie ist jedes Jahr im Sommer nach Grimolzhausen gekommen zu meinem Onkel, ihrem Neffen. Der Josef Zeiselmeir war das, der Pfarrer vom Ort", erzählt Ottilie Rigl. Die Sommerfrische von der "Münchner Tant" wurde von der jungen Verwandtschaft sehnlich erwartet. "Sie war a feine Frau. Schön angezogen, immer mit weißem Spitzenkragerl, Ohrringen und Ringen an der Hand. Sehr charmant war sie und hat immer etwas mitgebracht für uns Kinder."

Ottilie Rigl war damals, in den 1930er Jahren, noch ein kleines Mädchen. Ein "Rotzdeandl" hat sie die "Tant" einmal genannt. Dennoch erinnert sich die heute 86-Jährige gern an Coletta: "Sie war sich für nichts zu schade. Wenn sie in Grimolzhausen war, half sie bei der Wäsche, in der Küche oder im Garten mit. Das war ganz selbstverständlich." Ihrer sympathische Art behielt Coletta Möritz bis zuletzt. Wohl auch deshalb war sie so erfolgreich als Gastronomin. Mit ihrem ersten Mann Franz Xaver Buchner führte sie mehrere Wirtschaften in München und war sechs Jahre Wirtin in zwei Straßburger Gaststätten. 1897 war sie beim Zentrallandwirtschaftsfest auf der Theresienwiese in München vertreten. Wohlhabend wurde sie trotzdem nicht: "Die Wirtschaften waren ja alle nur gepachtet", sagt Ottilie Rigl. "Reich is ned worden. Aber berühmt."

Die Arnhoferin meint sogar, dass "die Letta" auch deswegen immer gerne in die alte Heimat zurückkehrte, weil sie da für einige Wochen freie Kost und Logis genoss. "Sie hatte in München ja nur eine kleine Wohnung in der Sendlinger Straße, Wohnzimmer, Küche, Schlafzimmer, ein langer Gang, wirklich nix besonderes", erzählt Riegl. Des öfteren war sie dort zu Gast. "Mein Onkel, der Pfarrer, fuhr immer wieder einmal ins Archiv seines Ordens nach München. Da durfte ich mit. Der Onkel übernachtete im Kloster, ich bei der Tant." Dabei erzählte sie ihr auch einmal, wie das Bild der "Schützenliesl" entstand: "Der Kaulbach kannte die Letta ja schon, als die noch ein Kind war. Nachdem Lettas Mutter von Ebenried weggezogen war, machte sie in München einen Trödelladen auf. Der Kaulbach und andere Münchener Maler, auch der Lenbach, kamen da vorbei und versetzten ihre Uhren und Wertsachen, wenn sie wieder mal kein Geld hatten." Jahre späte begegnete Kaulbach der 18-jährigen Coletta beim Sternecker-Bräu wieder. Ottilie Rigl: "Er wollte Tante Letta immer überreden, dass sie zum Modell stehen zu ihm ins Atelier kommt. Hat sie aber natürlich nicht gemacht..."