Aresing
Forschungsanlage in Biergartennähe

04.08.2010 | Stand 03.12.2020, 3:48 Uhr

Stolz auf ihr Antennenfeld: Projektleiterin Benedetta Ciardi, hier mit ihrer kleinen Tochter Sara, durfte sogar das machen, was sonst verboten ist: auf die riesigen High Band Antennas steigen. - Foto: Hofmann

Aresing (SZ) Eigentlich hätte das Antennenfeld bei Weilenbach schon Ende 2007 fertig sein sollen. Es gab immer wieder Verzögerungen, doch jetzt konnten die Garchinger Astrophysiker die Einweihung ihres Forschungsprojekts feiern. Sie taten es zusammen mit den Weilenbachern.

Dem Außenstehenden mag es bizarr erscheinen, dass sich eine ganze Gruppe von Weltraumforschern wie die kleinen Kinder freut, wenn sie auf einem einsamen Feld kleine Steckerl, die aus dem Boden ragen, und breite Quader unter schwarzer Folie bewundern können. Etwas näher kommt man der Sache, wenn man erfährt, dass die ganze Anlage mehrere hunderttausend Euro gekostet hat. Und dass sie Teil eines europaweiten Forschungsprojekts unter niederländischer Führung ist, das völlig neue Erkenntnisse über Radiogalaxien, Schwarze Löcher und den Ursprung des Universums liefern soll. Die Steckerl und die Quader, das sind die Antennen.

In den Flammensbacher Biergarten, der praktischerweise gleich in Sichtweite des Antennenfelds liegt, hatten die Forscher des Garchinger Max-Planck-Instituts für Astrophysik einige Bürger der nahen Ortschaften Oberweilenbach und Unterweilenbach zu Brezen, Bier und Leberkäs eingeladen. Gemeinsam mit ihnen feierten sie, dass das Lofar-Antennenfeld fertig ist und die Gemeinde Aresing künftig einen Namen unter Weltraumforschern haben wird.

Britischer Humor

Auch der Geschäftsführende Direktor des MPA, Simon White, war nach Flammensbach gekommen – und hatte sich erst mal eine Maß Bier besorgt. Mit dem Krug klopfte er auf den Tisch, um sich Gehör zu verschaffen, und erzählte dann den Weilenbachern Einiges über das Forschungsprojekt mitten in ihrer Flur. Der Engländer, der übrigens bestens deutsch spricht, streifte die technischen Aspekte nur am Rande. Das Aresinger Antennenfeld sei Teil eines großen Teleskops; die Daten werden über eine Glasfaserleitung in einen Zentralcomputer, der in den Niederlanden steht, geleitet. Zu etwas Besonderem werde das Aresinger Lofar-Feld aber durch die Nachbarschaft: "Zirka 70 Antennenfelder gibt es," sagte White, "aber hier ist der schönste Biergarten bei einem Antennenfeld." Diese Gemütlichkeit gebe es in Holland, wo die meisten Antennenfelder stehen, nicht, betonte der Wissenschaftler und dankte den Aresingern für ihre Gastfreundschaft.

Die Eröffnung des Antennenfelds sei "ein großes internationales Ereignis für Weilenbach", meinte White, der auch gleich eine Informationstafel zeigte, die am Antennenfeld aufgestellt werden soll – für den Tourismus, der jetzt unzweifelhaft einsetzen werde. Dann wurde White wieder sachlich und erklärte den zeitlichen Umfang des Forschungsprojekts: "Wir sind fünf Jahre mindestens, eher zehn Jahre hier." Danach werde die gesamte Anlage wieder abgebaut. In der Zwischenzeit sollen die Aresinger die schönsten Bilder von fernen Galaxien bekommen – die können sie dann im Rathaus aufhängen, schlug der Engländer vor.

Keine Vorbehalte

"Wir haben schon immer gewartet, dass das fertig wird", sagte Aresings Bürgermeister Horst Rössler, der noch eine alte Broschüre aufgehoben hatte, auf der von einer Inbetriebnahme des Antennenfeldnetzes im Jahr 2007 die Rede war. Nachdem in der Bevölkerung zuerst vereinzelt die Befürchtung geäußert worden sei, die Antennen könnten Strahlung aussenden, seien die Erklärungen der Forscher, dass ja nur in den Himmel gehorcht werde, schnell Glauben geschenkt worden. In der Bevölkerung, so Rössler, gebe es jedenfalls keine Vorbehalte mehr gegen die Forschungsanlage. Der Bürgermeister, inzwischen offenbar selbst ein großer Fan der Weltraumforschung, wünschte "viel wissenschaftlichen Erfolg" und verteilte Bierkrüge mit dem Gemeindewappen.

Die ersten Forscher verließen bald darauf den Biergarten und trafen sich erneut im Antennenfeld, um den Sonnenuntergang zu genießen. Mit der Spiegelung auf den schwarzen Folien, die die quaderförmigen HB-Antennen bedecken, ließen sich tolle Fotos machen.

Zum Schluss noch eine wichtige Information für erfahrene Leser von Science-Fiction-Romanen: Nein, die Antwort, die die Forscher erwarten, ist nicht 42.