Aichach
Pragmatiker und Menschenmöger

Aichachs Bürgermeister Klaus Habermann ist mittlerweile 20 Jahre im Amt

03.05.2016 | Stand 02.12.2020, 19:52 Uhr

Klaus Habermann ist seit inzwischen 20 Jahren im Amt. - Foto: Edler

Aichach (SZ) Als Klaus Habermann 1996 mit gut 52 Prozent zum Bürgermeister Aichachs gewählt wurde, war das eine mittlere Sensation. Erstmals wurde ein Amtsinhaber - noch dazu aus den Reihen der CSU - abgelöst. Der Wahlsieger wollte es zunächst selbst nicht glauben und reagierte mit Ironie, als er von Politikgranden angespitzt wurde, ob er es denn nun mit der Angst zu tun bekäme. "Ich richte mich auf drei Amtszeiten ein", entgegnete der gelernte Banker seinerzeit frech. So kann's gehen: Mittlerweile läuft bereits die vierte Amtsperiode, mit dem morgigen 1. Mai ist Klaus Habermann nun schon 20 Jahre im Amt.

Damit hat er Alfred Riepl, der 18 Jahre lang (1972 bis 1990) im Chefsessel des Rathauses saß, bereits überholt. Am Ende dieser Legislatur wird Habermann mit Wilhelm Wernseher gleichziehen, der 24 Jahre lang (1948 bis 1972) die Geschicke der Paarstadt lenkte. Ob Habermann möglicherweise auf Rekordkurs geht und gar für eine fünfte Amtszeit kandidiert, darüber wird immer wieder kräftig spekuliert. Er selbst lässt entsprechende "Drohungen" (Zitat Habermann) durchaus immer wieder ganz nonchalant fallen, in die Karten schauen lassen möchte er sich letztlich aber nicht. "Da mache ich mir jetzt noch gar keinen Kopf. Zunächst muss ich mal in den nächsten Jahren gesund bleiben", erklärt der 62-Jährige.

Bis dato zeigt der Amtsinhaber geradezu erstaunliche Nehmerqualitäten und eine ausgeprägte Standfestigkeit. In den zwei Jahrzehnten fehlte Habermann bei keiner einzigen Sitzung - weder im Stadtrat, noch in einem Ausschuss oder Zweckverband. Grippeanfälle werden kurzerhand weggeschnupft, der Begriff Burn-out weggelächelt: "Burn-out? Dafür habe ich keine Zeit ..."

Dass die SPD im eigentlich eher "schwarzen" Aichach in der Nachkriegszeit mit Wernseher und Habermann zwei der dienstältesten Bürgermeister stellt, ist ein in bayerischen Städten immer wieder zu beobachtendes Phänomen, gleichzeitig aber auch ein Indiz dafür, wie sehr die Bürgermeisterwahl von Persönlichkeiten geprägt ist. In der Regel stellt die SPD zwar den "Chef", die CSU indes die Mehrheitsfraktionen. Für die politische Arbeit heißt dies, sich immer wieder auf die Suche nach Mehrheiten machen zu müssen. Lange Zeit fand Habermann Verbündete bei den Freien Wählern, inzwischen sind SPD und CSU wieder näher zusammengerückt. Für den Amtsinhaber offenbar kein Problem - "dass Taktik und die politische Komponente eine Rolle spielen, ist immer wieder ärgerlich, macht aber auch den gewissen Reiz der Arbeit aus". Wichtig sei es, von Bürgermeister und Verwaltung "sehr wohl durchdachten" Ideen wenigstens eine Chance zu geben. Dies sei nicht immer der Fall.

Was Habermann damit meint, ließ sich erst kürzlich in "Aichach aktuell", der Zeitschrift des SPD-Ortsvereins nachlesen. "Es gibt immer haufenweise Bedenkenträger, die zunächst mal alles in Frage stellen, alles besser wissen - aus Prinzip, aus fraktionsspezifischem Kalkül, aus Angst vor der Veränderung", schrieb das Stadtoberhaupt da unter dem Titel "Meine ganz persönliche Zwischenbilanz" und übte damit ungewohnt offen Kritik an der Debatte um die Markthalle. Dass er dabei eine Niederlage einstecken musste, sei nicht das Schlimmste, "was mich aber ärgert, ist das wie."

"Das funktioniert nie in Aichach" - diesen Satz habe er in den zwei Jahrzehnten oft gehört, sagt Habermann und verweist unter anderem auf das Haus der Senioren, auf den Bahnhof und das Bahnhofsgebäude, den Grünzug Paar, das Milchwerk oder das Nutzungskonzept für das Sisi-Schloss. Da sei Durchhaltevermögen gefragt, am Ende sei dann meist doch alles gut, und auch die "Problemmacher" seien zufrieden.

Für Klaus Habermann ist das Bürgermeisteramt nach eigenem Bekunden nach wie vor ein Traumjob. Es habe noch keinen Tag gegeben, an dem er nicht gerne ins Rathaus marschiert sei. Als Bürgermeister müsse man nicht nur Pragmatiker sein, über ein dickes Fell verfügen und die Kraft mitbringen, auch mal dicke Bretter zu Bohren - "du musst Menschen mögen", unterstreicht Klaus Habermann, lobt die Unterstützung einer "überaus engagierten Verwaltung" und seine Ehefrau Heidi. Sie muss damit leben, dass die Bürger auch spät nachts beim Bürgermeister daheim anrufen. Dass es dann mitunter nur um einen klappernden Kanaldeckel geht, spielt keine Rolle. "Wir haben das Helfer-Syndrom und sind ein Stück weit stolz darauf, uns nicht verändert zu haben." Gerade die persönliche Note Aichachs gefalle ihm.

Jene Note kann freilich auch mal an die Nieren gehen. Ja, das Amt an sich habe sich durchaus verändert, räumt Habermann ein und spricht vom Wandel des Miteinanders der Gesellschaft: Der Fluch der Neuen Medien und sozialen Netzwerke. "Die Leute werden fordernder. Man muss die Menschen noch mehr mitnehmen im politischen Entscheidungsprozess". Das sei einerseits eine gute Sache, andererseits seien diese Diskussionen oftmals emotional geprägt - "und Leute gegen etwas zu mobilisieren, ist nun mal wesentlich leichter, als dafür".

Entschädigt werde er nicht zuletzt durch den Zuspruch aus den Reihen der Bürgerschaft, den er alleine bei Spaziergängen über den Stadtplatz erfahre: "Ich habe den Eindruck, dass meine Arbeit respektiert wird." Das war bei den Wahlen stets aus den nackten Zahlen abzulesen. Mit satten 83 Prozent im Rücken marschierte Habermann 2002 in die zweite Amtszeit, 2008 folgten gut 76 Prozent, und 2014 waren es immer noch knapp 74 Prozent - trotz zweier Herausforderer und den Binsenweisheiten, dass man über die Jahre zwangsläufig Menschen auf die Zehen tritt und Politik nun mal ein vergängliches Geschäft mit stetem Verlangen nach neuen, unverbrauchten Gesichtern ist.