Aichach
Die Energie-Kümmerer

Von Aichach aus werden 550 000 Solarmodule und 29 Windräder in ganz Deutschland überwacht Regenerative Energie für 80 000 Haushalte

23.06.2017 | Stand 02.12.2020, 17:53 Uhr

Die Fäden von Photovoltaik- und Windkraftanlagen in ganz Deutschland mit einer Gesamtleistung von 200 Megawatt peak laufen im Aichacher Milchwerk bei der ValloSol GmbH zusammen. Hinten (v.l.) Teamleiter Martin Dirr, Bürgermeister Klaus Habermann und Geschäftsführer Florian Bichler, der auch Geschäftsführer der Energiebauern GmbH ist. Rund 30 Mitarbeiter zählen beide Firmen derzeit. - Foto: Edler

Aichach (SZ) Die bunten Firmenwagen auf dem Milchwerkparkplatz fallen auf. Auch die Plakate mit Jobangeboten. Dennoch wirkte die ValloSol GmbH bis dato eher im stillen Kämmerlein, oben im zweiten Stock im nördlichen Gebäudetrakt des Milchwerk-Komplexes, direkt neben den Energiebauern. Dabei laufen dort die Fäden zusammen für ein ordentliches Pfund regenerativer Energie. 200 Megawatt peak (MWp) um genau zu sein. Das entspricht dem Durchschnittsverbrauch von rund 80 000 Haushalten.

Die einfache, und doch so geniale Idee, die hinter dem Unternehmen steckt, liegt im Grunde auf der Hand: Man baut eine Photovoltaik-Freiflächenanlage und nimmt sie ans Netz. Doch wer kümmert sich danach darum, dass die Module der Sonne auch tatsächlich brav und konstant Strom abzapfen? Im Winter etwa nach starkem Schneefall. Wer schöne Sonnentage verpasst, der verliert Geld. Viel Geld unter Umständen. Entsprechendes gilt für Windräder. Zwar gibt es Wartungsverträge mit den Herstellern und auch entsprechende Überwachungseinrichtungen, doch gerade bei den großen Windmühlen können es Details sein, die sich unter Umständen schmerzlich auf die Wirtschaftlichkeit auswirken.

Muss eine Windkraftanlage gewartet werden, so passt man den Termin im Idealfall den Windprognosen an, schaltet die Rotoren nicht ausgerechnet an einem windstarken Tag ab, nur weil da der Techniker des Herstellers Zeit hätte. Entsprechendes gilt für die Photovoltaik, bei der es inzwischen in echt sonnigen Zeiten immer wieder zu Überkapazitäten kommt und die Netzbetreiber eingreifen. Wohl dem, dessen Anlage weiter oder schnell wieder liefern kann.

Solche Gedanken waren es, die Florian Bichler, Geschäftsführer der Energiebauern GmbH, 2011 gemeinsam mit einem Kollegen aus Jettingen-Scheppach auf die Idee brachte, ein eigenes Unternehmen für die technische Betriebsführung zu gründen, um sich selbst beruhigt neuen Wind- und Photovoltaik-Projekten widmen zu können. Die Firma Ludofact ist einer der größten Brettspielehersteller der Welt, investiert aber über sein Tochterunternehmen Ludens bereits seit über 20 Jahren in regenerative Energie und betreibt Wind- sowie Photovoltaikanlagen. So entstand also die ValloSol GmbH, einer der beiden Geschäftsführer ist Florian Bichler, der von einer "wunderbar funktionierenden Partnerschaft" spricht.

Der Geschäftssitz ist zwar in Jettingen-Scheppach, wurde dort bereits vor zwei Jahren auf die kaufmännische Abteilung reduziert. Der Hauptstandort befindet sich seit 2015 am Aichacher Milchwerk, weshalb hier auch entsprechend Gewerbesteuer fließt. Mit zwei Personen ging es los, derzeit sind zehn Mitarbeiter und permanent zwei Praktikanten bei ValloSol beschäftigt, heuer im September kommen zwei Azubis dazu. Sie sollen zu Industrieelektrikern in der Fachrichtung Betriebstechnik ausgebildet werden.

Stichwort: Fachkräftemangel. Teamleiter Martin Dirr ist wie Bichler von der Wachstumsdynamik des Unternehmens überzeugt und lässt Zahlen sprechen. Zunächst wurden primär die eigenen Anlagen überwacht, instand gehalten und gewartet, inzwischen kommen stetig neue Kunden hinzu. Aktuell werden deutschlandweit 29 Windräder mit einer Gesamtleistung von 55 Megawatt betreut. Dazu kommen über 130 Megawatt aus Photovoltaikanlagen in ganz Deutschland. Umgerechnet geht es um 550 000 Solarmodule mit einer Gesamtfläche von einer Million Quadratmetern oder 100 Hektar.

Im nächsten Schritt will man sich nun der Wasserkraft widmen und international tätig werden. So geht jetzt in Schottland ein Windpark des Geschäftspartners in Betrieb, Ende des Jahres soll ebenfalls auf der Insel ein Wasserkraftwerk folgen. Moderne Technik macht es möglich: Detailscharf und in Echtzeit können sämtliche Solarfelder im Milchwerk-Leitstand abgerufen und ausgewertet oder auch ein Windrad abgeschaltet werden. Neben der Koordination von Wartungsarbeiten externer Firmen oder der Hersteller greifen, wenn möglich, auch eigene Leute der ValloSol vor Ort ein.