Aichach
Das mühsame Schreiben

Ausstellung im Wittelsbacher Museum: Mittelalterliches Skriptorium Bücher als Kunst

08.06.2016 | Stand 02.12.2020, 19:42 Uhr

Bücher gab es schon im Mittelalter - wer sich für die Bedeutung der Bücher in früheren Epochen interessiert, hat noch bis 3. August Zeit, die Sonderausstellung in Aichach anzuschauen. - Fotos: Weber

Aichach "Oh, wie schwer ist das Schreiben!" Warum dieser Satz einst wohl aus so mancher mittelalterlichen Schreibstube, dem sogenannten Skriptorium, zu hören war, erklärt die aktuelle Sonderausstellung im Wittelsbacher Museum. Leiterin Theresia Sulzer führte die Besucher der Vernissage und berichtete aus einer Zeit, in der die Buchherstellung mit immensem Aufwand und das Produkt mit regelrechtem Respekt versehen war.

Bürgermeister Klaus Habermann erläuterte seine ganz persönliche Beziehung zu der Ausstellung: Sein Vater war Buchdruck-Meister. "Ich erinnere mich noch gut daran, wie ich ihn ab und an in der Firma besuchen durfte. Damals, in den 60er-Jahren, war der Setzkasten mit seinen Bleibuchstaben noch Usus." Die "rasante Entwicklung des Buchdrucks" führte in der jüngsten Vergangenheit zur Errungenschaft des E-Books. Deren Umsatzanteil betrug in Deutschland vergangenes Jahr vier Prozent, wobei insgesamt über neun Milliarden Euro Umsatz gemacht wurden. "Bücher waren im Mittelalter schon sehr begehrt und sind es heute immer noch, das finde ich bemerkenswert", meinte Habermann. Bücher hatten einst neben dem materiellen auch sehr hohen ideellen Wert, wie Theresia Sulzer ausführte. Sie galten als Kunstgegenstände, als Glücksbringer und Reliquien. "Die Wikinger haben Bücher sogar als Geiseln genommen."

Das Wissen darüber, wie geschrieben wurde im Mittelalter und wie Bücher entstanden sind, ergibt sich aus den Büchern selbst. Ihr Inhalt kreiste nicht selten um das Schreiberhandwerk und Herstellungstechniken. "So haben wir nach 1000 Jahren praktisch noch einen unmittelbaren Kontakt zu den Schreibern", machte Sulzer deutlich. Auf diese Weise kam es auch zum Titel der Ausstellung, da ein Schreiber seinem Unmut über die harte Arbeit Luft machte. Derartige persönliche Anmerkungen finden sich in vielen mittelalterlichen Büchern, zur Arbeit der Buchherstellung, aber auch Bitten und Drohungen zur Sorgfaltspflicht gegenüber den Büchern sind dabei.

In fünf Vitrinen zeigt die Ausstellungen den Weg des Buches im Mittelalter. Die Schrift und somit ihre Sammlung war vor allem im Christentum wichtig. Bücher waren Teil jedes Kirchenschatzes. Mussten sie, zum Beispiel wegen der Neugründung von Klöstern, kopiert werden, übernahmen das die Mönche. Ab dem vierten Jahrhundert löste der sogenannte Codex die antike Papierform ab, die Verbindung mehrerer Wachstafeln und der Vorreiter der heutigen Buchform. Oft wurden Notizen auf Wachs gemacht und später auf Papyrus übertragen.

Dieses wiederum wurde schließlich von Pergament abgelöst. Es war beständiger, gut zu beschreiben und leichter zu beschaffen. Es wurde aus Häuten von Kälbern, Ziegen oder Schafen hergestellt. "Ein mittelalterliches Buch war nicht für Veganer geeignet", erklärte Theresia Sulzer. Mit Federn wurde geschrieben, Tinte wurde zum Beispiel aus Tiergalle oder Purpur (Drüsensekret bestimmter Schneckenarten) hergestellt, als Bindemittel für Farbpigmente in Pulverform diente Leim aus Eiklar.

Die Ausstellung "Oh, wie schwer ist das Schreiben - Im mittelalterlichen Skriptorium" kann noch bis zum 3. August im Wittelsbacher Museum in Aichach besucht werden, das Museum ist dienstags bis sonntags von 14 bis 16 Uhr bei freiem Eintritt geöffnet.