Granitbelag aus China als Stein des Anstoßes

11.01.2008 | Stand 03.12.2020, 6:13 Uhr

Selbst kleine Kinder schuften in asiatischen Steinbrüchen. Die so gewonnenen Granitsteine werden in riesigen Mengen zu Dumpingpreisen nach Europa exportiert. Städteplaner Klaus Immich hält es allerdings für unwahrscheinlich, dass auch das großformatige Pflaster, das für den Hauptplatz benötigt wird, durch Kinderarbeit gewonnen werden könnte. Schon wegen der großen Menge, die hier benötigt werde, müssten die Steine zumindest weitgehend maschinell produziert werden, glaubt er. - Foto: dpa

Pfaffenhofen (PK) Auf der SPD-Homepage ist ein schockierendes Foto zu sehen: Arme Kinder quälen sich in einem Steinbruch mit zentnerschweren Granitquadern ab. "Sie arbeiten für unseren Hauptplatz!", empört sich die SPD. Prangert sie da skandalöse Vorgänge an, oder ist das eher nur Wahlkampf-Getöse?

Die Sozialdemokraten zeigen auf ihren Internetseiten die miserablen Bedingungen auf, unter denen Millionen von Kindern in chinesischen und indischen Steinbrüchen schuften müssen. Für den Abbau von Granitsteinen, die damit so billig sind, dass sie in rauen Mengen von europäischen Firmen importiert werden – auch nach Bayern.

So werde auch im Pfaffenhofener Stadtrat derzeit über den Kauf von Granit- und Pflastersteinen aus China oder Indien für die Neugestaltung des unteren Hauptplatzes diskutiert, schlägt die SPD auf ihrer Homepage Alarm: "Die SPD setzt sich für eine dringende Prüfung des Sachverhaltes ein. Wir wollen keine Pflastersteine aus Kinderarbeit!", heißt es da.

Wie man ausschließen kann, dass die Pfaffenhofener künftig am Hauptplatz über Granitsteine flanieren, für deren Produktion sich Kinder aus asiatischen Ländern schinden mussten, dazu hat der Ortsverein konkrete Vorschläge: Viele Kommunen hätten schon Beschlüsse verabschiedet, laut denen sie keine Produkte aus Kinderarbeit erwerben wollen. Sie verlangen von Zulieferfirmen verbindliche Erklärungen, in denen diese versichern müssen, dass ihre Produkte nicht aus ausbeuterischer Kinderarbeit stammen. Und diesem Beispiel müsse die Kreisstadt umgehend folgen und soziale Kriterien bei ihren Ausschreibungen einführen, so die hehre SPD-Forderung, die von vielen Pfaffenhofenern mitgetragen wird, wie zum Beispiel Protest-Mails gegen China-Granit an die Adresse der Stadtverwaltung zeigen.

Doch die vermeintlich brandheiße Kampagne der SPD hat dicke Haken: So gibt es im Pfaffenhofener Stadtrat gar keine aktuelle Debatte über Granitsteine aus China oder Indien. Das Gremium ließ sich nämlich bereits vor einem halben Jahr, im Juni 2007, den vom Städteplaner favorisierten Granitbelag für den unteren Hauptplatz vorstellen, der – wie Klaus Immich schon damals nicht verhehlte – voraussichtlich aus China kommen wird, weil europäische Hersteller mit den Dumpingpreisen der dortigen Steinbrüche nicht mithalten können und solche Steine zudem (oder auch deshalb) immer weniger in Deutschland und Europa produziert werden.

Klaus Immich räumte zudem schon damals ein, dass man in diesem Zusammenhang natürlich über die Problematik der Kinderarbeit diskutieren könne und vor diesem Hintergrund votierten wohl die Stadträte Roland Dörfler (Grüne) und Reinhard Haiplik (ödp) gegen die Ausschreibung des vom Städteplaner empfohlenen Materials. Alle anderen Mitglieder des Gremiums – auch die vier anwesenden SPD-Räte – trugen den Immich-Vorschlag mit, woraufhin im November die Ausschreibung erfolgte, bei der noch bis 29. Januar Angebote abgegeben werden können.

Die Räte, die für diese Vorgehensweise votierten, müssen sich freilich nicht unterstellen lassen, die Problematik der Kinderarbeit in China und Indien nicht ernst genug genommen zu haben.

Klaus Immich kündigte nämlich ebenfalls bereits bei der öffentlichen Juni-Sitzung des Stadtrates an, dass man – was die SPD jetzt mit einem halben Jahr Verspätung einfordert – von allen anbietenden Firmen eine verbindliche Erklärung über die Einhaltung der internationalen Vereinbarungen gegen verbotene ausbeuterische Kinderarbeit verlangen werde. Und entsprechende Formulare wurden, wie er jetzt noch einmal schriftlich versicherte, allen Leistungsverzeichnissen beigelegt. Immich: "Eine wissentlich falsche oder nicht abgegebene Erklärung führt zum Ausschluss vom Vergabeverfahren."

Der Städteplaner kann sich zudem "nicht vorstellen", dass eine so große Menge von Pflastersteinen, wie sie für den unteren Hauptplatz benötigt wird, "in solch kurzer Zeit ohne weit gehenden maschinellen Einsatz produziert werden kann." Jeder Pflasterstein sei so groß und gewichtig, dass es selbst Erwachsenen schwer fallen würde, ihn hoch zu heben. Das Fazit des Planers: "Zumindest bei unserem großflächigen Pflastermaterial erscheint mir der Einsatz von Kinderarbeit unwahrscheinlich."