Auch Bäume sind schutzbedürftig

15.03.2018 | Stand 02.12.2020, 16:41 Uhr

Zum Leserbrief "Bund Naturschutz sollte nach vorne denken" (PK vom 14. Februar) ging eine Zuschrift von Rudolf Markert ein. Der Vohburger hat der Redaktion gleichzeitig eine Mappe geschickt, in der er mit mehr als 50 Fotos dokumentiert hat, dass der Biber auch große Eichen und sonstige Harthölzer wie Buchen oder Eschen benagt und fällt. "Ein großer Verlust für die Uferlandschaft", schreibt Rudolf Markert:

Der Leserbrief von Annette Hartmann ist interessant und aufschlussreich. Eine Naturschützerin hinterfragt, ob es noch zeitgemäß ist, Biber, Bär und Wolf in eine veränderte Kulturlandschaft zu bringen.

Der Biber wurde 1967 hergebracht und einfach in die Landschaft ausgesetzt. Nun ist der Biber der größte Naturveränderer, den es unter den Tieren gibt und den in eine dicht besiedelte Kulturlandschaft auszusetzen bedeutete Probleme und Schwierigkeiten.

Den ersten bibergefällten Baum, eine Weide, fand ich 1985 an der Kleinen Donau in Vohburg. In den folgenden Jahren breitete sich der Biber rasch aus, baute am Wellenbach einen Damm von 20 Metern Länge, 1,20 Meter hoch und überflutete 200 Meter Ackerland. Ich trauere dem schönen Bachbett und den vielen Bäumen nach, die der Wellenbach einst hatte.

Ab 1987 sammelte ich 320 Artikel, über den Biber, die meisten aus dem Pfaffenhofener Kurier, Berichte über Bibertreffen in Rathäusern, Gaststätten, Begehungen, Einbrüchen, ausgelaufenen Weihern, Bohrungen und Dammschäden, Der erste Artikel mit Bild von einem angenagten Baum an der Paar bei Hohenwart stammt vom 9. Januar 1987. Aus Manching: "Nächtlicher Dammbruch vermutlich Werk von Bibern", vom 30. November 1989. Der damalige Bürgermeister von Münchsmünster, Ludwig Schrötzlmair: "Biberplage darf nicht länger verharmlost werden", vom 30. März 1988. Auch der auf Schrötzlmair als Bürgermeister von Münchsmünster folgende Hermann Müller hatte viele Probleme mit Bibern. Vielen anderen Bürgermeistern ging es ebenso.

Es gab ein ständiges Für und Wider beim Biber. Wer besonders unter den Problemen leidet, sind Bauern und Menschen, die Bäume gerne haben. Bäume sind wichtig für den Erhalt unserer Lebensqualität und sind auch "schutzbedürftig". Bäume leiden, wenn sie beschädigt werden und das sind sehr viele in der Landschaft. Annette Hartmann hat ein besonderes Herz für die Laubbäume. Deren Blätter filtern die Luft, geben uns Sauerstoff und verbrauchen C02. Gefragt ist ein weites Naturverständnis und nicht nur die Bevorzugung von Prestigetieren.

Über Jahre hinweg sammelte ich Fotos von 500 Eichen, die vom Biber benagt oder gefällt wurden zwischen Ingolstadt und Neustadt an der Donau, als auf 30 Kilometern. Der Biber ringsum nagt Eichen bis zu einem Durchmesser von einem Meter und fällt Eichen bis zu 70 Zentimetern Durchmesser mit einem Umfang von zwei Metern. Es gibt Uferstrecken, an denen Eichen und andere Harthölzer verschwunden sind. Sie brauchen Generationen, bis sie wieder nachwachsen. Die Qualität der Uferbäume hat sich auf weite Strecken sehr verschlechtert. Wie uns Annette Hartmann vorrechnet, fällt ein Biber zehn Bäume pro Jahr. 500 Biber im Landkreis Pfaffenhofen fällen dann 5000 Bäume pro Jahr. Es ist schlichtweg eine Überforderung des Uferbestandes. Wie viele Bäume sind es, die in allen bayerischen Landkreisen benagt oder gefällt werden? Annette Hartmann empfiehlt Drahtschutz an allen Uferbäumen an allen Gewässern im Landkreis anzubringen. Doch wie sieht das aus und hundert Prozent sicher ist das auch nicht. Auf einigen Dutzend Fotos ist ersichtlich, dass der Biber trotzdem Bäume benagt hat, indem er den Draht herunterdrückte. Der Biber ist ja stark. Er nagte an einigen Bäumen durch den Maschendraht, oder hat schwachen Draht einfach durchgezwickt.

Wenn wir nach vorne schauen, sollten wir etwas gelernt haben von dem, was zurück liegt. Man muss nicht in Maßlosigkeit verfallen und meinen, alles, was einen an Wildtieren gefällt, hierher bringen zu müssen, ohne Rücksicht auf Veränderungen und Schaden, die dadurch entstehen, Deutschland ist ein dicht besiedeltes Land mittlerer Größe und liegt in der Welt auf Platz 62, was Größe anbelangt. Da kann man nicht unbegrenzt Wildtiere herbringen und fördern, besonders wenn sie viel Schaden anrichten, oder für andere Tiere, aber auch für Menschen, gefährlich werden. Naturschutz hat viele Aufgaben vor sich in Gegenwart und Zukunft. Viele heimische Tierarten, und Vögel, die schon immer da waren, sind bedroht, selbst Spatzen werden selten. Die großen Herausforderungen sind Klimawandel, saubere Energien, Landverbrauch, Naturzerstörung durch den Einfluss des Menschen in diesen Bereichen. Die Politik muss da mehr verantwortungsbewusst den Rahmen setzen für den Erhalt der Umwelt, damit auch Lebensqualität für Mensch und Tier erhalten bleibt. Es müsste da viel mehr geschehen..

Der jetzige Zustand an den Gewässern hätte in diesem Ausmaß erst gar nicht entstehen dürfen. Ich finde es nicht am Platze, den Biber flächendeckend über ganz Deutschland zu verbreiten. Wenn schon, dann in einigen beschränkten, wenig besiedelten Gebieten unter strenger Kontrolle. Den Bibern gönne ich viel Lebensraum in großen Ländern wie Kanada (28 Mal so groß wie Deutschland) und Russland. Für meine Begriffe sind die geeigneten Wildtiere in Deutschland Hirsch, Reh, Hase, Fuchs, Dachs, Fasan, Rebhuhn und andere. Sie sollen nicht verdrängt werden. Für den Wolf ist das Niederwild nur Zwischenmahlzeit, bevor er sich über Rehe und Schafe hermacht. Nach vorne schauen heißt ein ausgewogenes Maß zwischen Mensch, der Kulturlandschaft und den Wildtieren zu finden.

Rudolf Markert

Vohburg