Rettungsdienst: Gemeinsam an Optimierung arbeiten

04.07.2017 | Stand 02.12.2020, 17:50 Uhr

Zu den Leserbriefen von Hans Finkbeiner und Irmtraud Egger (PK vom 1./2. Juli) ging folgende Stellungnahme von Altlandrat Rudi Engelhard, Vorsitzender des Vereins "Leben retten", ein:

Da ich mich seit mehr als 15 Jahren ehrenamtlich für den Notarzt- und Rettungsdienst im Landkreis Pfaffenhofen einsetze und aus eigenem Erleben habe ich viel Verständnis für die von Hans Finkenbeiner und Irmtraud Egger vorgetragenen Unmutsäußerungen.

Leider wurde jedoch in den verschiedenen Zuschriften einiges Unzutreffendes dargelegt.

Zuständig für die Organisation des Rettungsdienstes ist die Integrierte Leitstelle für den Rettungsdienst und Feuerwehralarmierung (ZRF) in Ingolstadt. Bei eingehenden Notrufen verständigt der Disponent das einsatzfähige Rettungsmittel, das dem Einsatzort am nächsten ist. Wenn also der Schrobenhausener Rettungswagen gerade auf dem Rückweg von der Ilmtalklinik ist und sich unterwegs ein Unfall ereignet, wird er unmittelbar dorthin umgeleitet. Die übrigen Rettungsstationen müssen dann die Gebietsabsicherung für den Schrobenhausener Raum von festgelegten Standorten aus übernehmen.

Die Rettungswache Pfaffenhofen hat im Zeitraum vom 1. Juli 2015 bis 30. Juni 2016 bei insgesamt 2816 Notfallereignissen Hilfe geleistet.

Da an jedem Rettungswagenstandort nur ein Rettungswagen zur Verfügung steht, treten immer dann Probleme auf, wenn dieser im Einsatz ist. Während eines Jahres wurden 675 sogenannte Duplizitätsereignisse registriert. Das heißt zum Beispiel der Notarzt und die Rettungssanitäter reanimieren gerade einen Herzinfarktpatienten und jetzt erreicht die Rettungsleitzentrale ein Notruf wegen eines Unfalls auf der B 13. Jetzt wird der dem Unfallort am nächsten gelegene freie Rettungswagen alarmiert. Der hat natürlich in vielen Fällen einen längeren Anfahrtsweg.

Es wird fälschlicherweise immer wieder behauptet, dass die Fahrtzeit des ersteintreffenden Rettungsmittels in jedem Fall zwölf Minuten nicht überschreiten darf. Die gesetzliche Vorgabe besagt vielmehr, dass dies in 85 Prozent der Fälle zutreffen muss.

Nun kann man leicht weitere Rettungswagen samt Besatzung fordern. Seit mehr als zehn Jahren sind wir systematisch an der Schließung der Lücken im Rettungsdienst im Landkreis Pfaffenhofen. Dabei arbeiten wir die Defizitbereiche entsprechend der Größe ihrer Problemstellung ab. Der westliche Landkreis von Baar-Ebenhausen bis Hohenwart konnte mit der hart erkämpften Rettungswache Reichertshofen verbessert werden. Das zweite große Loch in der Mitte des Landkreises wird jetzt tagsüber durch den Rettungswagen- Standort Rohrbach abgedeckt. Dieser hilft gleichzeitig die Duplizitätsfälle bei den Rettungsstandorten Pfaffenhofen, Geisenfeld und Reichertshofen deutlich abzubauen.

Der Gutachter nennt für den Hauptort Pfaffenhofen eine um fünf Minuten kürzere Fahrzeit als die Fahrzeit des Rettungswagens der Rettungswache Allershausen.

Wie kommt man nun zu einem weiteren Rettungswagenstandort? Der ZRF hat dazu ein ergänzendes Gutachten des Instituts für Notfallmedizin und Medizinmanagement der Universität München angefordert und unter dem Datum 09/2016 wurde auch eine Detailanalyse für den Versorgungsbereich der Rettungswache Pfaffenhofen erstattet. Das Ergebnis ist, dass die gesetzlichen Hilfsfristen in 87,9 Prozent der ausgewerteten Einsätze eingehalten wurden.

Die Detailanalyse für die einzelnen Gemeinden ergab, dass der Rettungswagen aus Pfaffenhofen nahezu alle Notfalleinsätze innerhalb einer Fahrzeit von maximal zwölf Minuten erreichen konnte. Dagegen wurde in den Gemeinden Gerolsbach und Jetzendorf in etwa der Hälfte der Fälle die Hilfsfrist überschritten. Für die Gemeinde Gerolsbach wird deutlich, dass der Rettungswagen aus Pfaffenhofen in über der Hälfte die Hilfsfrist einhalten konnte. Der Rettungswagen Schrobenhausen nur zu 40 Prozent.

Die Versorgung der Gemeinde Jetzendorf bereitet die größten Probleme. Hier ist der Hauptort Jetzendorf mit Priel der nächstgelegenen Rettungsstation Markt Indersdorf zugeordnet. Diese konnte die dortigen Einsatzorte nur zu knapp 40 Prozent rechtzeitig erreichen. Der Rettungswagen aus Pfaffenhofen war meist schneller in der südlichen Landkreisgemeinde.

Es zeigt sich also ganz deutlich, wo die rettungsdienstlichen Probleme im Landkreis Pfaffenhofen nach der Einrichtung des vierten Rettungswagens liegen.

Über die Einrichtung eines weiteren Rettungsdienststandortes entscheiden letztlich die Kostenträger - sprich die Krankenkassen im Rahmen eines aufwendigen Verfahrens.

Wegen der hohen Kosten einer Rettungsstation ist diese finale Zustimmung nur zu erhalten, wenn in dem zukünftigen Rettungsbereich eine entsprechende Zahl von Notfalleinsätzen nachgewiesen wird. Mit unseren beiden Südgemeinden alleine ist dieser Nachweis nicht zu führen. Deshalb muss in Zusammenarbeit mit den benachbarten Leitstellenbereichen untersucht werden, ob dort ebenfalls im Überschneidungsbereich deutliche Defizite vorhanden sind, die mit einer weiteren landkreisüberschreitenden Rettungswache abgedeckt werden können.

Der von mir geleitete Verein "Leben retten" ist auch hier gerne bereit, Spendengelder in die Hand zu nehmen, um diese Frage zu klären. Abschließend darf ich noch darauf hinweisen, dass unsere gesamten Bemühungen wenig nützen, wenn man in einem Bereich unseres Landkreises einen Unfall erleidet, in dem die Notrufnummer 112 ohne Anschluss bleibt. Das sind zum Beispiel Teile der größeren Forstgebiete im Landkreis. Auch nützt der schnellste Rettungswagen wenig, wenn keine Klinik mit einer aufnahmebereiten Notfallstation in der Nähe dienstbereit ist. Die Hilfe in Notfällen ist eben von vielen Umständen abhängig, die wir gemeinsam optimieren wollen.

Rudi Engelhard

Altlandrat

Vorsitzender des Vereins

"Leben retten"