Wo bleibt der Aufschrei?

18.05.2017 | Stand 02.12.2020, 18:06 Uhr

Zum Artikel "Die Jungen sind die Verlierer" (PK vom 12. Mai):

Wir schreiben das Jahr 1975. Ich war damals gerade 22 und zwei meiner Freunde waren 25 Jahre alt. Meine Samstagsbeschäftigung war es, den beiden als Bauhelfer zur Hand zu gehen. Beide hatten den Mut, im jungen Alter von 25 Jahren zu bauen. Man könnte meinen, dass es sich bei den beiden um Bestverdiener handelte. Bei weitem gefehlt! Einer meiner Freunde war als Schlosser bei der Deutschen Bundesbahn, der andere als Kfz-Mechaniker in einer Münchner Werkstatt angestellt. Die Häuser wurden fertiggestellt und abbezahlt.

Zurück zum Artikel. Eine Statistik aus dem Jahr 2015 besagt, dass Deutschland vor der Schweiz innerhalb Europas was Wohnungseigentum anbelangt, an vorletzter Stelle liegt. Nur circa 50 Prozent der Deutschen besitzt Wohnungseigentum. Im Vergleich zu anderen führenden europäischen Staaten ist Deutschland Entwicklungsland. Zum Vergleich: Frankreich: 64 Prozent; Großbritannien: 63 Prozent; Italien: 73 Prozent;

Was mich wundert: es geht kein Aufschrei durch das Land. Wie im Artikel vom Pestel-Institut festgestellt, sind es gerade die Jungen, denen aufgrund von horrenden Immobilienpreisen im Einzugsgebiet München, unsicheren Arbeitsverträgen (Zeitverträge), mäßiger Einkommensentwicklung bei Arbeitern und Angestellten die Hoffnung auf Eigentum geraubt wird.

Es gibt in Oberbayern, also im weiteren Umkreis von München, fast eine Million Bürger zwischen 25 und 40 Jahren. Bei drei Millionen Wahlberechtigten und zuletzt einer Wahlbeteiligung von circa 59 Prozent bei der Landtagswahl, hätte die Zielgruppe der Bauwilligen (25- bis 40-Jährigen) einen gewaltigen Stimmenanteil. Es wäre also genau für die Betroffenen eine Möglichkeit, ein Zeichen zu setzen. Leider gibt es von keiner Partei gute verwertbare Aussagen, wie man jungen Menschen wieder Hoffnung machen kann auf ein Leben im eigenen Heim.

Keine der etablierten Parteien ist darauf aus, die Eigenheimförderung ins Programm aufzunehmen. Der Markt wird es schon richten - tut es aber nicht. Was der Markt anrichtet ist:

a) dass immer mehr ältere Bewohner aufgrund hoher Mieten (und Immobilienpreise) den Raum München verlassen müssen. Die Renten der normalen Einkommensschichten (Arbeiter, Angestellte) reichen nicht aus, um sich München und deren Umgebung, leisten zu können.

b) dass die Hoffnung vieler Jugendlicher zerstört wird, dass man aufgrund von Fleiß und Zuverlässigkeit es schaffen kann, sich was Eigenes zu schaffen. Damit wird ein Standbein der Alterssicherung eliminiert.

c) Es weckt Geister die man ruft (extreme Parteien), die man besser schlafen lässt.

Es scheint so, dass sich die junge Generation auf das Erbe verlässt. Oder darauf, dass alles besser wird. In einer Welt des (zügellosen) Kapitalismus und der fortschreitenden Gentrifizierung, ist diese Hoffnung unrealistisch. Die Schere zwischen den Besitzenden und denen, die zu nichts kommen, wird sich mit den jetzigen politischen Vorstellungen der regierenden Parteien in Deutschland nicht zum Positiven der Letztgenannten verändern.

Deshalb ist der Stimmzettel ein probates Mittel, Veränderungen herbeizuführen.

Bernd Breinbauer

Schweitenkirchen