Umgebung mitgekauft

10.03.2017 | Stand 02.12.2020, 18:31 Uhr

Zu den Nachbarschaftsstreitigkeiten um krähende Hähne in Geroldshausen und Wolnzach (WZ berichtete mehrfach):

Die Wogen schlagen hoch, wenn sich Zuagroaste vom Krähen des Hahnes gepeinigt fühlen und Anwälte und Gerichte über die Existenz eines Gockels befinden müssen. Seit 1940 gibt es in Wolnzach einen eingetragenen Kleintierzuchtverein. Derzeit sind 88 Mitglieder dem Verein verbunden, die im Gemeindebereich Wolnzach circa 1000 Tauben, Enten, Gänse und Hühner halten. Diesem Hobby frönen Senioren, die seit Jahrzehnten mit den Tieren vertraut sind, aber auch Kinder und Jugendliche, die sich um die Federviehhaltung angenommen haben und zum Teil in die Fußstapfen der Eltern und Großeltern treten. Glücklicherweise haben die Heranwachsenden den Umgang mit Tieren als Hobby gewählt, dem sie mit Fleiß, Gewissenhaftigkeit und Verantwortung für ein Lebewesen nachkommen.

Ein wichtiger Teil dieser Tradition und dieses sinnvollen Beschäftigungsfeldes ist der Hahn, der naturgemäß kräht und für die Nachzucht verantwortlich ist. Die Mitglieder des Vereins leben zum Teil auf ihren Bauernhöfen, die wiederum seit langer Zeit fester Bestandteil der Gemeinde sind. Auf ihren Höfen wird das Federvieh seit Jahren gehalten. Früher diente es der Selbstversorgung, später, als das Discounterei das Kleinbauernei ersetzte, wurden die Hühner wegrationalisiert. Es blieben dennoch manche übrig, die das Federvieh auf ihren Höfen hegen und pflegen. Daran sieht man, dass der Gockel seit langer Zeit zum Leben auf dem Land gehört.

Die Hähne krähen, manche zum Leidwesen ihrer Nachbarn zu laut oder zu oft. Die Milliarden frisch geschlüpfter männlicher Küken aus der Massentierhaltung krähen nach ihrer Verschredderung oder Vergasung gleich nach dem Schlüpfen nicht, schon gar nicht zweimal.

Es gibt aber durchaus Gründe, die das Halten von Hühnern samt Gockel auf dem Land rechtfertigen beziehungsweise durch die Tradition und die Eigenständigkeit und Besonderheit des ländlichen Lebens fordern, wenn die Zuagroasten aus den Städten, vermutlich wegen der günstigeren Baulandpreise, aufs Land ziehen, so kaufen sie zum Bauplatz auch die Umgebung mit. Eine Umgebung, die auf dem Land anders strukturiert ist als in der Stadt. Es wirkt deshalb befremdend und provozierend, wenn vonseiten mancher Zuagroasten unser Landleben umgekrempelt und zum Beispiel das Halten eines Gockels verboten werden soll. Sollte es dem Anwalt der "Antigockelfraktion" gelingen, den Hahn aus unseren Gärten und Ställen zu vertreiben, so empfehle ich in Zukunft die Anschaffung von acht bis zehn Perlhühnern.

Siegfried Eiba

Erster Vorstand

Kleintierzuchtverein

Wolnzach