Als potenzielle Gesetzesbrecher dargestellt

15.02.2017 | Stand 02.12.2020, 18:39 Uhr

Zu "Identitätskontrollen in Pfaffenhofener Asylunterkunft" (PK vom 10. Februar):

Ein "neutraler" Bericht über eine Polizeikontrolle in einer Asylunterkunft? Es hat den Anschein. Als ehrenamtliche Helfer, die sich um Deutschunterricht, Arbeitsplatzsuche, Freizeitgestaltung und sonstige Probleme der Flüchtlinge dieser Unterkunft kümmern (also um Integration), geben wir gerne ergänzende Informationen:

"Offiziell waren ... 49 Personen registriert. ... konnten aber nur 34 Personen angetroffen ... werden": Die meisten der fehlenden 15 Personen waren bereits in der Arbeit, beziehungsweise in der Schule oder auf dem Weg dorthin. Ein großer Teil der ausschließlich männlichen Bewohner geht nämlich einem regulären Broterwerb nach, und zahlt sowohl Sozialabgaben wie auch Steuern. Keiner treibt sich "irgendwo" rum.

"Gegen eine Person musste Hausverbot ausgesprochen werden, da der zugewiesene Wohnort Passau ist": Ein Besuch eines Landsmannes, der seit drei Jahren in Deutschland lebt, bereits sehr gut Deutsch spricht, einen Job und momentan Urlaub hat, und einen Freund sehen möchte. Alle Männer sind ohne Familie hier, es gibt fast keine persönlichen Ansprechpartner oder Vertrauenspersonen für sie hier in Pfaffenhofen und Umgebung, wahrscheinlich ebenso in Passau. Obwohl die Männer sehr gerne mehr mit der Bevölkerung ins Gespräch kommen würden, schon allein um ihre Deutschkenntnisse zu verbessern, und damit bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu haben.

"Eine weitere Person wird ... wegen Verdachts der Urkundenfälschung angezeigt, ... indem sie eine Farbkopie (der Aufenthaltsgestattung) erstellte: O Gott, habe ich das gemacht? fragt sich die Schreiberin des Leserbriefes. Als Nachbarin mit Büro helfe ich oft mit PC, Kopierer etc. aus. Aber Farbkopien habe ich nicht erstellt, nur s/w zur Sicherung des Dokuments im Falle eines Verlustes (rät jede Versicherung auch uns Deutschen, wenn wir auf Reisen gehen). Ich bin erleichtert.

"Solche Kontrollen werden ...immer dann vorgenommen, wenn ein Anlass dafür besteht ..." (laut Sprecherin): Aha, es besteht also ein Anlass, wird dem Leser suggeriert. Zudem behandelt die zweite Hälfte des Artikels die Vorgabe des Innenministeriums zur Identitäts- und Sicherheitsüberprüfung, weiter die Aussage des Landrats " ...zur Sicherheit in unserem Landkreis" sowie " ...ergeben sich vermehrt ...Hinweise, die eine Identitätsfeststellung notwendig machen" plus abschließend Fakten über die Zahl der Flüchtlinge im Landkreis. Fazit: Das Amt hat alles im Griff! Soll es auch haben. Aber ist es denn nötig, alle Asylbewerber vorab als potenzielle Gesetzesbrecher darzustellen? Den Männern dieser Flüchtlingsunterkunft ist ihr Arbeitsplatz das wichtigste hier in Deutschland. Er sichert ihren Familien in der Heimat nicht nur Auskommen, sondern auch Schulbildung und medizinische Versorgung. Nichts fürchten sie mehr als unangenehm aufzufallen oder Probleme mit Ämtern oder Polizei zu bekommen. Vielleicht könnte die Presse auch mal diese Seite des Flüchtlingsproblems ans Tageslicht bringen. Wir stehen zur Vermittlung gerne zur Verfügung.

Christine Scherg, Barbara Reis, Carsten Kühnel, Natascha Röger und weitere ehrenamtliche Helfer in der Unterkunft in der Senefelder Straße in Pfaffenhofen