Die verlorene Bibliothek

03.01.2017 | Stand 02.12.2020, 18:50 Uhr

Zur Diskussion um die Umstrukturierung der Kreisbücherei:

Dem kritischen Leserbrief von Christina Widmann zur bedenklichen Entwicklung der Pfaffenhofener Kreisbibliothek seit 2014 kann nur uneingeschränkt zugestimmt werden: Es ist ein Graus.

Nach der bayerischen Bibliotheksstatistik beliefen sich die Bestände der Kreisbücherei zum Jahresende 2013 auf 68 402 Medien, Anfang 2016 waren es gerade noch 48 701. Man hat also zugelassen, dass eine zuvor hervorragend sortierte Bibliothek ohne jede Not um fast ein Drittel (29 Prozent) verkleinert wurde. Respekt!

Auf die schriftliche Bitte an die Kreisverwaltung von Pfingsten 2016, hier doch zumindest künftig dringend gegenzusteuern, erhielt ich die behördliche Auskunft, die Entwicklung der Einrichtung entspreche ganz den Vorgaben des Landratsamtes. Die Kreisbücherei könne schließlich "nicht die Funktion eines Archivs oder Antiquariats übernehmen". Man möge aber unbesorgt sein, denn "Medien, die den Freihandbestand verlassen, werden in der Regel nicht im Papiermüll entsorgt". Der Kabarettist wäre froh über solche Pointen, leider aber sind diese Sätze ernst gemeint. Weitgehend unbekannt scheint den heute Verantwortlichen auch, dass die Bestände der Kreisbibliothek, insbesondere aus der inzwischen stark dezimierten Fachliteratur, ursprünglich auf die Lehrerbibliothek des Schyren-Gymnasiums samt vieler aus Mitteln der Elternspende erworbener Bände zurückgehen. Aber wer braucht in unseren digitalen Zeiten schließlich noch papierene Fachliteratur? Seit dem Sommer 2016, heißt es, sollen nun zumindest die jeweiligen gymnasialen Fachbetreuer vor weiteren Aussonderungen (!) einbezogen werden... Angestrebt wird laut Landratsamt eine moderne, attraktive und aktuelle "Bildungseinrichtung, die zum Aufenthalt ohne Konsumzwang einlädt". Im Bestand der Bibliothek findet man folglich entsprechend den aktuellen Bestsellerlisten inzwischen ein Opus der Frau Katzenberger ("Eine Tussi wird Mama"), den "Tristram Shandy" von Laurence Sterne, einen der großen Romane der Weltliteratur, hat man hingegen längst ausgesondert. Ist es also nicht erfreulich, wenn in den Bibliotheksräumen endlich wieder Platz für Sinnvolles gemacht wird?

Gleichzeitig schmückt man sich stolz mit dem Gütesiegel einer "Bildungsregion" - immerhin Humor hat man in der Kreisverwaltung.

Florian Erdle

Pfaffenhofen