Windkraftnutzung: Die Position des Bund Naturschutz

22.04.2016 | Stand 02.12.2020, 19:55 Uhr

In der aktuellen Diskussion zur Windkraft im Landkreis ist mehrfach auch der Bund Naturschutz angesprochen worden. Otmar Schaal und Siegfried Ebner vom BN-Arbeitskreis Energie haben jetzt in einer Stellungnahme zu den veröffentlichten Leserbriefen die Position der Kreisgruppe des Bund Naturschutz zusammengefasst:

Die Diskussion um die Windkraft fand innerhalb des BN bereits vor über 15 Jahren statt, mit genau den gleichen Argumenten und Aspekten, wie man sie auch in der aktuell geführten Diskussion im Landkreis wiederfindet.

Naturschutz und Energie für Bayern und den Landkreis Pfaffenhofen: Menschen in Bayern verbrauchen Energie und benötigen Strom. Der Bund Naturschutz vertritt die Meinung: Wir haben den Auftrag, den von uns verbrauchten Strom mit Erneuerbaren Energien zum machbar großen Teil vor Ort zu produzieren, denn wir tragen Verantwortung für nachkommende Generationen. Bayern benötigt Klimaschutz. Bayern benötigt daher Erneuerbare Energien, also auch Strom aus Windenergie.

Der Bund Naturschutz stellt fest, dass Windkraftanlagen nicht die zentrale Todesursache für Vogelarten in Deutschland sind und dass es zahlreiche andere Vogelverluste an Anlagen der technischen Infrastruktur gibt. Diese Position wird durch eine aktuelle Studie bestätigt, die Dr. Kohle von der Gesellschaft KohleNusbaumer in Lausanne erstellt hat (siehe BN-Homepage). Die zentralen Ergebnisse dieser Studie: Ein grundlegender Widerspruch besteht in der Tatsache, dass ausgerechnet die als besonders windkraftsensibel eingestuften und ursprünglich stark bedrohten Vogelarten Rotmilan, Uhu, Seeadler, Schwarzstorch und Wanderfalke aus der bundesweiten Liste und Vorwarnliste bedrohter Vögel gestrichen wurden. Der Bestand des Rotmilans in Deutschland ist in den vergangenen 15 Jahren um 40 Prozent angestiegen, parallel zum Bau von 26 000 Windenergieanlagen. Im Verhältnis zu anderen Todesursachen wie Stromtod, Verkehrstod oder Vergiftung ist die Gefahr einer tödlichen Kollision mit Windrädern verschwindend gering. Für Schwarzstörche ist das Risiko an Strommasten oder Stromfreileitungen zu Tode zu kommen 100 mal größer, als mit einer Windkraftanlage zu kollidieren.

Wenn man sich für den Artenschutz bedrohter Vögel einsetzt, dann muss man dafür sorgen, dass Stromfreileitungen vogelsicher umgerüstet werden oder weitere Stromtrassen verhindert werden. Genau dies tun Umweltverbände wie der Bund Naturschutz. In diesem Kontext unterstützt der Ausbau der Windkraft vor Ort die Strategie des BN, weitere Stromtrassen zu vermeiden, die eine der Haupttodesfallen für Vögel darstellen. Denn Strom, der hier erzeugt wird, muss nicht aus dem Norden nach Bayern und in den Landkreis transportiert werden.

Naturschutz und Energiewende von unten: Der Bund Naturschutz fordert mehr Gerechtigkeit bei der Energieversorgung und deshalb eine Energiewende von unten, das heißt: Energiepolitik für Bürger durch Bürgerenergiegesellschaften. Energieversorgung gehört in die Hand der Kommunen und der Bürger.

Die Vorgehensweise, die die 19 Gemeinden und der Landkreis gewählt haben, ist vorbildlich. Wir unterstützen die Vorgehensweise, zunächst Teilnutzungspläne zu erstellen, in denen dann Bebauungspläne für Windkraftanlagen aufgestellt werden. Dabei können alle Belange der Bürger eingebracht und berücksichtigt werden.

10H-Regelung abschaffen: Der Bund Naturschutz geht davon aus, dass die am 21. November 2014 in Kraft getretene Änderung der Bayerischen Bauordnung mit Einführung einer Abstandregelung Windräder zur Wohnbebauung von 10 Mal der Höhe, also typischerweise circa 2000 Meter Abstand, sehr schädlich sein wird für die Energiewende und für den Natur- und Landschaftsschutz. Der Bund Naturschutz kämpft dafür, dass diese unsinnige Regelung möglichst bald wieder fällt, aus Gründen des Atomausstiegs, des Klimaschutzes und aus rechtlichen, politischen und wirtschaftlichen Gründen.

Mit dem Energiedreisprung zum Ziel: Im Verständnis des Bund Naturschutz besteht die Energiewende aus drei Komponenten, die gleichzeitig angepackt werden müssen: Energiesparmaßnahmen, Steigerung der Energieeffizienz und der Einsatz regenerativer Energien. Nur in dieser Kombination können wir die Energiewende in unserem Landkreis schaffen. Mit Fortschreiten der Energiewende müssen wir immer weniger Strom aus dem Norden importieren. Die dafür benötigten Stromtrassen schneiden hektarweise Schneisen in die Waldgebiete, hier gilt keine 10H-Regel für den Abstand zu Wohngebieten. Diese Eingriffe stehen in keinem Verhältnis zu den relativ geringen Flächen, die ein Windrad im Wald beansprucht. Besonders schädlich ist die Braunkohle mit sehr hohen C02-Emissionen. Beim Tagebau werden ganze Landstriche inklusive Orte, Wälder und Wiesen weggebaggert. Hier wächst kein Gras mehr, hier leben keine Eulen mehr und die Menschen werden aus ihren Heimatorten umgesiedelt. Wir können diese schmerzhaften Eingriffe in die Landschaften eindämmen, künftige Stromtrassen verhindern und damit sensible Vogelbestände schützen, wenn wir unseren Strom hier vor Ort erzeugen. Dazu müssen wir auch Eingriffe in das Landschaftsbild bei uns vor Ort akzeptieren. Der Ausbau der Windkraft im Landkreis Pfaffenhofen wird künftig auch die Wertschöpfung bei der Energieerzeugung in der Region belassen und die lokale Wirtschaftskraft stärken. Die nachfolgenden Generationen werden uns für diesen Schritt in die regenerative Energiezukunft dankbar sein. Es gibt keine Alternative zur Energiewende im Landkreis.

Otmar Schaal

Siegfried Ebner

BN-Arbeitskreis Energie