Die Geister, die man ruft

30.04.2013 | Stand 03.12.2020, 0:12 Uhr

Zum Thema Moscheebau in Pfaffenhofen und zu den Kundgebungen am vergangenen Samstag auf dem Hauptplatz (PK berichtete mehrfach):

Ein Hauch von Weltpolitik wehte am Samstag über den Pfaffenhofener Hauptplatz, die Stadt zeigte sich politisiert wie lange nicht. Pro Deutschland und Michael Stürzenberger, Landesvorsitzender der rechtspopulistischen Gruppierung Freiheit, kamen, um nach eigenen Aussagen den Kampf örtlicher Gruppen gegen den Bau der Moschee in der Hohenwarter Straße zu unterstützen. Auf der vom Verfassungsschutz beobachteten Seite pi-news.net wurde unter dem Motto „Pfaffenhofen ist überall“ zu Spenden und Widerstand gegen den geplanten Bau aufgerufen.

Es wäre, gerade auch für die Moscheebaukritiker, sicherlich von Interesse zu wissen, welche Positionen diese Bundesgenossen vertreten. Während die Vertreter von Pro Deutschland lediglich im Fahrwasser der Debatte schwimmen und um Zulassungsunterschriften für die Bundestagswahl warben, ist Stürzenberger ein anderes Kaliber. Er hat sich auf die Fahnen geschrieben, den Islam mit seinen eigenen Aussagen zu entlarven, weshalb er den Koran sicherlich öfter zitiert als die meisten Imame. Kern seiner Theorie von der Schädlichkeit der Muslime ist die Taqiyya, die im Islam die Erlaubnis bezeichnet, bei Gefahr des eigenen Lebens seine wahre Überzeugung zu verheimlichen. Diese Erlaubnis wurde bereits von radikalen Fundamentalisten als Möglichkeit umgedeutet, zur Verbreitung des Glaubens zu lügen. Stürzenberger und andere selbst ernannte Islamkritiker gehen noch eine Stufe weiter. Sie sehen das gesamte Handeln von Muslimen durch Taqiyya geprägt und sprechen diesen somit per se eine eigene Entscheidung ab.

Kurz gesagt, nach dieser Theorie würde ein Moslem, der zum Christentum konvertiert, dies nur tun, um seine Ideologie heimlich zu verbreiten. Die Ähnlichkeit zum rassischen Antisemitismus der Nazis ist frappierend, da diese davon ausgingen, dass das Judentum im Blut sitze und man sich nicht dagegen entscheiden könne. Es ist jedenfalls entlarvend, wenn der selbst ernannte Verteidiger des Grundgesetzes den zentralen Wert, eigene Entscheidungen zu treffen, einer Gruppe von Menschen nicht zugestehen möchte – vom Schaden eines durch Pauschalverdächtigungen ausgelösten Vertrauensverlustes für die Gesamtgesellschaft ganz zu schweigen.

Stürzenberger selbst war am Samstag sichtlich nicht an einer kritischen Diskussion seiner Thesen gelegen. Wenn man kritisch nachfragte, so drehte er sich weg, um einem neuen „Gesprächs“-Partner im Stakkato seine Ansichten mitzuteilen. Es ging hier schon lange nicht mehr um die geplante Moschee, sondern um den Islam und die Welt im Allgemeinen, kurz, es sollte am Hauptplatz eine Schlacht im Kampf der Kulturen geschlagen werden, dessen von Stürzenberger häufig ins Spiel gebrachtes nächstes Hauptschlachtfeld in München liegt. Es wäre aber sicher nicht im Sinne der Pfaffenhofener, wenn in ihrer Stadt eine Art Stellvertreterkrieg um das Münchner Islamzentrum ausgefochten würde. An die Kritiker eines Moscheebaus sei appelliert, dass man, bei allen Bedenken und Ängsten, doch seine Freunde sorgfältiger wählen sollte, da man die Geister, die man ruft, manchmal nicht mehr los werden kann.

Richard Fischer

ödp-Landtagskandidat

Gritschstraße

Pfaffenhofen