Pfaffenhofen
Wenn zur Krankheit Geldnot kommt

Verein Familien in Not: Immer mehr Hilfsanträge von Menschen mit gesundheitlichen Problemen

21.12.2017 | Stand 02.12.2020, 17:02 Uhr
Einen 5000-Euro-Scheck in Herzform übergaben Hermann Klement, Leiter der Spardabank-Geschäftsstelle Pfaffenhofen (links), und seine Stellvertreterin Andrea Aschauer an den stellvertretenden Vorsitzenden des Vereins Familien in Not, Hermann Heubeck. −Foto: W. Hailer

Pfaffenhofen (PK) Eine schwere Erkrankung bedeutet einen tiefen Einschnitt im Leben. Ist dann Pflege erforderlich, kann das sehr kostspielig werden und das Haushaltsbudget reicht manchmal nicht mehr. Immer mehr Anträge an den Verein Familien in Not fallen in den Bereich Medizin und Gesundheitsvorsorge.

Auch für Roland und Hanna S. (alle Namen von der Redaktion geändert) geriet die Welt aus den Fugen, als der selbstständige Handelsvertreter vor einem Jahr einen schweren Schlaganfall erlitt. Von einem Tag auf den anderen hatten sie keinerlei Einkünfte mehr. Für den Lebensunterhalt und die laufenden Ausgaben mussten sich die Eheleute eine Kapitallebensversicherung vorzeitig ausbezahlen lassen, die aber schnell aufgebraucht war. Mehrere Monate verbrachte Roland S. in der Klinik und der Reha, sein Gesundheitszustand hat sich seitdem aber nur unwesentlich verbessert. Der 54-Jährige ist weiterhin auf den Rollstuhl und intensive Pflege angewiesen und kann nur wenige Worte sprechen. Nicht nur die Sorgen um ihren Mann belasten Hanna S. sehr: Sie weiß nicht, wie sie ohne Hilfe die finanziellen Probleme aus der Welt schaffen soll. Der Geschäftswagen des Ehemannes wurde von der Leasinggesellschaft zwangsweise eingezogen, weil die Raten nicht mehr bezahlt werden konnten. Wegen der vorzeitigen Kündigung des Vertrages stellte man zudem einen höheren vierstelligen Betrag in Rechnung. Inzwischen bekommt Roland S. eine Schwerbehindertenrente und seine Frau hat sich entschlossen, die Pflege selbst zu übernehmen. Die medizinische Versorgung wie Physio-, Ergo- und Logopädie sowie Medikamente werden von der Kasse bezahlt, aber nicht in dem Umfang, wie sie tatsächlich benötigt werden. Sanitätsartikel, Salben oder Augentropfen muss Hanna S. aus der eigenen Tasche bezahlen; auch spezielle Trainingsgeräte für den Arm- und Beinmuskelaufbau zahlt die Kasse nicht. Die 52-Jährige versucht zu sparen, wo sie kann und ist auch auf der Suche nach einer günstigeren Wohnung - bisher ohne Aussicht auf Erfolg: "Die Makler lachen mich fast aus, wenn ich wegen einer behindertengerechten Wohnung im Erdgeschoss nachfrage." Vom Verein Familien in Not wurde das Ehepaar mit einer Überbrückungshilfe und einem zinslosen Darlehen unterstützt.

Anita L. gehört zu den Menschen, die im Leben schon immer auf der Schattenseite standen. Die 32-jährige Küchenhilfe aus dem Süden des Landkreises ist seit ihrer Geburt entwicklungsverzögert; das Lernen und der Umgang mit Menschen fiel ihr stets schwer. Sie arbeitete schon in mehreren Betrieben und hat oft die Probezeit nicht bestanden, weil sie den Anforderungen und dem Stress nicht gewachsen war. Auf ihrer letzten Arbeitsstelle klappte es recht gut und die junge Frau konnte zum ersten Mal eine bescheidene eigene Wohnung beziehen. Mit ihrem kleinen Hund lebt sie dort ganz zurückgezogen; Kontakt hat sie nur zu einem Bruder. Das überschaubare Einkommen reichte gerade eben, um über die Runden zu kommen; Anita L. schaffte es ohne Schulden - bis sie bei der Arbeit stürzte und im Krankenhaus auch noch Multiple Sklerose diagnostiziert wurde. Die junge Frau verlor den Überblick und konnte schließlich die Miete und die Versicherung für das alte Auto nicht mehr bezahlen. Um zur Arbeit zu kommen, ist sie darauf angewiesen. Dass sie mit ihrem Hund in der Wohnung bleiben darf, ist für die 32-Jährige das Allerwichtigste: Sie hat große Angst davor, sie zu verlieren und die Schulden belasten sie sehr. Der Verein unterstützte sie, indem er die ausstehende Miete beglich und den Jahresbeitrag für die Gesellschaft an Multiple Sklerose erkrankter Menschen bezahlte.

Die Zahl der Hilfsanträge von Menschen, die wegen gesundheitlicher Probleme beim Verein Familien in Not um Unterstützung baten, hat sich in den vergangenen fünf Jahren nahezu verdoppelt. Vor allem die Zuzahlungen für neue Brillen und Zahnarztbehandlungen aber auch für spezielle Medikamente, Therapien oder Kuren können von Menschen mit geringem Einkommen oftmals nicht aufgebracht werden. Im Geschäftsjahr 2016/17 waren es 22 Fälle, in denen der Verein schnell und unbürokratisch helfen konnte.