Vohburg
Wenn man den Vertrag nicht zweimal liest

Angehöriger wirft dem Vohburger Seniorenheim Tricksereien vor – Geschäftsführer entschuldigt sicht für Abrechnungsfehler

22.04.2014 | Stand 02.12.2020, 22:47 Uhr

Das Vohburger Seniorenzentrum hat sich mittlerweile bei seinen Bewohnern entschuldigt. Nach einer Anfrage unserer Zeitung bestätigte der Geschäftsführer Frank Lutter, dass bei den Abrechnungen für November und Dezember ein Fehler unterlaufen war. Ein Angehöriger wirft dem Haus Tricksereien vor. Mitarbeiter der Einrichtung hätten aktiv versucht, ihn von seinem Verdacht auf den Abrechnungsfehler abzubringen. - Foto: Brenner

Vohburg (PK) Ein Angehöriger hat dem Vohburger Phönix-Seniorenzentrum Ende November Fehler bei der Abrechnung nachgewiesen – doch die anderen Bewohner wurden erst einmal nicht ausbezahlt. Der Geschäftsführung wirft er Tricksereien vor – außerdem fühlte er sich unter Druck gesetzt.

Helmut Höfer (Foto) ist sauer. Dem Vohburger Angehörigen einer Bewohnerin des Phönix-Seniorenzentrums geht es gar nicht so sehr darum, dass das 98-Betten-Heim die eigenen Vertragsbestimmungen nicht eingehalten hat. Denn die Erhöhung der Ausbildungspauschale, mit der die Ausbildung der Pflegekräfte finanziert wird, hat das Haus nicht vorschriftsgemäß vier Wochen vorher angekündigt – was Geschäftsführer Frank Lutter nach einer Anfrage unserer Zeitung einräumte. „Da ist uns leider ein bedauerlicher Fehler passiert“, sagte er. Dies tue ihm leid. Inzwischen sei das Geld wieder an alle Bewohner überwiesen worden.

Viel zu spät, findet Höfer. Er wirft der Geschäftsführung vor, dass der Fehler zwar ihm gegenüber eingeräumt wurde – allerdings zunächst niemand außer ihm das Geld zurückbekam. Mehr noch, Höfer sagt, das Haus habe versucht, ihn von seinem Verdacht wieder abzubringen – dabei fühlte er sich psychisch unter Druck gesetzt.

Alles fing Ende 2013 an, als das Phönix-Haus die Ausbildungspauschale von 1,05 Euro auf 1,94 Euro erhöhte. Weil der ehemalige Stadtrat bereits Erfahrung mit Kleingedrucktem hatte, las er sich die hauseigenen Vorschriften des Seniorenheimes durch. Dort heißt es: „Spätestens vier Wochen vor dem Zeitpunkt, zu dem die vorgesehene Entgelterhöhung erfolgen soll, erhält der Bewohner eine schriftliche Mitteilung.“ Diese hatte Höfer aber nie erhalten. Stattdessen bekam er Ende Oktober ein Schreiben zur Entgelterhöhung zum 1. Dezember 2013, das unserer Zeitung wie alle anderen erwähnten Dokumente vorliegt. Darin sind die ausgehandelten Pflegesätze aufgelistet, der Ausbildungszuschlag ist der alte, nämlich 1,05 Euro pro Tag. Etwa einen Monat später, am 26. November, erhielt er ein weiteres Schreiben mit dem Titel „Entgelterhöhung zum 1. November 2013“. Dort ist plötzlich eine Erhöhung des Ausbildungszuschlages auf 1,94 Euro eingetragen. „Sie haben es sogar rückwirkend versucht“, sagt Höfer. Er habe sich daraufhin bei der Heimleiterin Lolita Höpflinger beschwert. Diese habe ihm Recht gegeben und ihm versichert, sie werde die Beschwerde an die Geschäftsleitung in München weitergeben.

Dazu will sich Höpflinger auf Anfrage unserer Zeitung nicht äußern. „Ich habe den Fehler an die Rechtsabteilung geschickt“, so Höpflinger lediglich. Der Geschäftsführer des Vohburger Phönix-Hauses, Frank Lutter, sagte, die Vorwürfe seien ihm neu. Er verwies darauf, dass er nach der Anfrage unserer Zeitung das Geld an alle Betroffenen zurücküberwiesen habe.

Reichlich spät, findet Höfer. Zwei Tage nach seiner ersten Beschwerde bekam er ein weiteres Schreiben, in dem unter anderem die Erhöhungen für Pflegeaufwand oder Unterkunft aufgelistet waren. Der Ausbildungszuschlag ist dort unter bisher und neu in Höhe von 1,94 Euro aufgelistet. Wieder beschwerte sich Höfer bei Höpflinger, die ihm erneut Recht gegeben habe.

Trotzdem wird in der Abrechnung vom Dezember 2013 eine Nachberechnung in Höhe von 26,70 Euro ausgewiesen – laut Höfer die Differenz aus alter und neuer Ausbildungspauschale, die allerdings nicht als solche ausgewiesen wird. „Sonst hätte ich ja einen Beweis“, sagt Höfer. Unten steht handgeschrieben: „Sehr geehrter Herr Höfer, 26,70 Euro würden von dieser Rechnung noch fehlen. Dürfen wir Sie um Begleichung bitten? Danke.“ Keine Unterschrift, kein Hinweis zum Hintergrund der Summe.

Zur selben Zeit fühlt sich Höfer auch durch die Pflegekräfte unter Druck gesetzt. „Sie sagen: ,Wir tun doch alles für Sie’, und ich fühle mich dann schlecht.“ Die Geschäftsleitung setze das Personal als Bittsteller ein. „Für mich ist das peinlich.“ Trotzdem weigerte sich Höfer hartnäckig, die Summe zu bezahlen, und überwies im November und Dezember nur den alten Betrag.

Erst am 28. Januar bekam Höfer die Rechnungskorrektur, in der das Heim ihm die Differenz aus altem und neuem Ausbildungszuschlag aus den beiden Monaten zurückerstattete. Doch laut Höfer will das Heim die anderen Betroffenen zu diesem Zeitpunkt ganz und gar nicht entschädigen. Stattdessen habe eine Schreibkraft ihn zur Seite genommen. „Ich soll die Sache nicht an die große Glocke hängen, hat sie gesagt.“

Zu diesem Vorwurf wollte sich Geschäftsführer Lutter nicht äußern. Warum die Erstattung des Betrages bei Höfer so lange dauerte, könne er ebenfalls nicht sagen. Auf die Frage, weshalb das Geld nicht sofort auch an alle anderen Betroffenen zurück überwiesen wurde, äußerte sich Lutter ebenfalls nicht. „Für mich ist das ein neuer Sachverhalt, den ich nun aufklären muss“, sagte er.

Der Ingolstädter Anwalt Alois Finkenzeller sieht bei dem Vorfall keine strafrechtlich relevante Vorgehensweise. Davon könne nur dann gesprochen werden, wenn dahinter Methode mit Täuschungsabsicht stünde, insbesondere wenn in Kenntnis noch einmal so vorgegangen werde.

„Natürlich ist es unschön, wenn vertragliche Abreden nicht eingehalten werden, vor allem wenn die Regeln selbst aufgestellt wurden“, sagt Finkenzeller. Allerdings müsse jeder Vertragspartner seine Vertragsbedingungen selbst kennen. Wer dennoch widerspruchslos auch eine verfrühte Erhöhung akzeptiere, kümmere sich entweder nicht um seinen Vertrag oder sei halt damit einverstanden.

Doch ganz so leicht scheint das nicht zu sein. Selbst der Sachbearbeiter vom Landratsamt Pfaffenhofen, das die Kosten für einen Bewohner trägt, bemerkte nicht, dass das Heim seine eigenen Fristen nicht eingehalten hat. „Der erhöhte Betrag wurde kontrolliert“, sagt Pressesprecher Karl Huber. Diesen hätten die Bezirksverwaltungen zuvor mit dem Heim verhandelt. Der Vertrag sei nicht noch einmal gelesen worden. „Wir gehen eigentlich davon aus, dass das Heim so abrechnet, dass es stimmt.“ Das Amt hat sich mittlerweile beim Seniorenzentrum beschwert.

Geschäftsführer Lutter wollte sich nicht dazu äußern, wie die Vorwürfe gegen die Geschäftsleitung und die Vorgehensweise der Mitarbeiter weiter aufgeklärt werden. Er betonte jedoch, dass nur im Vohburger Haus Fehler passiert seien. In den anderen 47 Seniorenzentren in Deutschland gebe es keinen Abrechnungsfehler.