Steinkirchen
Ein Anwalt der Hilfsbedürftigen

Domkapitular Franz Sales Müller wurde heute vor 100 Jahren geboren

01.09.2014 | Stand 02.12.2020, 22:17 Uhr

 

Steinkirchen (PK) Der Münchener Domkapitular Franz Sales Müller, Ehrenbürger der Gemeinde Reichertshausen, ist heute vor 100 Jahren geboren worden. Von den 62 Jahren seines Priestertums hat er 40 Jahre im Dienste der Caritas verbracht.

Er hat sich stets zum Anwalt jener Menschen gemacht, die auf die Hilfe der anderen, auf den Beistand der Gesellschaft angewiesen sind. Verstorben ist er am 26. Juni 2001. Seine letzte Ruhe fand er im Priestergrab auf dem Friedhof in Steinkirchen. Die vielen Nachrufe damals machen deutlich, welche Wertschätzung sich Müller während seiner 62 Priesterjahre über seine Heimatgrenzen hinaus erworben hatte. Hauptzelebrant des Trauergottesdienstes war der damalige Münchner Erzbischof Friedrich Kardinal Wetter vor über 700 Gottesdienstbesuchern.

Prälat Müller wurde am 2. September 1914 in Gründholm, im gleichen Haus wie sein Onkel Johannes Erik Müller, Bischof von Schweden, geboren. Nach dem Besuch der Volksschule in Steinkirchen, des Gymnasiums in Scheyern und des Humanistischen Gymnasiums in Freising studierte Müller Psychologie und Pädagogik an der Theologischen Hochschule in Freising und schließlich an der Ludwig-Maximilian-Universität in München. Am 25. Juni 1939 wurde Franz Sales Müller durch Kardinal Faulhaber im Dom zu Freising zum Priester geweiht. 50 Neupriester waren es damals noch.

Seine erste priesterliche Tätigkeit als Kaplan in Heilig-Geist in München, in Oberschleißheim und bei St. Paul in München währte allerdings nicht lange, denn der Zweite Weltkrieg brach aus und Müller wurde im Oktober 1940 zum Kriegsdienst geholt und wie viele Priester als Sanitäter eingesetzt. Dort lernte er unfreiwillig Frankreich und Russland kennen. Ein unwahrscheinliches Glück ließ ihn gesund zurückkehren und ersparte ihm eine lange Gefangenschaft. Das Kriegsende erlebte er im Ruhrkessel bei Essen, wo er im Auftrag der Amerikaner von Munsterlager aus Todesnachrichten über gefallene und verstorbene Kameraden überbringen musste, bis er an Allerseelen 1945 entlassen wurde. Im Jahre 1946 wurde Müller als Rektor in den Landesverband Bayern des Deutschen Caritasverbandes berufen. Ein besonderer Verdienst war der Aufbau des Kirchlichen Suchdienstes in der Bundesrepublik, dessen Leitung er von 1946 bis 1960 inne hatte. 1960 wurde Müller von Josef Kardinal Wendel zum Direktor der Katholischen Jugendfürsorge in München berufen, die sein Onkel 1910 gegründet hatte. In dieser Eigenschaft bemühte er sich besonders um die Heim- und Heilfürsorge, die Gefährdeten- und Jugendgerichtshilfe, das Vormundschaftswesen und die Kinderferienerholung.

Zum 1. September 1962 wurde Müller durch Kardinal Julius Döpfner zum Direktor des Diözesan-Caritasverbandes der Erzdiözese München und Freising ernannt, des größten Caritasverbandes in der Bundesrepublik, den sein Onkel 1922 gründete. Viele neue Einrichtungen, unter anderem 280 neue Kindergärten und Horte, 20 moderne Altenheime, 22 Erziehungsberatungsstellen und viele Sozialstationen wurden geschaffen. Im Besonderen ist Prälat Müller Initiator des Katholischen Siedlungswerkes und Gründer des Caritas-Kinderdorfes Irschenberg. Müller war lange Zeit Vizepräsident des Bischöflichen Hilfswerks Misereor und Zweiter Vorsitzender der deutsche Kriegsgräberfürsorge, Landesverband Bayern. Selbst die Einrichtung „Essen auf Rädern“ kam unter seiner Obhut auf Touren. 1975 wurde Prälat Müller in das Erzbischöfliche Ordinariat als Caritasdirektor berufen.

Das soziale Wirken von Prälat Müller hat im kirchlichen und öffentlichen Raum Anerkennung gefunden. 1965 wurde er zum Päpstlichen Geheimkämmerer ernannt mit dem Titel Monsignore. 1975 erhielt er die Auszeichnung des Päpstlichen Hausprälaten. Die Diözese Djakovo in Jugoslawien verlieh Müller wegen seiner steten Hilfsbereitschaft für die kroatische Kirche und die Gastarbeiter in Deutschland den Titel eines Ehrendomherrn. Der bayerische Staat ehrte Müller durch den Bayerischen Verdienstorden und die Bayerische Staatsmedaille für soziale Verdienste. 1973 zeichnete ihn die Stadt München mit der Plakette „München leuchtet – den Freunden Münchens“ aus. 1979 wurde Prälat Müller durch Joseph Kardinal Ratzinger, dem späteren Papst, zum Domkapitular h.c. beim Metropolitankapitel am Münchener Liebfrauendom ernannt. Der Bundespräsident zeichnete ihn 1984 mit dem Bundesverdienstkreuz I. Klasse aus. Das Ehrenkreuz des Malteserordens schmückt ihn als Diözesanseelsorger des Malteser-Hilfsdienstes. Aber auch die höchste Auszeichnung des deutschen Caritas-Verbandes, der Silberne Brotteller, ist ihm verliehen worden.

Besonders am Herzen lag Franz Sales Müller die Seelsorgestelle in dem von ihm gegründeten Alten- und Pflegeheim Don Bosco in seinem Wohnort Unterpfaffenhofen, das er als Hausgeistlicher betreute. Ein Anliegen war ihm auch die Entwicklung der katholischen Kirche in den nordischen Ländern, besonders in Schweden, wo sein Onkel fast 40 Jahre als erster katholischer Bischof nach der Reformation wirkte. Von seiner Heimatgemeinde Reichertshausen und seiner Wohngemeinde Germering wurde Prälat Müller zum Ehrenbürger ernannt.

In seiner Heimatpfarrei Steinkirchen, mit der er sich immer stark verbunden fühlte, hat er sich zu Lebzeiten ein ehrendes Andenken gesetzt. Unweit seines Geburtshauses in Gründholm ließ er 1948 zum 25-jährigen Bischofsjubiläum seines Onkels die Schwedenkapelle erbauen. Sie wurde vom Bischof am 6. Juli 1948, wenige Tage nach der Währungsreform, eingeweiht. Ihre Patrone sind der Heilige Erik und die Heilige Birgitta, beide von Schweden.

Aus seiner Liebe und Verbundenheit zu seiner Heimat machte er nie einen Hehl, und dies veranlasste ihn auch, zu seinem 50-jährigen Priesterjubiläum 1989 eine Orts- und Familiengeschichte über Gründholm herauszugeben. Viele Jahre war er Mitglied im Krieger- und Soldatenverein Steinkirchen und immer, wenn es ihm die Zeit erlaubte, kam er zum Kriegerjahrtag und zelebrierte den Gedenkgottesdienst selbst.