Schweitenkirchen
Fast wie im richtigen Leben

Nur die Wahlkampfversprechen der Bürgermeister sorgen für Finanzprobleme im Kinderdorf

12.08.2014 | Stand 02.12.2020, 22:21 Uhr

 

Schweitenkirchen (PK) Man möchte essen, trinken und sich auch das eine oder andere gönnen. Aber dazu braucht man Dinotaler und die muss man sich erst verdienen. Das Spieldorf Schweidinokirchen hatte zum fünften Mal eine Woche lang seine Pforten für die Ferienkinder der Gemeinde geöffnet.

Das Wetter meinte es gut mit den Bürgern von Schweidinokirchen. Nach einem kurzen Regenintermezzo am Beginn des ersten Tages herrschten ideale Temperaturen. Nach dem Kennenlernen der Spielregeln organisierten sich die Dorfbesucher selbst, meldeten sich im Einwohnermeldeamt an und besorgten sich einen Job übers Arbeitsamt. Nach dem Ergattern einer Stellenkarte konnte man entweder in den handwerklichen und kreativen Berufen, im Dienstleistungsgewerbe, in der Verwaltung oder in der Versorgung arbeiten und die begehrten Dinotaler, die dieses Jahr neu aufgelegt wurden, verdienen. „Man konnte allgemein beobachten, dass die Kinder das selbst verdiente Geld nicht einfach so ausgeben, sondern gezielt Einkäufe im Dorfladen tätigten oder sogar in der Bank ein Schweidinosparbuch anlegten“ so 2. Bürgermeisterin Gabi Kaindl, die Hauptorganisatorin von Schweidinokirchen.

Laut den Schweidinostatuten müssen zum Erreichen der Vollbürgerschaft fünf Arbeitsstunden geleistet und zwei Kurse abgelegt werden und diese wiederum braucht man, um ein eigenes Gewerbe anmelden zu können. Natürlich bedurften die selbstständigen Unternehmen der Genehmigung und Prüfung durch den Bürgermeister und seiner Stellvertreter. Wie der lokalen Zeitung des Dorfes, der Schweidinokirchen Times, zu entnehmen war, setzte sich Niklas Bösel nach einem spannenden Wahlkampf nicht zuletzt mittels des Versprechens einer Happy Hour mit doppeltem Lohn gegen seine 19 Konkurrenten durch. Er erfüllte sein Versprechen ebenso wie die Dritte Bürgermeisterin Andrea Hiller, die mit einem freien Getränk zu Beginn jeden Tages geworben hatte. Fast wie im richtigen Leben führten diese Wahlkampfversprechen jedoch zu Problemen zwischen Bank, Rathaus und Unternehmern (Früchtchenbar) wegen der Kostenübernahme – mit dem Ergebnis, dass der Unternehmer rote Zahlen schrieb. Was aus den Versprechungen über kostenlose Tattoos in der Wellnessoase der Zweiten Bürgermeisterin, Antonia Sielski, geworden ist, wurde nicht bekannt. Lokale Presse? Richtig! Zwei der Ehemaligen, die jetzt als Betreuer mit von der Partie sind, hatten es sich zum Ziel gesetzt, eine eigene Zeitung herauszugeben. Reporterteams fingen die Eindrücke des Tages ein, führten Interviews und versuchten ihre Geschichten und Berichte rechtzeitig vor Redaktionsschluss abzuliefern. Am Abend wurde die farbig ausgedruckte „Times“ jedem Kind ausgehändigt. Das Interesse daran war so groß, dass ausgerechnet am „Tag der Tränen“, dem Abschlusstag, die farbigen Tonerpatronen zur Neige gingen und die letzte Seite schwarz-weiß gedruckt werden musste. Eine weitere neue Attraktion auf dem Gelände stellte der fantastische Killusio dar. Seine Show kam gleich am ersten Tag so gut an, dass es an Zauberlehrlingen nicht mangelte.

Körperliche Arbeit, wie in der Schreinerei, aus der herrliche Sonnenstühle hervorgingen, gehörte für die einen zum Alltag, für die anderen vielleicht mehr das Kreative in der Schmuckwerkstatt. Völlig neue Erfahrungen konnten die Kinder am selbst gebauten Pizzaofen machen, der in der Kräuterwerkstatt nach mühseligem Kneten von Lehm und Stroh entstand. Für das leibliche Wohl sorgten täglich die Angestellten der Früchtchen-Bar mit Getränken und Cocktails sowie die Köche des McDinos. Die Konditoren der süßen Ecke verarbeiteten täglich bis zu 90 Eier zu Waffeln. Ergänzt wurde das täglich wechselnde Essensangebot durch außergewöhnliche Brotaufstriche und kreative Häppchen, die aus den Resten des Vortages im McDino vorbereitet und mit viel Appetit von den hungrigen Schweidinobürgern verzehrt wurden. Die Feuerwehrpizza aus Michis Pizzaofen war auch bei der fünften Auflage von Schweidinokirchen wieder der Renner. Die 20 jugendlichen Betreuer, die dem Kinderdorf entwachsen sind, aber trotzdem dabei sein wollten, haben sich in ihre neuen Rollen sehr schnell eingelebt. Sie haben eine Woche Ferien ganz in den Dienst des Ehrenamtes gestellt. Auch das sportliche Rahmenprogramm konnte sich sehen lassen. So startete die Tennisabteilung mit „Schnuppern in den weißen Sport“, gefolgt von der Tischtennisabteilung mit einem Miniturnier. Das Torwandschießen der Jugendfußballabteilung des FC am „brasilianischen Tag“ ließ so manches künftige Fußballtalent erahnen. Den sportlichen Reigen schlossen die Eichenlaubschützen mit dem Sommerbiathlon ab.

Beim Abschlussfest wurden alle Register gezogen. Die Fahne, die es bereits seit fast 20 Jahren gibt, erhielt endlich den kirchlichen Segen. Pfarrer Alexander Weber ließ sich nicht lange bitten und spendete den Segen. Vor der Versteigerung von selbst gebauten Vogelhäuschen, Insektenhotels, Strandstühlen, Taschen, Schmuck und vielem mehr, wurde getanzt, es wurden Sketche aufgeführt, gesungen und gelacht. Tosenden Applaus gab es von den Kindern und Eltern, als alle Betreuer auf die Bühne gerufen und mit Ehrenurkunde bedacht wurden. „Es war für uns alle eine wunderschöne und spannende Woche. Wir gehen alle, Kinder wie Betreuer, mit einem weinenden Auge nach Hause“, sagte Gabi Kaindl.