Schweitenkirchen
Blutiger Streit im Asylbewerberheim landet vor Gericht

Zwei Kongolesen sind in Schweitenkirchen aneinandergeraten – Weitere Zeugen sollen geladen werden

07.10.2015 | Stand 02.12.2020, 20:43 Uhr

Schweitenkirchen (PK) Ging es um geliehenes Geld? Oder doch um eine Frau? Nicht nur über das Motiv, sondern vor allem auch über den Ablauf eines blutigen Streits in einer Asylbewerberunterkunft in Schweitenkirchen gab es bei der Verhandlung am Amtsgericht Neuburg gravierend unterschiedliche Angaben.

Auf der Anklagebank fand sich ein 27-jähriger Kongolese wieder, dem die Staatsanwaltschaft vorwirft, im Juli vergangenen Jahres einen 25-jährigen Landsmann mit einer Rasierklinge und zwei Messern schwer an Rücken, Brust und an der Hand verletzt zu haben. Wortreich und ausschweifend berichtete dieser von der Vorgeschichte des Zwischenfalls. Er sei der einzige in der Gemeinschaftsunterkunft, der Arbeit habe, weshalb viele seiner Mitbewohner sich bei Problemen an ihn wandten – auch solchen finanzieller Art. Seinem späteren Kontrahenten habe er 800 Euro geliehen. „Ich habe nicht gezögert, ihm zu helfen“, erklärte er der Vorsitzenden Richterin Celina Nappenbach. „Wir stammen aus dem gleichen Land, das ist fast wie Familie.“ Doch wegen der Rückzahlung sei er immer wieder vertröstet worden. Eines Abends im Juli habe er den anderen Kongolesen auf das Geld angesprochen – der jedoch habe sich geweigert, es zurückzubezahlen. In der Küche habe man angefangen sich zu schubsen, berichtete er. Dann habe sein Gegner ein Messer gezückt, das er ihm aber abnehmen konnte. Dabei hat er sich laut eigener Aussage in die Finger geschnitten. Außerdem habe der andere ihn getreten und so zu Boden geworfen, dann sei er in sein Zimmer geflüchtet. Das Messer versteckte der Angeklagte laut eigener Aussage unter seinem Bett, damit der 25-Jährige ihn nicht erneut angreifen konnte. Dann habe er sich zum Schlafen hingelegt und sei erst wieder aufgewacht, als die Polizei im Zimmer stand.

Woher jedoch die Verletzungen seines Landsmannes stammten, diese Frage konnte er nicht beantworten. „Vielleicht hat er sich das alles ausgedacht, damit er das Geld nicht mehr zurückzahlen muss“, mutmaßte der 27-Jährige. „Wollen Sie damit sagen, er hat sich die Schnitte selbst zugefügt“, bohrte Staatsanwalt Ingo Krist nach. „Ich weiß es nicht, ich bin kein Krimineller“, lautete die Antwort.

Das Opfer präsentierte eine gänzlich andere Version der Geschichte. Der Angeklagte sei an dem Abend betrunken gewesen, sei immer näher gekommen. So nah, dass er den Angeklagten irgendwann weggeschubst habe. Dann sei der Streit eskaliert. Schubsen, auf dem Boden wälzen, Ringen, Schlagen, Schwitzkasten – das volle Programm. „Dann habe ich seine Hand an meinem Rücken gespürt“, berichtete der Geschädigte. „Und dann habe ich gesehen, wie eine blutige Rasierklinge auf den Boden fiel.“ Erst da habe er realisiert, dass es sein Blut ist und sei abgehauen, dann aber nach einiger Zeit wieder zurückgekommen. „Wo hätte ich denn hingehen sollen“, fragte er.

Doch der Angeklagte habe Bierflaschen nach ihm geworfen und sei ihm nach draußen gefolgt. Dort habe er ihn dann mit zwei Messern attackiert, die er in seine Richtung geschwungen habe. Dabei traf er ihn an der Hand und im Brustbereich. Blutend sei er zu einem befreundeten, deutschen Nachbarn gelaufen, der die Wunde versorgte und Rettungsdienst und Polizei verständigte. Zittrig und nervös sei der 25-Jährige gewesen berichtete dieser im Zeugenstand. „Es ist wohl um eine Frau gegangen, soweit ich das verstanden habe“, sagte er. „Er hat von einer Rasierklinge gesprochen, der Rücken sah auch ziemlich schlimm aus, und die Schnittwunde an der Hand war sehr tief.“

In der Asylunterkunft hat keiner der Bewohner den Streit beobachtet. Die Verteidiger Christine Mohr und Florian Holzer klärten in einem Gespräch mit Staatsanwaltschaft und Gericht ab, ob bei einem Geständnis ihres Mandaten eine Bewährungsstrafe möglich sei. Staatsanwalt Ingo Krist lehnte eine solche Verständigung jedoch ab. Der Prozess wurde vertagt, es werden noch weitere Zeugen gehört.