Schrobenhausen
"Dahin gehen, wo die Jugendlichen sind"

Pädagoge und Seelsorger Christian Lucya nutzt für seine Arbeit in der Oase Steinerskirchen auch soziale Netzwerke

29.08.2016 | Stand 02.12.2020, 19:22 Uhr

Steinerskirchen (PK) Als "Mittel zum Zweck" nutzt der 45-jährige Pädagoge Christian Lucya die Neuen Medien für seine Arbeit in der Oase Steinerskirchen, dem Bildungshaus der Herz-Jesu-Missionare. Der Jugendseelsorger begleitet seine Jugendlichen mittlerweile auch online. Trotzdem ist er sich sicher: Spiritualität findet vor allem statt, wenn Menschen aufeinandertreffen.

Für Sie als Jugendarbeiter: Ging es irgendwann nicht mehr ohne Facebook?

Christian Lucya: Ja. Und demnächst werde ich sicher auch irgendetwas mit Whatsapp machen müssen. Du musst dahin gehen, wo die Jugendlichen sind. Da geht es aber nicht darum, ihnen hinterherzulaufen nach dem Motto: Ihr seid Jugendliche, euch brauchen wir. Ich renne auch nicht durch die Gegend und suche Pokemon. Bei Facebook schätze ich vor allem die Vernetzungsmöglichkeit - obwohl ich die Datensicherheit schon kritisch sehe.

 

Wie kommt der Kontakt zustande?

Lucya: Am Anfang steht immer eine persönliche Begegnung, und die wird dann gehalten und verfeinert über Facebook. Mit manchen schreibe ich häufiger, mit anderen seltener.

 

Wie viel Zeit verbringen Sie mit Facebook?

Lucya: Ich bin schon in der Woche einige Stunden drauf. Manchmal chatte ich mit mehr als fünf Leuten gleichzeitig. Es geht nicht ums Wetter, sondern um Entscheidungsfragen in Sachen Schule und Beruf, um familiäre Krisen oder auch um Beziehungssachen.

 

Welche Grenzen gibt es da?

Lucya: Es gibt einen bestimmten Punkt, an dem ich sage: Hör auf zu schreiben und komm lieber vorbei zum Gespräch. Vorm Haus auf der Bank oder bei einem Kaffee zu reden ist immer die praktikabelste Lösung. Oder man kommt zu den "Freistunden", einer monatlichen Jugendvesper. Danach ist immer der Ratsch im Bistro, da kann man einfach hingehen. Ich könnte mir kein reines Online-Angebot vorstellen, bei dem ich den Lebensberater aus Steinerskirchen mache.

 

Was hat denn das persönliche Gespräch für Vorzüge?

Lucya: Ich sehe Mimik, ich sehe Körpersprache. Und genauso kann ich selbst mit Körpersprache arbeiten. Ich vermute, die Leute können vor allem deswegen mit mir ein gutes Gespräch auf Facebook haben, weil sie mich vorher kennengelernt haben.

 

Kann man Jugendliche denn beeinflussen, ihren Medienkonsum zu reflektieren?

Lucya: Unser Vorteil in der Oase ist, dass man bei uns einfach einen schlechten Handyempfang hat. Wenn wir das den Jugendlichen sagen, ist das ein provokativer Moment, wir schubsen sie aus ihrem Alltag. Du musst die Unsicherheiten dann auffangen. Wenn die Jugendlichen an den Orientierungstagen keine Langeweile haben, ist auch der Zwang weg, ins Internet zu gehen.

 

Hört sich schwierig an.

Lucya: Ständig etwas zu posten steht ja für: "Ich bin wichtig, stimmt's?" Dass sie wichtig sind, bekommen die Schüler von mir schon signalisiert.

 

Wie reagieren die Jugendlichen denn auf den Handyentzug?

Lucya: Viele sind positiv überrascht. Mein Kollege hat von einer Schülerin erzählt, die bei der Abschlussrunde der Orientierungstage gesagt hat: "Es hat mir überhaupt nichts ausgemacht, dass ich keinen Handyempfang hatte. Das war total spitze!" Dann hat sie kurz gestockt und ergänzt: "Das muss ich sofort posten, wenn ich daheim bin."