Schrobenhausen
Mit E-Bus und Smartphone

Die Maria-Ward-Mädchenrealschule ist mit ihrer technischen Ausstattung auf dem neuesten Stand

11.08.2016 | Stand 02.12.2020, 19:26 Uhr

Schrobenhausen (SZ) Ein paar Klicks auf dem Smartphone, und schon weiß der Rohrbacher ganz genau, wie er mit öffentlichen Verkehrsmitteln am schnellsten nach Ingolstadt-Nord gelangt - egal ob mit Bus, Bahn oder Ruftaxi. Dafür braucht er auch nur ein einziges Ticket lösen, alles andere regelt die Technik im Hintergrund. An dieser Zukunftsvision arbeiten gerade die Experten vom Landratsamt bei ihrem Mobilitätskonzept, das vor Kurzem vom Leader-Lenkungsausschuss einstimmig beschlossen wurde.

Wie das am Ende aussieht, ist noch ziemlich offen. So gut wie sicher ist nur, dass es in Rohrbach eine Feldstudie geben wird, die schon mal austestet, was irgendwann im ganzen Landkreis normal werden könnte. Ausgearbeitet wurde das von den Bürgern - besonders die Seniorenbeauftragte und Leiterin der Projektgruppe "Senioren und Menschen mit Behinderung" in Rohrbach, Elfriede Schmid, feilt seit 2014 an dem Konzept. "Es geht mir dabei um die Würde des Alterns", sagt sie. Denn unabhängig entscheiden zu können, wann man wo hinfahren will, das sei auch im Alter wesentlich. Sie will weg von der Vorstellung, dass schon irgendjemand von der Familie die Oma zum Doktor fährt. Ohnehin sei das in vielen Familien keine Option mehr.

Die Lösung sah Schmid von Anfang an in der besseren Anbindung zum Bahnhof. "Die Wege dahin sind einfach zu weit." Also erarbeitete sie mit anderen Bürgern die Idee zum 50:50-Taxi, bei dem Menschen ab 65 Jahren und Personen in Notsituationen - wenn etwa das Kind dringend zum Arzt muss - nur die Hälfte des Fahrpreises zahlen. Die andere übernimmt die Kommune.

Auch zwei E-Autos will die Gemeinde für alle Bürger bereitstellen "für den Diskobesuch der Jungen genauso wie für den Einkauf der Senioren", sagt Bürgermeister Peter Keck (SPD). Der Nutzer würde hier eine Gebühr zahlen. Das zweite E-Auto soll den Gemeindemitarbeitern zur Verfügung stehen. Damit wird Rohrbach ganz nebenbei noch für die Umwelt aktiv.

Zusätzlich zum bereits vorhandenen Gemeindebus soll noch ein behindertengerechter E-Bus, der über das Bundesverkehrsministerium gefördert wird, künftig Bürger kostenlos in andere Kommunen oder zu Veranstaltungen fahren. Für die Förderung müssen noch vier weitere E-Busse an Landkreis-Gemeinden vergeben werden. "Da haben aber schon einige Bürgermeister Interesse angemeldet", sagt Schmid. Eine Kooperation mit dem Awo-Bürgerbus Wolnzach laufe sogar bereits. Der Bus halte nun zusätzlich in Fahlenbach und an vier Haltestellen in Rohrbach, die Gemeinde beteilige sich als Spender.

Damit das Mobilitätsprojekt im gesamten Landkreis anläuft, müssen nun alle Beteiligten einen gemeinsamen Leader-Förderantrag stellen. So können sie 60 Prozent der Kosten durch EU-Mittel erstattet bekommen, sagt Carmen Glaser, LAG-Managerin im Landkreis Pfaffenhofen. Insgesamt kostet das Mobilitätsprojekt den Landkreis nach Abzug der Fördergelder noch 153 500 Euro. "Allerdings werden auch Rohrbach und andere beteiligte Gemeinden einen Teil bezahlen, das wird noch verhandelt", sagt Glaser. Solange der Antrag nicht vom Ingolstädter Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten bewilligt ist, passiert aber erst einmal nichts.

In Rohrbach soll die Testphase rund zwei Jahre dauern - wenn der Gemeinderat am Ende zustimmt. "Wir hoffen, dass wir Anfang 2017 beginnen können", sagt Bürgermeister Peter Keck (SPD). Danach könnte das Konzept theoretisch in ganz Bayern umgesetzt werden, zumindest teilweise. "Auch wir werden später bestimmt nicht die ganze Palette anbieten können", so Keck. Je nachdem, was die Bürger während der Testphase am meisten nutzen und was auch wirtschaftlich funktioniert, suche sich die Gemeinde am Ende aus.

Für Niklas Hafenrichter, im Landratsamt auch für den Bereich Verkehr zuständig, ist vor allem ein Rohrbacher Ansatz im gesamten Landkreis relevant: Die Anbindung an das bestehende Bahnnetz. Ihm schwebt ein sogenannter Sternverkehr rund um die Bahnhöfe vor. Hafenrichter erklärt: "In Geisenfeld könnte zum Beispiel ein Kleinbus die Menschen einsammeln und zum Bahnhof nach Ernsgaden bringen." Von dort kämen sie dann mit der Bahn nach Manching. Dasselbe Prinzip würde Hafenrichter gern in den Orten entlang der Bahnstrecke von Ingolstadt nach München umsetzen.

Wie die Menschen zum Bahnhof kommen, dafür gibt es auch in ganz Bayern viele Ideen. In Tirschenreuth fährt etwa seit Kurzem das Baxi, eine Kombination aus Taxi und Bus, die Strecken ab, die sonst kaum mehr genutzt werden. Allerdings nur, wenn es zuvor bestellt wird, um Leerfahrten zu vermeiden. Für Jugendliche wurden extra Haltestellen an Kino oder Freibad geschaffen, zudem gelten die Jahreskarten der Schüler auch für Baxis.

Vor Kurzem besuchte eine Delegation des Pfaffenhofener Landratsamtes die Stadt Passau, die ihr öffentliches Netz bereits modernisiert hat. Dort profitieren die Kunden längst von der Digitalisierung. Per Smartphone kann jeder Kunde, der beispielsweise keinen direkten Anschluss zu Bus und Bahn hat, ein Sammeltaxi bestellen, das dann zu bestimmten Haltestellen kommt - und das auch nachts. Auf einen Blick sieht er außerdem seine gesamte Route mit den Abfahrzeiten für Taxi, Bus und Bahn. Für Menschen ohne Smartphone hat die Stadt extra einen Telefonservice eingerichtet.

Den möchte der Landkreis auf jeden Fall auch einrichten, so Hafenrichter. Als Mitglied im Zweckverband Verkehrsgemeinschaft Ingolstadt weiß er auch von den Verhandlungen für einen Verbund der Region 10. Für die Kunden würde das bedeuten, dass sie ein Ticket für eine Strecke durch die Region 10 kaufen müssten - "mit einem Preis". Eigentlich sei der 1. Januar 2017 als Wunsch-Starttermin angepeilt worden, das hält Hafenrichter aber für unwahrscheinlich.

Als nächstes beauftragt der Landkreis für das landkreisweite Projekt ein Verkehrsplanungsbüro, die Auswahl steht noch aus. "Uns ist wichtig, dass es ein barrierefreies System ist", so Hafenrichter. Das heißt, es soll keine einzelnen Angebote für Behinderte oder Jugendliche geben. "Jedes Verkehrsmittel soll für alle zugänglich sein."