Schrobenhausen
"Kirche ist nur ein Hilfsmittel"

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25.08.2016 | Stand 02.12.2020, 19:23 Uhr

Gottesdienst im Seniorenheim in Reichertshausen: Für Pfarrer Georg Martin gehört es dazu, dass ein Seelsorger nicht nur darauf wartet, bis die Menschen zu ihm in die Kirche gehen. Er glaubt, dass die Kirche als Institution nur ein Hilfsmittel ist. - Foto: Steininger

Pfaffenhofen (PK) Immer mehr Menschen treten aus der katholischen Kirche aus, allein rund 20 300 kehrten ihr im Erzbistum München-Freising im vergangenen Jahr den Rücken. Viele sagen, dass die Menschen heute ihren Glauben lieber ins Private verlagern.

Dieser Wandel beschäftigt auch die Seelsorger im Landkreis Pfaffenhofen. In den Pfarrverbänden Jetzendorf-Steinkirchen und Ilmmünster gab es in den vergangenen Jahren sogar einige strukturelle Wechsel.

Zum ersten Mal in der Geschichte der Pfarrverbände leitet seit 2015 ein Seelsorger beide Verbände, nämlich Pfarrer Georg Martin. Früher gab es wie auch heute noch in den meisten Verbänden je einen Leiter. Auch der Pfarrvikar Florian Regner ist nun seelsorgerisch in beiden Pfarrverbänden tätig, schwerpunktmäßig aber in Jetzendorf-Steinkirchen. Im Pfarrverband Ilmmünster, zu dem auch Reichertshausen und Hettenshausen gehört, gab es bis September noch zwei Priester, dafür aber keine Gemeindereferentin. Eine Stelle, die nun mit Christiane März nachbesetzt wurde.

Früher war das ganz anders, weiß Pastoralreferentin Regine Hauzenberger, die seit 2005 zum Pfarrverband Jetzendorf-Steinkirchen gehört. "Vor etwa elf Jahren gab es in Ilmmünster immer zwei Ordenspriester und einen Pastoralreferenten", so Hauzenberger.

Doch diese Zeiten sind vorbei, das wissen die Seelsorger. "Die Gesellschaft wandelt sich und wir müssen uns fragen: Wo wollen die Leute heute Kirche", sagt Hauzenberger. Oder auch: Wann? Denn auf das Wochenende konzentriere sich mittlerweile mehr denn je das gesamte gesellschaftliche Leben. "Es gibt heute nicht mehr so viele regelmäßigen Kirchgänger wie früher". Und das eben auch, weil der Gottesdienst bei vielen nicht in den Terminplan passe.

Für Pfarrer Martin ist etwas anderes ohnehin wichtiger. "Die Kirche ist nur ein Hilfsmittel", sagt er. Sie helfe, die Menschen zusammenzubringen, doch der Glaube selbst lebe davon nicht. "Jesus hat nicht die Kirche verkündet, sondern er ist an die Ränder gegangen und hat Menschen in Nöten geholfen." Auf seinen Spuren besucht Martin regelmäßig das Seniorenheim, um dort die Messe zu halten oder er stattet Krankenbesuche ab. Entweder, um die Kommunion zu erteilen oder "um einfach ein bisschen zu ratschen", sagt er. "Viele blühen dann richtig auf."

Martin geht auch sonst nicht unbedingt den Weg der Institution Kirche, etwa bei der Homosexualität. Die katholische Kirche hält homosexuelle Handlungen beispielsweise immer noch für eine moralische Unordnung. "Wer bin ich, dass ich über einen Menschen urteile", sagt hingegen Pfarrer Martin. Und Hauzenberger ergänzt: "Viele Homosexuelle leben ja auch in treuen Beziehungen, es ist anmaßend, über sie zu urteilen."

Anmaßend finden viele Kirchenkritiker auch, dass Frauen so wenig Macht in der katholischen Kirche haben, also zum Beispiel keine Priester werden dürfen. Im Mai kündigte Papst Franziskus nun an, prüfen zu lassen, ob Frauen als Diakone dienen könnten. Diakone unterstützen den Pfarrer und dürfen etwa taufen und predigen, nicht aber die Messe feiern oder die Beichte hören. Die Gemeindereferentin März begrüßt den Schritt, wünscht sich allerdings noch mehr Gleichberechtigung. "Wir Menschen sind als Frauen und Männer geschaffen", sagt sie. Jeder, egal welches Geschlecht, habe seine Fähigkeiten und Stärken. "Was hindert uns also daran, Frauen als Priester zuzulassen" Und auch Pfarrer Martin findet: "Es gibt keinen Grund, warum Frauen keine Priester werden sollten."

Das Zölibat jedenfalls sei kein Grund, denn Nonnen lebten schließlich auch zölibatär, so März. "Das Zölibat ist ein Geschenk, das bedeutet, dass man ganz da ist für die Gemeinde."

Doch kaum ein Thema ist öffentlich so umstritten wie das Zölibat. Immer wieder plädieren Kritiker dafür, die Pflicht zum Zölibat aufzuheben, weil die Lebensform Männer mit sexueller Entwicklungsstörung anziehe, die im Zölibat klare Strukturen suchten. Und später, weil sie eben nie sexuell reiften, womöglich zum Missbraucher würden. "Ich sehe keinen Zusammenhang zwischen Zölibat und Missbrauch", sagt dagegen Pfarrer Wagner. Pfarrvikar Regner sieht die Kirche in dieser Frage sogar als Opfer der gesellschaftlichen Debatte. Die Lebensform des Zölibats sei genauso zu tolerieren wie jede andere. "Ich frage mich, warum müssen wir uns immer wieder rechtfertigen"

Er glaubt, dass gerade das Zölibat auch in Zukunft noch Bestand haben wird und von den Gläubigen gewürdigt wird. Und dass die Gemeinschaft wieder eine größere Rolle spielen könnte. Pastoralreferentin Hauzenberger registriert in ihrem Pfarrverband sogar "eine Sehnsucht nach Religiosität". "Die Leute merken, dass etwas abgeht."