Scheyern
Buhrufe und Zwischenapplaus

Befürchtungen, Emotionen und Fakten bei der Asyl-Infoveranstaltung in Scheyern

05.02.2016 | Stand 02.12.2020, 20:14 Uhr

Scheyern (PK) Rund 50 Asylbewerber stehen quasi vor Scheyerns Türe und werden noch im Februar eine Unterkunft im Erdgeschoss des Gebäude 9 in der ehemaligen Kaserne finden. Somit ist das Thema höchst aktuell, Anlass genug also, die Bürger näher zu informieren.

Kaum fassen konnte das Scheyerer Vereinsheim die Menge interessierter Einwohner, die am Donnerstag zur Asyl-Infoveranstaltung gekommen waren. Darunter etliche, die sich schon seit längerem aktiv als Helfer um die Asylbewerber bemühen, wie auch besorgte Eltern und Einwohner, deren Zuhause sich in naher Nachbarschaft zum ehemaligen Kasernengelände befindet.

So barg die Zusammenkunft etlichen Zündstoff, trotzdem verlief der Abend konstruktiv. Am Ende trugen sich sogar 23 Bürger in eine Liste ein, die aktiv mithelfen und Zeit dafür opfern wollen, um den Flüchtlingen eine möglichst schnelle Integration zu ermöglichen. Denn die sei "bereits vom ersten Tag an dringend erforderlich", so Sabine Rieger, die Koordinatorin der ehrenamtlichen Helfer bei der Caritas.

Die Flüchtlinge würden vor allem Deutsch lernen und auch arbeiten wollen, seien aber am Anfang zum Nichtstun verurteilt. Die Enge der Unterbringung treibe sie auf die Straße, die Grüppchen, die sie bilden, weil sie den Zusammenhalt brauchen, werden oft negativ wahrgenommen.

Bürgermeister Manfred Sterz (FW) zeigte anhand eines Grundrisses die künftige Nutzung des Gebäudes 9. Demnach sind künftig vier Asylbewerber in Zimmern mit je 24 Quadratmetern untergebracht, hinzu kommen Aufenthalts- und Sanitärräume. Die erwarteten 48 Flüchtlinge kommen zu gleichen Teilen aus Syrien und dem Irak und könnten sich daher untereinander verständigen. Auch werde eine Kontaktperson rund 20 Stunden pro Woche zur Betreuung in Scheyern sein.

Das Handy stelle für die Flüchtlinge die einzige Möglichkeit dar, "den Kontakt mit ihren Angehörigen in der Heimat aufrecht zu erhalten", betonte Sterz. Deshalb wolle man im Gebäude 9 einen Hotspot einrichten, der ein kostengünstiges Telefonieren ermögliche, sagte Sterz unter dem spontanen Beifall vieler Anwesender. Siegfried Emmer, Sachgebietsleiter im Pfaffenhofener Sozialamt, räumte falsche Ansichten über die Ausstattung der Flüchtlinge aus. Die erhalten weder ein Fernsehgerät, noch ein Fahrrad von der Behörde. Monatlich stehen 330 Euro für Ernährung, Kleidung, Hygiene und Taschengeld zur Verfügung. Die medizinischen Leistungen beschränken sich "auf reine Notfall- beziehungsweise Schmerzversorgung und nicht etwa auf neue Hüftgelenke", so Emmer.

So war man mittendrin in der Diskussion, die stellenweise sehr emotional geführt wurde. So wurden einige von besorgten Bürgern an die Wand gemalte Schreckensszenarien schon mal mit Buhrufen bedacht. Was die Gemeinde für die Sicherheit der Kinder täte, warum kein Sicherheitsdienst engagiert werde, warum die alle im Scheyerer Süden untergebracht werden müssten, ob und wie viel die Flüchtlinge klauen würden, so eine kleine Auswahl der Fragen. "Meine Frau traut sich nachts nicht mehr auf die Straße", sorgte sich einer, wie auch eine Mutter ihre Kinder nicht mehr allein durch den Ort gehen lassen will. In diesem Zusammenhang fiel von männlicher Seite auch die Sorge um eine befürchtete "Hormonexplosion" der jungen Ankömmlinge.

Sterz wies darauf hin, dass in und um das Gebäude 9 aufgrund der darin untergebrachten Vereine viel Leben herrsche, das allein sei schon ein gewisser Sicherheitsfaktor. Man könne auch nicht neben jedes Kind einen Polizeibeamten stellen, fügte Huber hinzu. Enge Nachbarschaften von Asylunterkünften zu Schulen und Kindergärten gebe es etliche im Landkreis, Probleme habe man damit keine, wie auch so ziemlich alle Befürchtungen durch die sachliche Argumentation des Fachgremiums widerlegt werden konnten. Emotional aber waren die Plädoyers für einen freundlichen Umgang mit den Flüchtlingen von Hannelore Düsener und Anja Neumann vom "Helferkreis Asyl", die über viele positive Erfahrungen im Umgang mit den Flüchtlingen berichteten. Viel Applaus erhielt eine Bürgerin mit Migrationshintergrund, die es auf einen Nenner brachte: "Lasst die Leute doch erst mal ankommen, anstelle sie vorher schon zu verurteilen!"