Rohrbach
Vom Vordenker zum Vorreiter

Carsharing und 50:50-Taxis: Rohrbach wird Testgemeinde für landkreisweites Mobilitätskonzept

03.03.2017 | Stand 02.12.2020, 18:33 Uhr

Mitfahrgelegenheiten wie der Bürgerbus sind für Senioren ohne eigenes Auto wichtig. Sebastian Schönauer fährt den AWO-Bürgerbus in Rohrbach - und hilft seinen Fahrgästen. Als Testgemeinde für das durch Leadermittel geförderte Mobilitätskonzept des Landkreises übernimmt Rohrbach eine Vorreiterrolle in diesem Zukunftsthema. - Foto: A. Ermert

Rohrbach (PK) "Es ist wichtig, dass einer anschiebt", sagte Landrat Martin Wolf (CSU) am Ende der Debatte. Sein Lob galt Bürgermeister Peter Keck (SPD) und den Räten, die gerade einhellig beschlossen hatten, zwei Jahre lang die Testphase für das landkreisweite Mobilitätskonzept zu schultern.

Beim Mobilitätskonzept geht es vorrangig darum, Senioren ohne eigenes Auto zum Einkaufen in die Stadt oder zum Bahnhof zu bringen - oder auch Jugendliche nach dem nächtlichen Partybesuch am Freitag oder Samstag sicher nach Hause zu kutschieren. Möglichkeiten gibt es viele, diese Problematik zu lösen. 50:50-Taxis zum Beispiel, bei denen eine festgelegte Zielgruppe zum halben Preis fahren kann. Bürgerbusse. Oder auch Carsharing mit Elektromobilen. Jeder, der ein Auto braucht, kann sich ein solches stundenweise mieten, um Wichtiges zu erledigen, das zu Fuß oder mit dem Fahrrad nicht möglich ist.

Die Räte waren sich anfangs unschlüssig, ob sie Rohrbach tatsächlich als Testgemeinde ausweisen wollen. Schließlich ist das Vorhaben nicht umsonst. Bis zu 28 000 Euro lässt sich Rohrbach den Beitrag zu diesem Leaderprojekt kosten. Womöglich kommen noch knapp 7000 Euro Umsatzsteuer obendrauf. Falls auf Nettobasis abgerechnet wird. "Das ist noch nicht ganz klar", räumte Bürgermeister Keck ein. Das ist schon eine Summe, die nicht ganz unerheblich ist, Keck ist es den Aufwand wert. "Alleine könnten wir das nie ausprobieren", sagte er. In Kooperation mit dem Landkreis und unter dem Dach eines Leaderprojekts geht es aber. "Nur so können wir uns das leisten", fügte er an.

Bis zu 205 000 Euro könnte das gesamte Projekt kosten. Damit es überhaupt anlaufen kann, braucht es die Testphase. Sie kostet eigentlich 70 000 Euro. Rohrbach muss jetzt allenfalls die Hälfte davon zahlen - Leader sei Dank. "Wir versprechen uns davon ganz einfach erste Daten", erläuterte Landrat Wolf. Was wird genutzt? Wie oft? Und von wem? So steht noch nicht genau fest, ob Rohrbach das 50:50-Taxi oder das Carsharing testet. Oder beides. "Wir erarbeiten das zusammen mit einem Planungsbüro", führte Keck aus. Bis zu zwei Jahre kann die Testphase laufen. Falls das Geld so lange reicht.

Dass ausgerechnet Rohrbach zum Zug kommt, liegt an Elfi Schmid und der Rohrbacher Projektgruppe "Senioren und Menschen mit Behinderungen". Parallel zum Landkreis, der sich das Mobilitätskonzept als Leaderprojekt auserkoren hat, erstellte Schmid für Rohrbach ihr ganz eigenes Konzept, um die nicht mehr mobilen Senioren aus den Ortsteilen und aus Rohrbach bei Bedarf in die Stadt kutschieren zu können. "Ihr wart hier der Vordenker", brachte es Landrat Wolf auf den Punkt. Da sei es nur konsequent, jetzt auch die Vorreiterrolle zu übernehmen. In Rohrbach soll jetzt zwei Jahre lang ausprobiert werden, welche Maßnahmen für den Landkreis sinnvoll sein könnten. "Haben wir positive Erkenntnisse, können wir diese dann auf den gesamten Landkreis ausweiten", so Wolf weiter.

Genau an diesem Punkt kam ein wenig Skepsis unter den Räten auf. Weshalb Rohrbach die ganzen Kosten tragen müsse, wenn doch der ganze Landkreis davon profitiere, wollten einige wissen. "Wir bekommen die Daten. Ihr bekommt die Autos", vereinfachte der Landrat den Vorgang. "Das ist ein faires Abkommen."

Nun gilt als wahrscheinlich, wenngleich noch lange nicht als abgemacht, dass Rohrbach zunächst ein E-Mobil anmietet, das für Carsharing zur Verfügung steht. "Auch dem 50:50-Taxi stehen wir sehr positiv gegenüber", ergänzte Bürgermeister Keck. Am Ende waren die Zweifel bei den Gemeinderäten zumindest weitgehend verflogen - und der Stolz, mit dem Test etwas Wegweisendes für den Landkreis vorzubereiten, überwog. "Wir sollten das als Chance und als Standortvorteil sehen", meinte Hans Großhauser (SPD). "Es wäre doch toll, wenn sich einzelne Familien das zweite Auto dadurch sparen könnten." Und auch Fred Eisenmann (Bürgergemeinschaft) brach eine Lanze für das Leaderprojekt. "Wenn keiner was tut, geht auch nichts voran. Dann ist Rohrbach halt mal der Vorreiter."